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Part of the book series: Studien zur Sozialwissenschaft ((SZS,volume 208))

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Zusammenfassung

Mit Bezug auf Luhmann als Systemtheoretiker behauptet Hennis “Webers Distanz zu ... jedem “System”-Denken” (Hennis 1996: 6)1. Träfe dies zu, wäre die Frage, ob Weber in seiner Konzeption so etwas wie soziale Systeme kennt, wohl negativ zu beantworten. Es gibt in der Literatur über Weber aber auch Gegenmeinungen zu Hennis.2 Danach ist es umstritten, ob bzw. in welchem Ausmaße Weber es für angemessen hielt, Soziales (auch) als “Systemisches” zu konzeptualisieren.

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Anmerkungen zu Teil III

  1. In eine ähnliche Richtung argumentieren Winckelmann 1976: 16 sowie Outhwaite 1987: 20.

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  2. Vgl. etwa Döbert 1989: 246; Maier 1982: 165; Schluchter 1998a: 91; Weiß 1989a: 15 f. Zu weiteren Belegen siehe Anm. III, 9.

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  3. Daß man—etwa in systematischer Perspektive—eine einzelne Handlung als System, etwa als spezifischen Regelkreis (Handlungskreis) begreifen kann, will ich damit nicht ausblenden.

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  4. Indikator dafür sind schon verstreute Äußerungen von Weber. So schreibt er etwa vom “ökonomischem System” (vgl. Weber 1978a: 322 f), von “religiös-ethischen Systemen” (vgl. Weber 1978: 249), vom “hinduistischem sozialen System” (vgl. Weber 1998: 1) oder vom politischem Gemeinschaftsleben als “System” (vgl. Weber 1976: 207).

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  5. Die, das muß man sich vergegenwärtigen, eine gedankliche/begriffliche Reduktion ist.

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  6. Zum Verhältnis von “Soziologie—Sozialwissenschaft—Kulturwissenschaft” bei Weber vgl. Greshoff 1998: 226.

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  7. Allerdings drückt Weber sich nicht immer unmißverständlich und klar aus, so etwa wenn er schreibt, daß das spezifische Objekt einer verstehenden Soziologie “Handeln” sei (vgl. Weber 1973: 429).

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  8. Auf “Subjekt/Individuum” usw. komme ich später.

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  9. Davon geht auch Tyrell aus. Seiner Meinung nach ““praktiziert” Max Weber ... allenthalben eine “System/Umwelt-Perspektive” ” (Tyrell 1994: 402; vgl. auch Popp 1997: 110 f; Di Fabio 1991: 54 sowie die (argumentativ allerdings problematischen (siehe dazu auch Anm. III, 91)) Ausführungen von Breuer (1996: 314)). Diese Perspektive wird von Tyrell auch begrifflich bei Weber verortet: “Der Webersche Begriff der “sozialen Beziehung” zielt, modern gesprochen, auf “Systembildung”” (Tyrell 1994: 403). Dem stimme ich zu; weiter unten werde ich auch auf diesen Begriff kommen. Bei “System/Umwelt-Perspektive”, von der Tyrell schreibt, liegt der Gedanke an so etwas wie Systemgrenze nahe. Ich komme in Anm. III, 22 darauf zurück.

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  10. Weber fügt noch hinzu, daß diese Methode “aber freilich auch ... bei Überschätzung ihres Erkenntniswerts und falsche(m) Begriffsrealismus ... höchst nachteilig sein” kann (Weber 1976: 7).

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  11. Insofern treffen auch Allerbecks Einwände gegen Webers methodisches Ziel des Verstehens und seine Annahme, dadurch würde so etwas wie eine systemische Ebene verfehlt, nicht zu (vgl. Allerbeck 1982: 674).

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  12. Demnach will Weber die Erklärung eines Zusammenhandelns durch die Erklärung der daran beteiligten einzelnen Handlungen erreichen. (Wie er sich das vorstellt—es lassen sich Weberimmanent ja verschiedene “Gefahren” denken, die er “eigentlich” vermeiden wollen muß (Kollektivismen, “substanzielle” Auffassungen usw.)—wird nicht erläutert.) Deshalb beginnt seine Soziologie mit ‘sozialem Handeln’ als, wenn man so will, “grundlegendem Baustein” und der Zielsetzung, es in der beschriebenen Weise zu verstehen und dadurch zu erklären. Und daher plaziert Weber auch seine “Reduktionsanweisung” im Kapitel “Methodische Grundlagen” (vgl. Weber 1976: 1). Es ist ein methodischer Schritt, um in seiner Weise Soziologie betreiben zu können (vgl. auch Albert 1999: 221 ff). Zu “Konstitutionstheoretischem”—das schreibe ich mit Blick auf Schneider (1999)—kommt er im Anschluß daran.

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  13. Noch einmal: “Das Ziel der Betrachtung: “Verstehen”, ist schließlich auch der Grund, weshalb die verstehende Soziologie ... das Einzelindividuum und sein Handeln als unterste Einheit ... behandelt” (Weber 1973: 439).

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  14. “Staat” z.B. ist für Weber sowohl ein soziales Gebilde wie auch ein menschliches Zusammenhandeln. “Staat” ist ebenfalls eine (spezifische) soziale Beziehung (vgl. etwa Weber 1976: 13 und 1973: 439). Begrifflich scheint es so zu sein, daß ‘soziale Beziehung’ der Oberbegriffzu ‘soziales Gebilde’ ist, ‘soziales Gebilde’ also Konkretion von ‘soziale Beziehung’ ist. Soziale Gebilde sind meiner Deutung nach als solche sozialen Beziehungen zu begreifen, die eine eigene “Ordnung” (dazu später) ausgebildet haben (vgl. Weber 1976: 14; 1973: 448). ‘Ausbildung einer eigenen Ordnung’ wäre dann als Konkretionsmerkmal zu deuten. »Menschliches Zusammenhandeln« scheint synonym mit »soziale Beziehung« zu sein.

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  15. ‘Soziale Beziehung’ ist vom Aufbau seiner Begrifflichkeit in den “Grundbegriffen” her als Konkretion des Begriffes ‘soziales Handeln’ aufzufassen. (‘Soziales Handeln’ definiert Weber als ein Handeln, “welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist” (Weber 1976: 1).) ‘Soziale Beziehung’ wird von Weber weiter konkretisiert zu: ‘ephemere -’ , ‘perennierende soziale Beziehung’; ‘Vergesellschaftung’/‘Vergemeinschaftung’, ‘Kampf’; ‘offene -’ , ‘geschlossene soziale Beziehung’ usw. (vgl. Weber 1976: 13 ff). Ich komme auf Webers Begriffsaufbau zurück.—Die Relevanz von ‘soziale Beziehung’ in Webers Werk ist anhand seiner Themengebiete schnell zu plausibilisieren: Familie, Freundschaft, Staat, Verbände, Bürokratie, Macht, Herrschaft, Kampf—um nur einige zu nennen—sind alles Formen sozialer Beziehungen. So verwundert es denn nicht, daß über die Hälfte der “Soziologischen Grundbegriffe” mit sozialen Beziehungen befaßt ist—also nicht mit “bloßem” sozialen Handeln (wie man nach Schneider (1999) meinen könnte).

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  16. Man kann problematisieren, ob “gegenseitiges soziales Handeln” mit dem Merkmal “Mindestmaß von Beziehung des beiderseitigen Handelns aufeinander” zu vereinbaren ist. Denn “soziales Handeln” bezieht Weber auf“Verhalten”, nicht auf“Handeln”. Insofern “Handeln” für Weber eine Verhaltenskomponente umfaßt, ist die Formulierung “gegenseitiges soziales Handeln” wohl vertretbar. “Soziale Handlungen” als Komponenten von sozialen Beziehungen nennt Weber schon in seiner “Kerndefinition” (siehe die ersten fünf Zeilen von § 3 (vgl. Weber 1976: 13)).

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  17. In welchem “Umfang/Ausmaß” die Handlungsträger dabei als “Teile” der sozialen Beziehung anzunehmen sind, wird noch zu diskutieren sein.

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  18. Vgl. Tyrell 1983: 74. Schluchter (1998: 357) ordnet soziale Beziehungen “eine(r) neue(n) Ebene mit emergenten Eigenschaften” zu (wobei nicht klar ist, was er hier mit “emergent” meint). Siehe auch die nicht-reduktionistische Deutung von Webers Soziologie bei Schmid (1998: 24 f). - “Verfehlen” würde man analog auch eine Kommunikation im Luhmannschen Sinne, reduzierte man sie auf die Mitteilung einer Information und ließe das Verstehen weg.

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  19. Ähnlich macht es auch Weiß (1992: 84).

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  20. Nur diesbezüglich schreibt Weber vom Fehlen einer Beiderseitigkeit. Wenn Schneider ein solches Fehlen als Beleg dafür sieht, daß Weber nicht konstitutionstheoretisch orientiert ist (vgl. Schneider 1999: 311), verkennt er dessen Begriffsanlage. Denn für Weber geht gegenseitiges soziales Handeln nicht in Kommunikation auf (vgl. Nr. IV, 78 ff). Berücksichtigt man dies, macht es auch kein Problem, daß für Weber gemeinsam geteilter Sinn nicht Grundlage für eine soziale Beziehung sein muß. Zudem betont Weber damit auch nicht, daß “ausgeprägte Differenzen zwischen den Sinndeutungen (Hervorh. R.G.) einer sozialen Beziehung durch die daran beteiligten Akteure möglich sind” (vgl. Schneider 1999: 311). Sondern er thematisiert eine Art von Minimal-Fall für eine soziale Beziehung, nämlich daß “die Beteiligten mit ihrem Handeln einen verschiedenen Sinn” verbinden (Weber 1976: 14) und trotzdem aufeinander ausgerichtet sind und entsprechend handeln. Was Schneider hinsichtlich Luhmann “konstitutionstheoretisch” nennt (“durch welche Einheiten konstituiert sich Soziales” (vgl. Schneider 1999: 296)), läßt sich bezüglich Webers “sozialer Beziehung” analog formulieren: durch welche Einheiten konstituiert sich eine soziale Beziehung? Daß “gegenseitiges soziales Handeln” als eine solche Einheit anzunehmen ist bzw. Webers Beschreibung der Herstellung gegenseitigen sozialen Handelns in Verbindung mit bestimmten Sinngehalten, erläutert die obige “Minimal-”Charakteristik (siehe Nr. III, 11 ff; vgl. auch Nr. III, 3 ff).

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  21. Der Einfachheit halber werde ich den “Handelnden” “Alter” bzw. den “Partner”, der innerhalb einer sozialen Beziehung ja auch ein Handelnder ist, “Ego” nennen. Die Parallele zu Luhmann ist hier zunächst nur eine dem Worte nach.

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  22. Daran läßt sich auch festmachen, daß soziale Beziehungen so etwas wie eine “Grenze” umfassen. Weber reflektiert auf solche Grenzen, wenn er eine “Nachbarschaftsgemeinschaft” umschreibt (die ich hier exemplarisch heranziehe und als eine spezifische soziale Beziehung deute). “Die Nachbarschaftsgemeinschaft kann ein amorphes ... also “offenes” ... Gemeinschaftshandeln darstellen. Sie pflegt in ihrem Umfang nur dann feste Grenzen zu erhalten, wenn eine “geschlossene” Vergesellschaftung stattfindet” (Weber 1976: 217). Implizit unterscheidet Weber hier verschiedene Formen von Grenzen (“feste”, “offenere” usw.), was Indikator dafür ist, daß er auf jeden Fall Grenzen bei derartigen Gemeinschaften annimmt. Grenzen (gleiches ist wohl gemeint, wenn er von “Umwelten” schreibt (vgl. etwa Weber 1976: 190)) erwähnt Weber immer wieder, etwa wenn er Gemeinschaften germanischer Stämme als “leidlich fest umgrenzt” beschreibt (Weber 1976: 240). Weitere Stellen ließen sich leicht hinzufügen (vgl. Weber 1976: 217, 540; 1973: 463; 1978: 238 f, 542; siehe auch Willke 1996: 42). Luhmann überzieht also, wenn er schreibt, Weber thematisiere hinsichtlich sozialer Beziehungen nur interne Vorgänge und deshalb sei so etwas wie ein Systembegriff für ihn (Weber) entbehrlich (vgl. Luhmann 1975: 104; ich komme auf das Thema “Grenze” später zurück).

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  23. Das Thema “Sinn einer Handlung” wird noch ausführlicher erörtert (Nr. III, 48 ff).

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  24. Weber ist allerdings nicht immer eindeutig in seinen Formulierungen. So schreibt er etwa hinsichtlich einer sozialen Beziehung von “seinem Sinngehalt nach ... aufeinander eingestelltes Handeln” bzw. von “seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer” (Weber 1976: 13; vgl. auch 21). Das liest sich so, als gehöre der Sinngehalt zum Handeln (“seinem Sinngehalt”) und stelle nicht wie gerade beschrieben ein eigenes Moment einer sozialen Beziehung dar, an dem sich das Handeln orientiert. Wie ist die Unklarheit aufzulösen? Möglicherweise ist es so, daß Weber in den gerade zitierten Fällen mit “Sinngehalt” den Sinn einer Handlung meint (allerdings: auch eine soziale Beziehung kann für Weber Sinn haben (“eine soziale Beziehung, deren normaler Sinn Vergemeinschaftung ist” (Weber 1976: 22))), also das Wort »Sinngehalt« begrifflich in zweifacher Weise verwendet. Denkbar ist auch, daß die Uneindeutigkeit nicht aufzulösen ist und eine Zweideutigkeit bei Weber bleibt. Ob diese Option zu entscheiden ist, wäre von einer detaillierteren Weber-Forschung zu erörtern.—Belegbar ist auf jeden Fall, insbesondere wenn man frühere Ausführungen von Weber hinzunimmt (etwa solche aus dem Kategorienaufsatz, die ich in diesen Kontext meine stellen zu können (dazu später)), daß er immer wieder “Sinngehalt” als eigenes Moment einer sozialen Beziehung darstellt. Zu denken ist auch daran, welchen besonderen Raum er der Behandlung von “Ordnungen”, die ich als spezifische Sinngehalte deute, einräumt (ich komme darauf zurück und führe weitere Belege an; siehe Anm. III, 55), während die in dieser Anmerkung dargelegte Variante (Sinngehalt als Moment des Handelns in sozialen Beziehungen) weniger häufig vorkommt. Im folgenden soll daher, wenn von “Sinngehalt” zu lesen ist, die erste Variante gemeint sein (“Sinngehalt” als eigenes Moment einer sozialen Beziehung).

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  25. Die Konstellation, daß Alter sich mit seiner Handlung auf Egos auf Alter gerichtete Handlung bezieht und Ego sich umgekehrt mit seiner Handlung auf Alters auf Ego gerichtete Handlung bezieht, nenne ich hier “gegenseitiges soziales Handeln” (in einer anderen Arbeit habe ich, gleiches meinend, von “gegenseitigem Handeln” geschrieben). Statt daß (ich nenne exemplarisch nur den einen Fall) “Alter sich mit seiner Handlung auf Egos auf Alter gerichtete Handlung bezieht”, schreibe ich der Abkürzung und besseren Lesbarkeit halber zuweilen auch, daß “Alter sich mit seiner Handlung auf Ego bezieht”.

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  26. Auf die Relevanz von Einstellungen/Erwartungen bei einer sozialen Beziehung wird auch in der Literatur hingewiesen. Weiß etwa hebt hervor, daß kennzeichend “für eine soziale Beziehung ... das Bestehen von Einstellungs- oder Erwartungs-Erwartungen bei den miteinander Handelnden” ist (Weiß 1992: 84). Maier betont, daß die “Gegenseitigkeit von Handlungsorientierungen ... die “soziale Beziehung” vom “bloßen” sozialen Handeln abgrenzt” (Maier 1982: 42). Ich deute ihn so, daß er mit “(Handlungs-) Orientierungen” “Einstellungen” meint.

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  27. Eine derartige Verknüpfung “Es wird etwas erwartet und dann sich darauf eingestellt” findet sich immer wieder bei Weber: “das Handeln ... mit dem Bestehen der Sitte rechnet (sie wird also meiner Deutung nach erwartet, R.G.) und darauf eingestellt ist” (Weber 1976: 16; vgl. etwa auch Weber 1973: 452).—Zur Relevanz von Einstellungen und ihrer Verknüpfung mit Handlungen vgl. auch Balog 1993: 181 sowie 1998: 29.

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  28. Wobei “entsprechend der Einstellung des Gegenpartners” zu ergänzen ist durch “entsprechend der erwarteten Einstellung des Gegenpartners”.

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  29. Entsprechendes gilt dann wieder umgekehrt fir Egos Handeln bezüglich Alter.

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  30. Ob Alter seine eigene Einstellung erwartet, sei hier nur als Frage erwähnt. Die Frage ordne ich dem Kontext der “Selbst- und Fremdreferentialitätsproblematik” zu, die an dieser Stelle (implizit) thematisiert wird.

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  31. Die erwähnten Repräsentationen sind meiner Auffassung nach (spezifische) Gedanken bzw. Vorstellungen; vgl. etwa Weber 1976: 7; 1973: 87.

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  32. In der Literatur werden dazu noch Erwartungserwartungen als Weber bekannt erwähnt (vgl. Weiß 1992: 84). Daß Erwartungserwartungen zu jeder sozialen Beziehung gehören, wird von Weber meines Wissens zwar nicht explizit formuliert. Die Vermutung, daß dies so ist, liegt aber nahe. Denn wenn Alter eine Einstellung von Ego erwartet, kann man—gleichsam einen Schritt weitergehend—vermuten, daß Alter auch annehmen (also erwarten) wird, daß Ego erwartet, daß Alter etwas von ihm (Ego) erwartet (= Erwartung von (Erwartungs-) Erwartungen). (Gleiches ist umgekehrt wieder für Ego anzunehmen.)—Auf die verschiedenen Formen von Erwartungen bei Weber komme ich später noch zurück.

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  33. Und—bei “perennierenden” sozialen Beziehungen—sich durchhält; dazu später.

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  34. Das Verstehen, das im Gegenstandsbereich des Sozialen abläuft, ist also nicht (jedenfalls nicht unbedingt) das Verstehen etwa einer Sozialwissenschaftlerin, die soziales Handeln in dem von ihr gewählten Gegenstandsbereich mittels (methodisch geleitetem) Verstehen erklären will (ein solcher Fall wäre auch denkbar). “Verstehen” im Gegenstandsbereich kann “aktuelles Verstehen” (“des gemeinten Sinnes einer Handlung (einschließlich: einer Aeußerung)” (Weber 1976: 3)) als auch “erklärendes Verstehen” (“Erfassung des Sinnzusammenhangs, in den, seinem subjektiv gemeinten Sinn nach, ein aktuell verständliches Handeln hineingehört” (Weber 1976: 4)) meinen (vgl. Weber 1973: 93 ff). Letzteres nutzt—in methodischer Form—auch eine (unter anderem) um Erklärungen bemühte Soziologie (vgl. Weber 1976: 3 f). Viele Aussagen von Weber zum Verstehen gelten diesem Thema. Zum Verstehen im Gegenstandsbereich siehe neben den oben genannten Stellen etwa Weber 1976: 238 sowie 1973: 93 ff. Vgl. zum “Verstehen” bei Weber auch Anm. III, 37.

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  35. Sei es vorgestellter oder “tatsächlicher” Handlungen.

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  36. Die Annahme, das Verstehen auf die Handlungen sozialer Beziehungen zu beziehen, paßt auch zu Webers Aussage, daß bei sozialen Beziehungen ein “Mindestmaß von Beziehung des beiderseitigen Handelns aufeinander ... Begriffsmerkmal” sein soll (Weber 1976: 13). Wenn Weber an der Stelle, an der er gegenseitiges Verstehen in Zusammenhang bringt mit der Stiftung sozialer Beziehungen, von der “Erleichterung des Verkehrs” innerhalb sozialer Beziehungen durch gemeinsame Sprache schreibt (vgl. Weber 1976: 22 f), dann ist meiner Auslegung nach mit “Verkehr” solches beiderseitiges Handeln gemeint.

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  37. Von daher begreife ich “Verstehen” hier als ein soziales Handeln (als Komponente einer sozialen Beziehung). Es ist ein “inneres Sichverhalten”, das “sich am Verhalten anderer orientiert” (vgl. Weber 1976: 11) mit dem Ziel (Sinn!), es (das Verhalten anderer) sich hinsichtlich des damit als verbunden angenommenen Sinnmomentes “nacherlebend verständlich zu machen” (vgl. auch Anm. III, 106).—Eine Stelle, an der Weber explizit “Verstehen als soziales Handeln” beschreibt, kenne ich nicht. Meine Deutung stützt sich zum einen auf Ausführungen Webers zum “sozialen Handeln” (vgl. dazu Nr. III, 49; daß das Verstehen in einer sozialen Beziehung am Verhalten eines anderen orientiert ist, ergibt sich aus den obigen Ausführungen). Zum anderen beziehe ich mich auf folgende Überlegung (die insofern abstrakter ansetzt, als hierbei “Verstehen” als “Handeln” und nicht unbedingt als “soziales Handeln” Thema ist): Wenn jemand “verstehende Soziologie” betreibt, gehört “Verstehen” zu dieser Wissenschaft. “Verstehen” (was für mich “Mißverstehen” als Variante einschließt) passiert hierbei nicht einfach, sondern ist ein mehr oder weniger elaborierter “Ziel-Mittel-Zusammenhang” (also ein—wie ich an dieser Stelle annehme—Handeln (auf Webers Handlungsbegriff komme ich später)). Ziel ist es etwa, sich ein adäquates “Modell” von den Motiven, Zwecken usw. von jemandem zu machen, die mit dessen Verhalten verbunden angenommen werden. Mittel dafür sind Methoden, um das Ziel möglichst nachprüfbar zu erreichen. Und diesbezüglich kann man nun doch auf Aussagen von Weber verweisen. Er schreibt etwa, daß beim Verstehen “das Erlebte zum “Objekt” von Urteilen (Hervorh. R.G.) gemacht wird”, die bestimmten Geltungsbedingungen zu genügen haben (Weber 1973: 104). Einzubeziehen ist auch Prewos Meinung, der hinsichtlich Weber einen Zusammenhang zwischen “Verstehen” und “Handeln” annimmt (vgl. Prewo 1979: 154). Weber mache “bei der terminologischen Festlegung dessen, was Verstehen “heißen” solle, von Begriffen wie “Handeln”, “Zweck”, “Mittel” ... Gebrauch” (Prewo 1979: 154 f). Greift man diese Deutung auf, kann man an folgende Weber-Stellen denken: “Mittel und Ziel der Deutung” (Weber 1973: 79); “Ziel der “verständlichen Deutung”” (Weber 1973: 113). Letzteres ist bei Weber sowie vom obigen Ausgangspunkt her auf “wissenschaftliches Verstehen” bezogen. Was aber ist mit “Verstehen” im Alltag? Im Alltag wird “Verstehen” in der Regel nicht derart elaboriert ablaufen, sondern “automatisiert”, wie gewohnheitsmäßiges Handeln. Aber auch hier geht es im Prinzip um einen Ziel-Mittel-Zusammenhang, um “Modellbildung”, wie ich sie gerade angedeutet habe. Von daher läßt sich also keine zwingende Widerlegung der Auffassung, Verstehen als Handeln zu begreifen, aufbauen. Durch folgende Frage soll ein Einwand dagegen möglich werden—zumindest, wie sich zeigen wird, für bestimmte Formen des Verstehens: Kann man sich—z.B. in einer kommunikativen Situation—dem Verstehen entziehen, so, wie man in jeweiligen Situationen nicht in einer bestimmten Weise handeln muß, sondern dies auf verschiedene Art tun kann, Unterlassen einbegriffen (“Unterlassen” begreife ich also als eine Handlungsart)? Legt man die Essenz dieser Frage als Kriterium zugrunde, bedeutet das, daß es zu Handlungen gehört, daß sie als irgendwie wählbar und nicht unabänderlich vorgegeben angenommen werden müssen (vgl. dazu Anm. III, 99; “verstehende Soziologie betreiben” ist dann natürlich ein Handeln (es wird noch mehr dazu gehören, aber darauf kommt es mir hier nicht an), denn ich kann ja auch anderes machen). Kann man sich also einem Verstehen durch Wahl einer anderen Handlungsform nicht entziehen, kann es demnach keine Handlung sein. Was aber heißt “sich einem Verstehen (nicht) entziehen können”? Beispiele mögen Klärung verschaffen. Bezug sei eine kommunikative Situation. Ich bekomme einen Brief (= Mitteilung) und die Person, die ihn geschrieben und mir zukommen lassen hat, will, so hat sie ihn verfaßt, darauf eine Antwort. Dazu muß der Brief gelesen und verstanden werden (dies alles formuliere ich aus der Perspektive eines “wissenden Dritten”, nicht des Adressaten, denn sonst könnte man einwenden, es hätte schon irgendein Verstehen stattgefunden). Dem Verstehen kann ich mich entziehen, indem ich den Brief nicht lese, sondern direkt wegwerfe. Schwieriger ist es, wenn mir jemand etwas direkt sagt, etwa eine Frage stellt und, wie deutlich wird, eine Antwort erwartet. Ich kann zwar weggehen und keine Antwort geben, aber ein Verstehen hat vermutlich schon stattgefunden. Wenn ich die Frage höre und auf mich beziehe (= Zuhören), wird vermutlich nicht zu verhindern sein, daß ich verstehe, daß vom Gegenüber eine Antwort erwartet wird. Ich vermute nun folgendes: lasse ich mich auf ein Zuhören ein, ist ein Verstehen nicht zu umgehen. Erst wenn ich es schaffe, ein Zuhören gar nicht zustande kommen zu lassen, wenn ich es also schaffe, meine Aufmerksamkeit nicht auf das zu lenken, was (mir) gesagt wird, kann ich ein Verstehen verhindern (ähnliches gilt vermutlich auch für die oben geschilderte “Briefsituation”; ich darf erst gar keine Aufmerksamkeit darauf lenken, daß da jemand was von mir will). Anders ausgedrückt: Zuhören läuft vermutlich meist automatisiert ab, wenn man angesprochen wird. Und damit einhergehen wird ein Verstehen. Es “passiert” erst einmal, weil man so eingestellt ist. Dieser “Automatismus” (automatisiertes Verstehen) muß unterbrochen werden, wenn man Verstehen vermeiden will. Treffen meine Überlegungen zu, muß ein Verstehen aber nicht stattfinden, sondern man kann sich ihm entziehen. Da ich annehme, daß dies prinzipiell möglich ist (auch wenn ich gleichzeitig annehme, daß dies zu bewerkstelligen sehr schwierig sein wird und eine große “Kraftanstrengung” erfordert), erfüllt Verstehen schlechthin, und nicht nur z.B. “wissenschaftliches Verstehen” das oben angegebene Kriterium für eine Handlung (vgl. dazu Tyrell 1998: 115 ff sowie 1999: 271; zu Verstehen als Handeln vgl. auch Hesse 1999: 260; Hörmann 1994: 460 ff sowie Schmidt 1992).

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  38. Von hierher können Verbindungen zu Luhmanns Handlungsbegriff hergestellt werden; ich komme darauf zurück.

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  39. Das gegenseitige Verstehen ist auch als Grundlage dafür anzunehmen, Alter und Ego zu ermöglichen, sich darüber zu verständigen, ob eine soziale Beziehung derart gegenseitig ausgerichtet ist, wie beide es unterstellen mögen.

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  40. Man kann auch so argumentieren: Die angenommenen Einstellungen, Einstellungs- und Verhaltens-/Handlungserwartungen sind so angelegt, daß ihr Zugrundelegen nur “Sinn” macht, wenn sie dem Vernetzen von (gegenseitigen sozialen) Handlungen durch die Träger dieser Handlungen dienen (ähnlich wie Schneider argumentiert in diesem Punkt auch Balog (vgl. 1998: 32)).

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  41. Und möglicherweise in Erinnerung (gemeint ist wieder Egos Erinnerung in der Vorstellung von Alter) eines Handelns von Alter, daß dem von Ego, mit dem es etwa auf Alters Handeln “reagiert”, vorausging.

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  42. Das Verstehen ist gleichsam ein “Monitor”, der die Verknüpfungen in ihrer Vorbereitung, Antezipation sowie Erinnerung “wiedergibt”.

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  43. Daß—ich denke dabei an Luhmanns “Kompaktformulierungen”—“die” soziale Beziehung etwas macht/herstellt usw., hätte Weber höchstens im übertragenden Sinne formulieren können (vgl. auch Merz 1990: 359 sowie Ringer 1997: 159).

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  44. Die in “bestimmter Weise gearteten Einstellungen” werden dabei solche sein wie bei objektiv “beiderseitigen” sozialen Beziehungen, also sinnentsprechende Einstellungen. Das ergibt sich nicht nur aus meinen Überlegungen im letzten Absatz von Nr. III, 24, sondern vor allem durch Webers Verweis auf ein “sinnentsprechendes Handeln” (Weber 1976: 14). Alter/Ego “legen” demnach, wie Weber sich ausdrückt, den gleichen Sinngehalt in die dauerhafte soziale Beziehung.

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  45. Also die “Bedingungen” im obigen Sinne (siehe Nr. III, 18).

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  46. “Chance” meint dann nicht mehr als eine “faktische Wahrscheinlichkeit” (Weber 1924: 477), daß Alter/Ego auf Grund tatsächlicher Einstellungen tatsächlich gegenseitig handeln (gehandelt haben, handeln werden). Ähnlich die Deutung von Mühlmann: “Die Chancen beziehen sich auf den als wahrscheinlich zu gewärtigenden Ablauf (von Handeln, R.G.)” (Mühlmann 1966: 22). Vgl. in diesem Zusammenhang auch Lübbe 1990: 593 sowie Anter 1995: 103, 106.

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  47. Genauer müßte es heißen: erinnerte Handlungen. Darauf habe ich schon oben (Anm. III, 35) angespielt und komme darauf zurück.

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  48. “Kann formulierbar sein” heißt also, daß der Sinngehalt nicht aus Maximen bestehen muß füir ein Perennieren und weiter, daß Maximen nicht unbedingt ein Perennieren zur Folge haben müssen (dazu später).

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  49. Statt von “Maximen” schreibt Weber auch von “Regeln”. Auf das Verhältnis beider ist noch einzugehen. Dazu werden Webers Ausführungen im Stammler-Aufsatz (vgl. Weber 1973: 2913 83) herangezogen.

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  50. In einem frühereren Text schreibt Weber ähnlich, daß “Recht, Konvention (beides steht für geltende Normen, R.G.) und Sitte keineswegs die einzigen Mächte sind, auf welche man als Garanten eines von einem anderen erwarteten, von ihm zugesagten oder sonst für ihn als pflichtmäßig geltenden Verhaltens zählt oder zählen kann, sondern daneben vor allem: das eigene Interesse des anderen an dem Fortlaufen eines bestimmten” Handelns (Weber 1976: 194).

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  51. Vgl. dazu auch Hopf 1986; ich nenne diese Form künftig abgekürzt “Interessenlageorientierung”.

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  52. Synonym: wertrational geglaubte Norm.

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  53. Daß ich “Sitte” usw. als (spezifische) “Einstellungen” begreife, ist nicht selbstverständlich. Man könnte sie auch als Handlungen (oder Verhalten) deuten (siehe dazu auch weiter unten in dieser Anmerkung). Denn zu Beginn des Paragraphen vier, in dem Weber “Sitte” usw. behandelt, schreibt er von “Regelmäßigkeiten innerhalb des sozialen Handelns” (vgl. Weber 1976: 14). Aber Weber formuliert dann präzisierend, so jedenfalls deute ich ihn, daß es um die “Regelmäßigkeit der Einstellung (Hervorh. R.G.) sozialen Handelns” geht (Weber 1976: 15). Meine Auslegung wird gestützt durch andere Formulierungen Webers, etwa die von der “seelische(n) Eingestelltheit (Hervorh. R.G.) auf ... das alltäglich Gewohnte als unverbrüchliche Norm für das (Hervorh. R.G.) Handeln” (Weber 1978: 269). Normen sind für Weber spezifische Maximen (vgl. Weber 1973: 334 f). Die Norm, um die es im Zitat geht, beinhaltet eine, wie Weber sich ausdrückt, Eingestelltheit, durch die ein Handeln orientiert wird. Ähnliches beschreibt Weber immer wieder, etwa wenn er davon schreibt, daß “Handeln ... an ihr (der Sitte, R.G.) orientiert” wird (Weber 1976: 16). (Auch hinsichtlich “Interessenlage” kann man ähnliche Belege anführen (“Orientierung an ... Interessenlage” (Weber 1976: 15).) Heranzuziehen ist auch die Stelle, an der er “Sitte” beschreibt als beruhend auf “irgendeiner “Eingeübtheit” und gewohnten “Eingestelltheit” (Hervorh. R.G.)” (Weber 1973: 460). Zu meiner Deutung, daß “Sitte” usw. Einstel- lungsformen sind, vgl. auch Girndt 1967: 47; auf Seite 53 f charakterisiert er allerdings “Sitte” usw. als spezifische soziale Beziehungen. Ähnliches kommt auch bei Weber immer wieder vor, etwa wenn er “Sitte” als ein Verhalten bestimmt (vgl. etwa Weber 1976: 187). Ich vermute, daß Weber sich hier (mißverständlich) verkürzend ausdrückt, also das Ergebnis (das Verhalten/Handeln) und das, was das Ergebnis bewirkt, mit einem Wort zusammen benennt.

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  54. Vgl. zu dieser Deutung die Formulierungen bei Weber. Durch solche Einstellungen (Sitte, Interessenlage usw.) werden Regelmäßigkeiten des Ablaufs von Handlungen erzeugt (Weber schreibt von “bedingt”; siehe das obige Zitat aus Weber 1976: 16). Sie (Einstellungen) sind also Voraussetzung dafür, daß es “beim gleichen Handelnden sich wiederholende (Hervorh. R.G.) oder ... bei zahlreichen Handelnden verbreitete (Hervorh. R.G.) Abläufe von Handeln” (Weber 1976: 14) gibt. (Albrow schreibt in diesem Zusammenhang von “meanings, to which individuals can orientate” (Albrow 1990: 216).) Beides verbindend schreibt Weber dann von “Regelmäßigkeiten und Kontinuitäten der Einstellung und des Handelns” (Weber 1976: 15). Von hierher läßt sich auch ein—bei Weber meiner Deutung nach angelegter—Bezug zu dem herstellen, was ich vorher ausgeführt habe. Oben (Nr. III, 25 f habe ich herausgestellt, daß für perennierende soziale Beziehungen “in bestimmter Weise geartete Einstellungen, die sich bei Alter und Ego durchhalten”, wichtig sind. Man kann nun annehmen, daß die “Regelmäßigkeiten und Kontinuitäten der Einstellung” (Weber 1976: 15), die ich in diesem Absatz thematisiere, Beispiele für solche Einstellungen sind, die für perennierende soziale Beziehungen als “wichtig” bezeichnete Einstellungen darstellen (vgl. auch Weiß 1992: 85, der im Zusammenhang mit “Regelmäßigkeiten” von “überdauernden Phänomenen” schreibt).

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  55. Wenn “Einstellungen” Handlungen orientieren (vgl. Nr. III, 18) und erstere Teil des Sinngehalts sind, läßt sich auch von hierher für die “Eigenständigkeit” des Sinngehalts argumentieren (vgl. zu diesem Aspekt oben Anm. III, 24). Für eine solche Eigenständigkeit lassen sich aus diesem Zusammenhang heraus weitere Argumente vorbringen. Weber schreibt, daß er den “Sinngehalt einer sozialen Beziehung ... nur dann eine “Ordnung” nennen (will, R.G.), wenn das Handeln an angebbaren “Maximen” ... orientiert wird” (Weber 1976: 16). Daß dies der Fall ist hat zur Voraussetzung, daß die an einer sozialen Beziehung Beteiligten sich bei ihren—so deute ich Weber—Handlungen (vgl. dazu auch Rehberg 1994: 649 ff) an der Vorstellung vom Bestehen einer Ordnung orientieren (vgl. Weber 1976: 16). Eine Ordnung wird hier also als ein eigenständiges Moment—relativ zu den Handlungen—begriffen (vgl. auch Bader 1989: 304). Diese Deutung belegen auch noch andere Stellen. Hinsichtlich von Verbänden, die spezifische soziale Beziehungen sind (vgl. Weber 1976: 26), schreibt Weber vom “Bestehen der Chance, daß ein Handeln angebbarer Personen stattfindet, welches seinem Sinn nach die Ordnungen des Verbandes durchzuführen trachtet: daß also Personen vorhanden sind, die darauf “eingestellt” sind, gegebenenfalls in jenem Sinn zu handeln” (Weber 1976: 26). Die Ordnung wird hier (wiederum) als ein eigenständiges Moment begriffen (vgl. ähnlich Weber 1976: 539), die von bestimmten Handlungen “umgesetzt” werden soll. Hinsichtlich des im Zitat erwähnten Handelns schreibt Weber dann auch vom “Ablauf(...) jenes ... in jener Weise orientierten ... Handelns” (Weber 1976: 26). Der skizzierte Fall (Umsetzung einer Ordnung durch jeweilige Handlungen) kann somit auch als ein weiterer Beleg dafür herangezogen werden, daß Weber mit “Sinngehalt” einer sozialen Beziehung ein eigenständiges Moment meint. Er schreibt denn auch vom “Sinngehalt einer sozialen Beziehung”, den er “eine “Ordnung” nennen” will (Weber 1976: 16). “Ordnung” ist hier ein spezifischer “Sinngehalt”. Wenn “Ordnung” als besonderer “Sinngehalt” ein eigenständiges Moment ist, dann kann man von hierher rückschließen, daß auch für Sinngehalt überhaupt diese Eigenständigkeit gilt.—Liest man bei Schluchter, “Weber schreibt 1920 in einem Brief an Rickert, man brauche nur zwei Grundbegriffe, nämlich Handlung und Ordnung, aus denen sich alles weitere entwickeln lasse” (Schluchter 1988: Bd. I, 351), läßt sich auch von dieser Gegenüberstellung (“Handlung und Ordnung”) meine Deutung belegen. Wie zutreffend die im Zitat wiedergegebene Meinung insbesondere für Webers Grundlegung der Soziologie ist bzw. sein kann, wäre zu problematisieren. Hier nur soviel: Schluchter bezieht sich im zweiten Band seines Buches darauf, daß Weber 1920 an Rickert schreibt, “man könne aus dem Grundbegriff des subjektiv gemeinten Sinns ... und aus dem Grundbegriff der Ordnung ... nahezu alles entwickeln. Er definiert also seine Soziologie als eine Handlungs- und Ordnungstheorie” (Schluchter 1988: Bd. II, 312). Es geht wohl um die selbe Briefstelle. Das “nahezu” im letzten Zitat (im Unterschied zu dem “läßt sich alles weitere entwickeln” in der ersten Briefwiedergabe) deutet eine Einschränkung an, die in die Richtung der von mir als erforderlich genannten Problematisierung weisen könnte.

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  56. Das “generell” umschreibt Weber so, daß das “Sollen” bei “gegenwärtige(n), vergangene(n) oder zukünftige(n) Vorgänge(n)” Anwendung findet (vgl. Weber 1973: 323). Das Moment des “Generellen” kann bei empirischen Maximen, so deute ich Weber, fehlen (vgl. Weber 1973: 459 f; siehe auch 1976: 18). Von daher wäre zu problematisieren, ob “Regel” (in der zweiten Bedeutung) Oberbegriff für “Maxime” sein kann oder ob man von einem anderen Oberbegriff ausgehen müßte, der “Regel” (in der zweiten und/oder ersten Bedeutung?) wie “Maxime” umfaßte. Weber schreibt allerdings, daß er “vorerst, wo nichts andres gesagt ist” (Weber 1976: 18), ein Moment des “Generellen” bei empirischen Maximen annehmen will. Insofern ist meine gerade formulierte Problematisierung zu relativieren.—Zur Kritik an Webers Ordnungskonzept (“keine genaue Definition von “Ordnung””) vgl. Prewo 1979: 398 f. Er deutet “Ordnung” einer sozialen Beziehung als die “Gesamtheit der für das Handeln der Mitglieder einer sozialen Beziehung empirisch geltenden Regeln” (Prewo 1979: 406).

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  57. Weber verdeutlicht den Unterschied auch durch “die Unterscheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise. ... Die erstere fragt: was als Recht ideell gilt ... welcher normative Sinn einem als Rechtsnorm auftretenden ... Gebilde logisch richtigerweise zukommen sollte. Die letztere dagegen fragt: was innerhalb einer Gemeinschaft faktisch um deswillen geschieht, weil die Chance besteht, daß am Gemeinschaftshandeln beteiligte Menschen ... bestimmte Ordnungen als geltend subjektiv ansehen ..., also ihr eigenes Handeln an ihnen orientieren” (Weber 1976: 181).

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  58. “Norm” meint hier also nicht die im obigen Zitat (Weber 1973: 348 f) genannte juristische Rechtregel.

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  59. Mit “Geltung” ist im letzten Zitat ein “empirisches Gelten” im Unterschied zu einem “normativem Gelten” gemeint, wie es etwa für (Rechts-) Dogmatiker kennzeichnend ist (vgl. Weber 1973: 348 f sowie Weber 1976: 181). Weber warf Stammler vor, “das empirische und das normative Gelten nicht geschieden” zu haben (Weber 1976: 17).

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  60. Den Unterschied von “Ordnung” und “geltender Ordnung” formuliert Weber so, daß das ““Gelten” einer Ordnung ... uns also mehr bedeuten (soll, R.G.) als eine bloße, durch Sitte oder Interessenlage bedingte Regelmäßigkeit eines Ablaufs sozialen Handelns” (Weber 1976: 16). Das “Mehr” besteht darin, daß die Orientierung an den Maximen zumindest auch deshalb erfolgt, weil sie als “verbindlich oder vorbildlich” angesehen werden und deren Innehaltung “zugemutet und verlangt” wird.

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  61. “Zweck-Maxime” meint meiner Deutung nach die gleiche Einstellung bzw. Ordnungsform wie die, die ich “Interessenlageorientierung” genannt habe (siehe oben Nr. III, 30). Diese Deutung wird weiter unten belegt (Nr. III, 38 f).

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  62. Ein Terminus, den Weber nicht verwendet, sondern der von mir eingeführt wird. Das Beispiel für eine solche “Gewohnheits-Maxime” ist bei Weber “Sitte”.

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  63. Weber schreibt auch von der “Hinwirkung” auf ein bestimmtes Verhalten (vgl. Weber 1976: 187; vgl. auch 191).

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  64. Weber schreibt auch von “Zwang”, durch den die Konvention gestützt werden kann (vgl. Weber 1976: 191).

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  65. “Eine “Ordnung”, wenn auch keine “geltende”, kann auch in solchen Fällen (Sitte oder Interessenlage, R.G.) bestehen. ... “Maximen” sind keineswegs ... “gleichbedeutend mit ‘Normen””’ (Lübbe 1991: 44; vgl. auch Schwinn 1993: 132 ff sowie 1993a: 224 f.) Anders scheint Hopf (1986: 194 f) Weber zu deuten. Das Verhältnis “Ordnung/geltende Ordnung—Maxime” wird bei ihr aber nicht weiter diskutiert.

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  66. Regel im Sinne von Maxime (siehe oben Nr. III, 33). Weber selbst erwähnt im Zusammenhang mit “Sitte” sowohl den Terminus “Regel” wie “Maxime” (vgl. Weber 1976: 190).

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  67. Den Nicht-Geltungscharakter von “Sitte” beschreibt auch deren Nähe zu dem, was Weber “Brauch” nennt. Wenn die Chance des Bestehens einer Regelmäßigkeit der Einstellung sozialen Handelns lediglich durch tatsächliche Übung gegeben ist, schreibt er von “Brauch” (vgl. Weber 1976: 15; auf“Brauch” gehe ich hier nicht weiter ein). Das Bestehen der Chance einer Regelmäßigkeit der Einstellung sozialen Handelns durch tatsächliche Übung und dabei aufgrund von langer Eingelebtheit, nennt Weber “Sitte” (vgl. Weber 1976: 15).—Zur Entstehung von Sitten aus Instinkten und Trieben vgl. Weber 1976: 195 f.

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  68. Daher schreibt Weber von “Regelmäßigkeiten des Verhaltens”: eine Regel bzw. Maxime wird zwar eingehalten, aber aus Gewohnheit und unreflektiert (“dumpfe Gewöhnung” (Weber 1973: 475)). Daher die “Nähe” zu Instinkten und Trieben (vgl. Anm III, 67).

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  69. Dagegen geht es etwa bei Konvention und Recht um “Regeln für das Verhalten”, durch die Regelmäßigkeiten des Verhaltens entstehen (vgl. Weber 1973: 355; 1976: 192, 195). Das für das Verhalten” reflektiert auf die Momente des “als verbindlich anerkannt”, des “Zugemuteten” usw.

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  70. Auf den letzten Teil des Zitates (“... rechnet und darauf eingestellt ist” (Weber schreibt auch von “Eingestelltheit auf das “Gewohnte”” (Weber 1976: 188)) werde ich wieder zurückkommen.

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  71. Der Erfolg besteht in dem umgesetzten (realisierten) Interesse.

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  72. Dabei wird auch die Synonymität von »Interessenlageorientierung« und »Zweck-Maxime« deutlich; siehe ausführlicher Anm. III, 61.

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  73. Ganz ähnlich formuliert Weber an anderer Stelle (zu einem früheren Zeitpunkt), daß beim Tausch das jeweilige Interesse des Tauschenden “ihm ein gewisses Maß von Rücksichtnahme auf die Interessen anderer normalerweise auferlegen wird, weil diese die normalen Bestimmungsgründe für diejenigen “Erwartungen” sind, die er seinerseits von ihrem Handeln hegen darf” (Weber 1973: 453).

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  74. In ähnlicher Weise wie bei der Ordnungsform “Sitte”.

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  75. An den letzten Zitaten von Weber sowie an den von ihm gewählten Beispielen (Markt, Tausch) läßt sich belegen, daß er mit “Interessenlageorientierung” und “Zweck-Maxime” gleiches meint. Zu “Zweck-Maxime” schreibt Weber ja, daß “nur gemeint sein (soll, R.G.): daß jeder von ihnen (den am Tausch beteiligten Handelnden, R.G.) mit dem Tausch bestimmte “Erfolge” erstrebte, zu denen sein Handeln ... im Verhältnis des “Mittels” stand, daß der Tausch einen (subjektiv) bewußten “Zweck” hatte” (Weber 1973: 334). Die Beispielwahl und dabei der Bezug auf “Erfolg”, auf den Mittelcharakter des Handelns, das Herausstreichen des Zweckes—das sind alles Punkte, die auch und in gleich gelagerter Weise in den obigen Zitaten von Weber (1976: 15 f) zum Thema “Interessenlage” (= “Interessenlageorientierung”) auftauchen.

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  76. Fragt man nach dem Unterschied von Zweckmaximen und Gewohnheitsmaximen, so scheint es so, daß für Weber der Tendenz nach Gewohnheitsmaximen unbewußter oder gedankenloser benutzt werden als Zweckmaximen (vgl. Weber 1976: 15; siehe auch 190).

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  77. Merkmale bzw. Eigenschaften “geordneter” sozialer Beziehungen lassen sich auch von den Sozialitätsformen erschließen, die Weber “Einverständnishandeln” und “Gesellschaftshandeln” nennt. »Einverständnishandeln« und »Gesellschaftshandeln« gebraucht Weber in früheren Arbeiten (vgl. hierzu etwa Prewo 1979: 375 ff). Vor allem im “Kategorienaufsatz” finden sich definitorische Umschreibungen dazu. In den “Soziologischen Grundbegriffen” verwendet er diese Termini nicht mehr (vgl. zur Geschichte der verschiedenen Termini Schluchter 1998b: 335 f) und gibt, so deute ich ihn, eingangs dafür auch eine Begründung: “Gegenüber dem Aufsatz im Logos (das ist der “Kategorienaufsatz”, R.G.) ... ist die Terminologie tunlichst vereinfacht und daher auch mehrfach verändert, um möglichst leicht verständlich zu sein” (Weber 1976: 1). ‘Einverständnishandeln’ und ‘Gesellschaftshandeln’ sind Konkretion des Begriffs ‘Gemeinschaftshandeln’ (vgl. etwa Weber 1973: 442, 458). Auch den Terminus »Gemeinschaftshandeln« verwendet Weber in den “Grundbegriffen” nicht mehr, sondern statt dessen (und damit synonym (vgl. Weber 1973: 441)) »soziales Handeln«. “Einverständnishandeln” umschreibt Weber so: “Unter “Einverständnis” ... wollen wir den Tatbestand verstehen: daß ein an Erwartungen des Verhaltens Anderer orientiertes Handeln um deswillen eine empirisch “geltende” Chance hat, diese Erwartungen erfüllt zu sehen, weil die Wahrscheinlichkeit objektiv besteht: daß diese anderen jene Erwartungen trotz des Fehlens einer Vereinbarung als sinnhaft “gültig” für ihr Verhalten praktisch behandeln werden. Begrifflich gleichgültig sind die Motive, aus welchen dieses Verhalten der anderen erwartet werden darf. Der Inbegriff von Gemeinschaftshandeln, welches und soweit es in einer durch Orientierung an solchen “Einverständnis”-Chancen bedingten Art abläuft, soll “Einverständnishandeln“ heißen” (Weber 1973: 456). Und zu “Gesellschaftshandeln” heißt es bei ihm: “Vergesellschaftetes Handeln (“Gesellschaftshandeln”) wollen wir ein Gemeinschaftshandeln dann und soweit nennen, als es 1. sinnhaft orientiert ist an Erwartungen, die gehegt werden auf Grund von Ordnungen, wenn 2. deren “Satzung” rein zweckrational erfolgte im Hinblick auf das als Folge erwartete Handeln der Vergesellschafteten, und wenn 3. die sinnhafte Orientierung subjektiv zweckrational geschieht” (Weber 1973: 442). Die Position, die Ordnungen beim Gesellschaftshandeln haben, wird durch die Umschreibung deutlich. Ordnungen gehören aber auch oder können zum Einverständnishandeln gehören (vgl. etwa Weber 1976: 194; 1973: 420). Was die von Weber intendierte Vereinfachung der Terminologie angeht, so besteht sie meiner Ansicht nach darin, derart dichte und komplizierte Umschreibungen, wie es die gerade Vorgetragenen sind, zu vermeiden. Und zwar dadurch, daß sie gleichsam in einzelne Bestandteile zerlegt (elementarisiert) werden und diese Bestandteile dann für sich umschrieben werden, so daß sie auf diesem Klärungsniveau je nach Bedarf wieder zusammengefügt werden können (ich komme darauf zurück (Nr. III, 60 ff)). So trennt Weber etwa in den “Grundbegriffen” Handlungsformen von Einstellungsformen. Zudem wird die Sozialform “soziale Beziehung” klar herausgestellt. Im “Kategorienaufsatz” ist diese Sozialform allenfalls implizit thematisiert. Prewo schreibt, daß die “Ebene der sozialen Beziehung ... im Kategorienaufsatz unkontrolliert unter der Hand Webers ein(fließt, R.G.); am Einverständnis- und Gesellschaftshandeln macht sie sich ... massiv geltend” (Prewo 1979: 404). Möglicherweise, so füge ich hinzu, ist sie aber auch schon bei ‘Gemeinschaftshandeln’ impliziert (siehe Anm. III, 94). Den Begriff ‘soziale Beziehung’ verwendet Weber allerdings nicht erst in den “Grundbegriffen”, sondern schon im Stammler-Aufsatz (vgl. Weber 1973: 331 f).—Auf ‘Einverständnishandeln’ wie ‘Gesellschaftshandeln’ werde ich hier nicht weiter gesondert eingehen.

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  78. Im folgenden geht es also nicht darum, die möglichen Ausprägungen jeweiliger Ordnungsformen in sozialen Beziehungen detailliert auszuloten bzw. darzustellen. Worauf es mir zunächst ankommt ist, gemeinsame Eigenschaften, die perennierende soziale Beziehungen durch Ordnungen haben können, herauszustellen. “Gemeinsame Eigenschaften” schließt also nicht aus, daß mit jeweiligen Ordnungsformen zusätzliche Eigenschaften verbunden sind. Mein Interesse gilt hier aber Gemeinsamkeiten, nicht der möglichen Breite verschiedener Ausprägungen.

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  79. Die Länge der Dauer einer sozialen Beziehung ist hinsichtlich des “Autopoiesis-Problems” (Luhmann) nicht von grundsätzlicher Relevanz. Hauptsache ist zunächst, es kommt zu einer fortlaufenden Anknüpfung der sozialen Handlungen einer sozialen Beziehung aneinander bzw. zu einem immer wieder “Neuentstehen” derselben. Eine andere Sache ist es, wie lange soziale Beziehungen bzw. soziale Systeme bestehen bzw. wann sie aufhören, zu bestehen.

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  80. Diese—etwas überspitzt formuliert—Voraussehbarkeit kann dann besonders stark sein, wenn eine bestimmte Art von Handeln durch Vereinbarung in Aussicht gestellt wird—wie beim “Gesellschaftshandeln” (vgl. Weber 1973: 442 f, 452).

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  81. “Bestehen einer Ordnung” kann nach meiner bisherigen Deutung von “Ordnung” nicht gleichbedeutend sein mit “Gelten einer Ordnung” (als eine besondere Ordnungsform (vgl. Weber 1976: 16, 182 sowie 1973: 443 f sowie 445; siehe auch Prewo 1979: 563 sowie oben Nr. III, 36 ff).

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  82. “Können” in dem Sinne, daß die Träger “nach der durchschnittlich anzuwendenden Beurteilung von Chancen menschlichen Sichverhaltens ... solche Erwartungen objektiv hegen konnten” (Weber 1973: 443; vgl. dazu auch Lübbe 1990: 595 f).

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  83. Schon hinsichtlich “Sitte”, also der am wenigsten bewußten/zugemuteten/vereinbarten usw. Ordnungsform, schreibt Weber, daß man mit ihr rechnet und auf sie eingestellt ist (vgl. Weber 1976: 16).

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  84. Vgl. auch die Deutung von Tyrell. “Ordnungen” ermöglichen so etwas wie “die Regelhaftigkeit und Erwartbarkeit des Handelns und ’Zusammenhandelns” (Tyrell 1996: 174).

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  85. Bzw., so füge ich vorsichtshalber hinzu, meinen erfahren zu haben.

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  86. Siehe dazu etwa am Beispiel des Kartenspiels Weber 1973: 339 und 444 f; vgl. auch 452, 456 und 459.

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  87. Das Moment des Generellen beschränkt sich dann gleichsam auf die eine (Art der) Situation.

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  88. Von daher kann man systematisch verschiedene Einstellungstypen (die verschiedenen Ordnungstypen sind ein Teil davon; vgl. oben Nr. III, 31 ff) unterscheiden. Es gibt Einstellungen, die 1) lediglich ein Perennieren bewirken; es gibt Einstellungen, die 2) ein Perennieren und eine (wie oben skizziert) berechenbare Erwartbarkeit bewirken; es gibt Einstellungen, die 3) kein Perennieren, aber eine berechenbare Erwartbarkeit zur Folge haben und es gibt Einstellungen, die 4) weder ein Perennieren und noch eine berechenbare Erwartbarkeit, sondern gleichsam “nur” eine soziale Beziehung bewirken.

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  89. Und zwar von Alter hinsichtlich Ego sowie sich selbst und von Ego hinsichtlich Alter sowie sich selbst.

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  90. Wie oben Nr. III, 33 skizziert. Das unterscheidet sie von “bloßen” Einstellungen, zu denen ja ebenfalls eine Komponente des “Sollens” gehört.

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  91. “Ordnungen” sind meiner Deutung nach also keine “Erwartungsstrukturen”, wie z.B. Bader schreibt (1989: 316, 330; höchstens als “absoluter (!) Grenzfall” (vgl. Weber 1973: 446)). Ich halte es auch füir falsch, sie als “makrosoziologisch” zu charakterisieren (vgl. Breuer 1990: 12, ähnlich Febbrajo 1987: 58 f). Auch “kleine soziale Formen” können eine Ordnung haben (vgl. etwa Weber 1973: 459). Die beiden Perspektiven, die Breuer (sowie auch Febbrajo) denkt in den Grundbegriffen ausmachen zu können, eine “vertikale” (mikrosoziologische) und eine “horizontale” (makrosoziologische), lassen sich durch den Bezug auf “Ordnung” (als charakteristisch fr die Makroperspektive) nicht unterscheiden (vgl. Breuer 1990: 12). “Ordnung” ist auch keine Handlungsform oder Form einer sozialen Beziehung, wie Schluchter anzunehmen scheint (1998: 357); Weber schreibt explizit, daß der Sinngehalt einer sozialen Beziehung eine Ordnung ausmacht (vgl. Weber 1976: 16).

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  92. Also im wesentlichen Maximen “des Verhaltens” (Stichwort “Gewöhnung”) oder Maximen “fr das Verhalten” (Stichwort “Geltung” bzw. “Interesse”).

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  93. Döbert betont, daß die elementare Begrifflichkeit Webers bis heute unbefriedigend geklärt ist (1989: 210, 227). Das gilt meiner Ansicht nach vor allem für den (von Weber wenig explizierten) systematischen Zusammenhang seiner Grundbegriffe (vgl. auch Allerbeck 1982: 665 sowie Walther 1926: 12 f, 58 f, der Weber dahingehend kritisiert, daß nicht klar sei, nach welchen Regeln er seine Begriff kontruiert habe).—Döbert geht in seiner Deutung von Webers Handlungskonzeption allerdings nicht auf “Sinn” ein, erörtert also ein kennzeichnendes Merkmal von Webers Handlungsbegriffnicht und kann von daher Webers allgemeine Handlungskonzeption nicht “rekonstruieren”.

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  94. In früheren Schriften, z.B. im Kategorienaufsatz, benutzt Weber statt »soziales Handeln« den Terminus »Gemeinschaftshandeln«. Letzterer ist als synonym mit »sozialem Handeln« einzuschätzen (vgl. etwa Weber 1973: 441 f). Es gibt aber Stellen, da hat man den Eindruck, daß mit “Gemeinschaftshandeln” auch eine soziale Beziehung gemeint sein kann (vgl. Weber 1973: 454 (““Gemeinschaftshandeln” ... in gegenseitiger sinnhafter Bezogenheit”)).

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  95. Darauf wird, da eine solche Sortierung nicht durchgängig anwendbar scheint, noch einzugehen sein (siehe unten Nr. III, 60 ff). Eine Sortierung Weberscher Begriffe nach abstrakt/konkret läßt sich verbinden mit Allerbecks Rekonstruktion der Weberschen Konzepte in “hierarchisch strukturierte Listen” bzw. Klassen und Subklassen (Baum-Diagramm) (vgl. Allerbeck 1982: 666 ff sowie auch Breuer 1994: 23 f). Die Anordnung nach abstrakt/konkret scheint mir ein grundlegendes Anordnungsprinzip bei Weber zu sein. Er erreicht dadurch ein aufeinander Aufbauen seiner Begriffe (vgl. dazu auch Schluchter 1998: 354 ff(sowie 1998a: 22 f), der zu einer ähnlichen Einschätzung zu gelangen scheint; die Resultate von Schluchters Deutung schätze ich allerdings teilweise als falsch ein, so die Abfolge von “Soziale Beziehung” zu “Soziale Ordnung” (siehe dazu auch Anm. III, 91); und: wieso ist (Tausch als) Vergesellschaftung eine Solidaritätsbeziehung? (vgl. Schluchter 1998: 354; zur Kritik an Schluchters Weberauslegung siehe etwa Döbert 1989: 213 ff sowie verschiedene Beiträge in Bienfait/Wagner 1998; zur Revision früherer Positionen Schluchters vgl. Schluchter 1998 sowie 1998a)).

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  96. Vgl. auch Girndt 1967: 46 f; Albrow 1987: 56; Gerhards 1989: 337 f. Wie Nusser darauf kommt, daß “die soziale Beziehung dem sozialen Handeln begrifflich zugrunde liegt und deshalb in der Begriffsentwicklung auch zuerst behandelt werden muß” (Nusser 1986: 225), ist mir rätselhaft, fehlt dem Begriff ‘soziales Handeln’ doch das Merkmal der Wechselseitigkeit (vgl. auch Kantorowicz 1923: 78; Maier 1982: 42 oder Schluchter 1998: 356).

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  97. Darauf wird auch in der Literatur immer wieder verwiesen. Vgl. etwa Girndt 1967: 24; Prewo 1979: 205; Tyrell 1993: 121.

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  98. Einen “subjektiv gemeinten Sinn” einer sozialen Beziehung, etwa eines Verbandes, kennt Weber nicht. Wenn vom “Sinngehalt” einer sozialen Beziehung zu lesen ist, dann ist der Sinngehalt als “verteilt” auf die Träger dieser Beziehung (Alter und Ego) anzunehmen.

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  99. Statt von “Zwecken” schreibt Weber auch von “Absicht” (vgl. Weber 1973: 69; siehe dazu auch Lindner 1986: 152) sowie von “Motiven” (vgl. Weber 1973: 95, 129, 131; 1978: 536). Für Prewo ist »Motiv« “ein Synonym für “gemeinten Sinn” oder “Zweck”” (Prewo 1979: 334; ähnlich Girndt 1967: 26). Es gibt aber auch Äußerungen von Weber, in denen er “Motiv” und “Sinn” zu unterscheiden scheint, etwa wenn er von “typischen Motiven und typisch gemeintem Sinn der Handelnden” schreibt (Weber 1976: 9). Der Unterschied könnte darin bestehen, daß Weber Motive als jeweilige “Gründe” für Zwecke begreift, die insofern letzteren vorgelagert sind (vgl. Weber 1973: 365 f). Das paßt dazu, daß er hinsichtlich “Motiv” von einem “Sinnzusammenhang” schreibt, der “dem Handelnden selbst oder dem Beobachtenden als sinnhafter “Grund” eines Verhaltens erscheint” (Weber 1976: 5). An Webers Unterscheidung von aktuellem und erklärendem (= motivationsmäßigem) Verstehen (vgl. Weber 1976: 3 f) läßt sich erläutern, was er mit “Sinnzusammenhang” meint. Das Verhalten eines Holzhackers kann man als Handlung deuten. Der gemeinte Sinn besteht darin, so nimmt man dann an, Holz zu hacken. (Dieses Deuten beschreibt Weber als aktuelles Verstehen.) Das Holzhacken kann nun für den Träger der Handlung in einen Zusammenhang eingebettet sein, etwa den, damit Geld zu verdienen. Deutet man das Handeln von einem derartigen (oder anderen) Zusammenhang her, versteht man erklärend (motivationsmäßig). Das Handeln “Holzhacken” steht demnach in einen zieloder zweckhaften Bezug (“Geld verdienen”), von dem her es als auszuführen begründet ist. Holzhacken als Handeln kann man insofern gleichsam als Mittel auffassen, um das Ziel “Geld verdienen” zu realisieren. Das Mittel “Holzhacken” seinerseits, für sich als Handlung betrachtet, ist auch als Zweck-Mittel-Zusammenhang zu begreifen. “Motiv” verweist dann auf verschiedene und miteinander verknüpfte Zweck-Mittel-Zusammenhänge. Die Annahme der Synonymität von »Sinn« und »Motiv« als »Zweck« hat von daher zwar eine gewisse Plausibilität, vernachlässigt jedoch das Moment dieses Zusammenhanges. Der aber ist Weber wichtig (“Für die Soziologie ... im hier gebrauchten Wortsinn ... ist ... gerade der Sinnzusammenhang des Handelns Objekt der Erfassung” (Weber 1976: 6)).

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  100. Man könnte auch sagen “psychischen” Zusammenhang. Letzteres scheint nicht mit Weber übereinzustimmen, denn man liest bei ihm, daß der “Sinn eines Rechenexempels, den jemand meint, ... doch nicht “psychisch”” ist (Weber 1976: 9). Nun ist nicht immer klar, was Weber mit “psychisch”/“Psychologie” meint (vgl. zu diesem Thema Frommer 1994 sowie Schluchter 1996). Er schreibt selber von der “Vieldeutigkeit des Wortes “psychologisch”” (Weber 1973: 385) und: “Unter “Psychologie” versteht heute jeder etwas anderes” (Weber 1976: 9). Weber unterscheidet aber immer wieder zwischen einer naturwissenschaftlichen (-experimentellen) Psychologie und einer verstehenden Psychologie. Erstere untersucht die ““Innenseite” der Handelnden” (Weber 1973: 77) “um seiner selbst willen” (Weber 1973: 83) und versucht sie aufzulösen in immer einfachere Empfindungen. Ihr Thema ist nicht die Deutung von subjektivem Sinn. Eine solche (naturwissenschaftliche) “psychologische” Auflösung (vgl. Weber 1973: 77 f) ist für seine Soziologie irrelevant (vgl. dazu auch Walther 1926: 38 sowie Hennis 1996: 31 ff). Dagegen kann eine verstehende, also auf den je subjektiven Sinn gerichtete Psychologie ihr hilfreich sein (vgl. Weber 1976: 9). Denn Soziologie im Weberschen Verständnis geht es ja wesentlich um den zu deutenden Sinn von außenbezogenem (= sozialem) Handeln. Dafür reicht, wie er (vermutlich etwas zugespitzt) formuliert, “ohne alle und jede “Psychologie”” (mit “Psychologie” meint er hier meiner Ansicht nach naturwissenschaftlich (-experimentelle) Psychologie, R.G.) der Bezug auf die “Kategorien “Mittel” und “Zweck”” (Weber 1978a: 186). In eine ähnliche Richtung weist die Unterscheidung von “sinnhaft” (= deutbar) und “neurologisch” (= naturwissenschaftlich-psychisch) wenn er schreibt, daß er sich bei “der religiösen Sexualfeindschaft nicht (für, R.G.) die ... strittigen neurologischen, sondern ... die “sinnhaften” Zusammenhänge” interessiert (Weber 1976: 362). Wie verschieden Weber im Zusammenhang mit “Sinn” das Wort »psychisch« verwendet (und damit komme ich auf das Zitat eingangs dieser Anmerkung zurück), erschließt sich von folgender Äußerung. Weber schreibt, daß er mit ““Erlebtem” das “psychische” Geschehen “in” uns” meint (Weber 1973: 103). Das Erlebte ist Gegenstand des Verstehens, es wird dadurch zum ““Objekt” von Urteilen gemacht” (Weber 1973: 104). Nur Sinnhaftes ist für Weber verstehbar (vgl. etwa Weber 1976: 2, 31 sowie Anm. III, 34). Insofern muß das Erlebte sinnhaft sein. Das erschließt sich auch von einer anderen Stelle her. “Erlebnisse” werden dort mit “Sinn” in Verbindung gebracht. Wie bereits oben zitiert ist zu lesen “von den subjektiven Erlebnissen (Hervorh. R.G.), Vorstellungen, Zwecken der Einzelnen—vom “Sinn” ...” (Weber 1976: 245). Bedenkt man weiter, daß “Zweck” für Weber die “Vorstellung eines Erfolges “ ist (vgl. Weber 1973: 183) und auch, daß ““Motive” ... der Welt des “Gedanklichen”” angehören (Weber 1924: 132), dann kann man von hierher plausibel machen, daß Weber mit dem ““psychische(n)” Geschehen “in” uns” Vorstellungsmäßig-Gedankliches meint, das deutbar, also sinnhaft ist (für weitere Beispiele vgl. etwa Weber 1976: 7 sowie 1973: 87). Webers Schwanken bzw. unterschiedlichen Wortgebrauch illustriert vermutlich auch die Aussage von den ““psychischen” bzw. “geistigen” Tatbestände(n)—wie immer man diese vieldeutigen Termini abgrenzen möge” (Weber 1973: 12). (Vgl. zum Vorstehenden auch Anm. III, 115.)—Deutlich wird aus all dem jedenfalls, daß Weber “Sozialität” so konzeptualisiert, daß Gedankliches, Vorstellungen usw. als Komponenten von Sozialem angenommen werden. Anders ist seine Soziologie nicht denkbar (vgl. auch Kantorowicz 1923: 81 sowie Hopf 1991: 136), was aber nicht heißen soll, daß sie darauf reduziert werden kann.

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  101. Die Orientierung an derartigen Vorstellungen macht gerade das Typische—den subjektiven Charakter—des Handelns aus (“Das “Subjektive” daran ist: daß das Handeln an bestimmten Vorstellungen orientiert ist” (Weber zitiert nach Mommsen 1965: 137)).

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  102. Die Realisierung besteht dann im Erfolg. Eine Erfolgskontrolle als Moment einer Handlung wird von Weber nicht besonders betont (siehe aber Weber 1976: 45 (Ergebniskontrolle beim Wirtschaften)). Vgl. zu anderen, hier nicht zu erörternden Kritikpunkten an Webers Handlungskonzeption Lindner 1986: 161 ff sowie Lindner 1989.

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  103. Daß ein Zweck eine Vorstellung ist, geht aus Webers Bestimmung hervor (vgl. Weber 1973: 183); auch Mittel sind für Weber an Vorstellungen rückgebundene Momente einer Handlung. Sie bestehen also nie nur allein in (z.B.) etwas Materiellem (etwa einer Axt). “Mittel” müssen aber nicht Materielles in diesem Sinne sein. Sie sind das, was die Träger der Handlung wählen und nutzen (Objekte der Außenwelt, körperliches Verhalten usw.), um z.B. einen vorgestellten Erfolg erreichen bzw. herstellen zu können.

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  104. “Bedacht” im Sinne von: abgewogen (Stichwort “innere Seite”; vgl. oben Nr. III, 53).

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  105. “Rational” im Sinne von stringenter “Zweck-Mittel-Zusammenhang” (aufeinander Abstimmen von Mittel und Zweck, Auswahl geeigneter Mittel für reflektierten Zweck und deren Anwendung bzw. dessen Realisierung). Legt man diese Umschreibung zugrunde, fragt sich allerdings, was »rational« im Terminus »wertrational« bedeutet (ich komme darauf zurück (Anm. III, 111)).—Auch in der Methode ist Weber nicht durchgängig “rationalistisch” orientiert (vgl. Weber 1976: 10; 1973: 129).

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  106. ““Verstehen” heißt ... (für Weber, R.G.) deutende Erfassung” (Weber 1976: 4; vgl. auch 1973: 114 f). “Verstehen” bzw. “Deuten” ist für ihn gebunden an “die Möglichkeit “innerer” “Nachbildung” der Motivation” (Weber 1973: 70; vgl. auch 79, 89). Erlebnisse (von einem selbst) bzw. “Nacherlebnisse” (andere betreffend) werden zum ““Objekt” von Urteilen gemacht”, die bestimmten Geltungsbedingungen genügen müssen (Weber 1973: 104; vgl. auch 110, 115 f sowie 1976: 2 und Prewo 1979: 213; “Erlebtes” begreift Weber als ““psychisches” Geschehen” (vgl. Weber 1973: 103)). Verstehen menschlichen Sichverhaltens heißt für ihn von daher, “ein “innerlich” “nacherlebbares” ... “Motiv” oder einen Komplex von solchen zu ermitteln, dem wir es (das Verhalten, R.G.) ... zurechnen” (Weber 1973: 67). “Verstehen” hat es demnach mit Zurechnung (etwa des Wissenschaftlers) zu tun: ““Sinnhafte” Deutungen konkreten Verhaltens ... sind ... zunächst nur Hypothesen der Zurechnung” (Weber 1973: 437). Das heißt, “daß das “Gedeutete” in ein “Subjekt”, d. h. ... in ein psychophysisches Individuum, als dessen Vorstellung, Gefühl, Wollen “introjiziert”” wird (Weber 1973: 95). Insofern ist Winckelmann nicht zuzustimmen, wenn er hinsichtlich sozialen Geschehens schreibt, daß “Intentionalitäten ... erkennbar in Form von Vergegenständlichung in Erscheinung treten” müssen (Winckelmann 1966: 196). Denn soziales Handeln kann auch “inneres Sichverhalten” sein, “wenn es sich am Verhalten anderer orientiert” (Weber 1976: 11).—Vgl. zum Thema “Verstehen” auch Anm. III, 34 und 37.

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  107. “Nicht etwa das “Abnorme” als solches entzieht sich dem verstehenden Erklären” (Weber 1973: 428).

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  108. Auf letzteres hebt gerade Webers idealtypische Begriffsbildung ab; vgl. oben Nr. I, 69 ff

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  109. Vgl. dazu auch Döbert 1989: 217. Was die Nicht-Erfolgsorientierung angeht, gilt gleiches für das affektuelle Handeln (vgl. Weber 1976: 12).

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  110. Solche Richtpunkte bzw. eine Orientierung daran gehören auch zu affektuellem Handeln, allerdings in “diffuser”/unbewußter usw. Form.

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  111. Ziel wertrationalen Handelns kann es etwa sein, das zu realisieren, was—wie manche annehmen—“Gottes Wille ist”. Ziel kann also sein, ein bestimmtes Gebot oder ein bestimmtes Handeln zu realisieren. Das Moment des “Planvollen” macht vermutlich die (begrenzte) Rationalität dieses Handelns aus (Auswahl als geeignet angenommener Mittel; vgl. Anm. III, 105). “Begrenzt” deshalb, weil bei Wertrationalität die “Richtpunkte” (die Wertideen) vorgegeben sind (vgl. Greshoff 1998: 229 ff).

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  112. Der genauer zu beschreiben wäre. Eine solche Beschreibung könnte sich an dem in Nr. III, 53 f skizzierten “Zweck-Mittel-Zusammenhang” orientieren; vgl. auch Balog 1998: 27 ff

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  113. Daß Weber hinsichtlich “Motiv” von “sinnhaftem Grund” schreibt (vgl. Weber 1976: 5), ist insofern verständlich, als mit “Motiv” ja so etwas wie eine Zielhaftigkeit einhergeht, nämlich der genannte Bezug.

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  114. Vgl. auch Lindner 1986: 160. Zuweilen scheint Weber »Ziel« und »Zweck« (mit Bezug auf “Sinn”) synonym zu gebrauchen. Etwa da, wo er die “Deutung einer Maschine” erläutert. Er deutet sie aus dem Sinn, den menschliches Handeln ihr gibt und schreibt diesbezüglich von “Zielrichtung” bzw. “Zweck-Mittel-Zusammenhang”; vgl. Weber 1976: 3. Das widerspricht nicht meiner Auslegung. Trotzdem: trifft meine Deutung zu, bleibt zu fragen, worin “Zweck” und “Ziel” sich unterscheiden. Ich mache folgenden Vorschlag: achtet man nicht darauf, was durch das Handeln passiert (Nebenfolgen usw. (vgl. Weber 1976: 13)) und welche anderen Handlungsmöglichkeiten es gibt, sondern ist es das Ziel, einfach in bestimmter Weise zu handeln, nämlich so, daß z.B. ein bestimmter Wert realisiert wird, dann liegt keine Zweckorientierung zugrunde. Von daher ist Gerhards nicht zuzustimmen, wenn er schreibt, daß alle “Typen des Handelns ... sich als eine schrittweise Verengung und Abweichung vom zweckrationalen Handeln (verstehen, R.G.), der subjektive Sinn reduziert sich peu a peu auf weniger Komponenten. Im wertrationalen Handeln werden die möglichen Zwecke auf einen verengt” (Gerhards 1989: 339 f). Von “Zweck” kann man meiner Deutung nach z.B. hinsichtlich Wertrationalität aber gerade nicht ausgehen.

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  115. Man fragt sich, warum Weber »Sinn«, »Einstellung«, »Erwartung« usw. so wenig geklärt verwendet. In der Literatur zu Weber wird erwogen, daß dies z.T. aus disziplinären Abgrenzungsbemühungen (“junge Soziologie versus etablierte Psychologie”) resultiert (vgl. Hopf 1991: 126). Die Annahme solcher disziplinärer Strategien wirkt hinsichtlich Weber als disziplinenübergreifend arbeitendem Wissenschaftler nicht sehr überzeugend (vgl. auch Hennis 1996: 69, 178). Aber vielleicht geht es Weber doch um so etwas wie Abgrenzung in dem Sinne, daß Psychologie zur Erfassung des qualitativ Besonderen von Sozialem nichts hergibt (dieser im folgenden zu erläuternde Gedanke ist als Ergänzung bzw. “alternativ” zu den in Anm. III, 100 dargelegten Überlegungen gemeint). Denn er findet es “irrig ... als die letzte “Grundlage” der verstehenden Soziologie irgendeine (Hervorh. R.G.) “Psychologie” anzusehen” (Weber 1976: 9; vgl. auch 1973: 413 f)—was ja nicht heißen muß (irgendeine!), daß eine verstehende Psychologie nicht hilfreich sein kann (vgl. Anm. III, 100). Webers Verhältnis zur Psychologie kommentiert Walther dahingehend, daß er “mit befremdlicher Schärfe einen Trennungsstrich gegen die Psychologie hin” zieht und meint, daß Webers “Äußerungen ... überscharf formuliert (sind, R.G.) und ... isoliert ein durchaus irriges Bild von der wirklichen Meinung MW’s (Max Webers, R.G.)” geben (Walther 1926: 37; in eine ähnliche Richtung argumentiert Kantorowicz (1923: 81)). Walther sieht darin, daß Weber keine “psychologische Grundlegung” entwickelt, einen Mangel, da seiner Systematik dadurch in “entscheidenden Elementen eine feste und präzise Grundlage fehlt” (Walther 1926: 62). Anders ist die Einschätzung von Hennis (1996: 31 ff). Er findet Webers “Zurückweisung” von Psychologie geradezu wohltuend. (Hennis hat aber wohl nur die naturwissenschaftlich-experimentelle Psychologie im Blick (vgl. Hennis 1996: 38)).—Eine genauere Untersuchung von Webers Verhältnis zur Psychologie müßte unbedingt seine Auseinandersetzung mit Positionen der Psychologie berücksichtigen, etwa in: “Zur Psychophysik der industriellen Arbeit” usw.; Weber betreibt dort ja “Einstellungsforschung” (vgl. Weber 1924). Hier findet sich auch folgende Aussage, die im Zusammenhang mit dem in Anm. III, 99 Ausgeführten instruktiv ist. “Setzt der Arbeiter seine Leistung herab, um Akkorderhöhung zu erzielen, so ist das, was uns an diesem Vorgang interessiert: die “Motive” der Leistungsherabsetzung, weil der Welt des “Gedanklichen” angehörend, unmittelbar “deutbar” und durch keine psychophysische, psychologische, physiologische, biochemische Erwägung in diesen, für uns entscheidenden Punkten (darauf kommt es an) der Ergänzung bedürftig” (Weber 1924: 132). Weber, so nehme ich an, geht es um Deutung von Gedanklichem, um die “darin” zum Ausdruck kommenden besonderen qualitativen Inhalte in ihrer Relevanz für soziales Geschehen, nicht um eine naturwissenschaftlich-experimentelle Elementarisierung von Gedanken in Empfindungen o.ä. (vgl. Weber 1973: 430, siehe auch Hennis 1996: 38 ff; Schluchter 1996: 115). Auf die Erfassung derartiger Inhalte zielt er vermutlich auch mit seiner (schon oben in Anm. III, 100 zitierten) Aussage, daß der “Sinn eines Rechenexempels, den jemand meint, ... doch nicht “psychisch”” ist (Weber 1976: 9).

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  116. Daß ein Sinngehalt dieses Moment beinhaltet, überrascht nicht. Ich parallelisiere es mit dem Sinn von Handlungen, genauer mit deren Moment des ziel- bzw. zweckhaften: es soll etwas erreicht werden. (Auf Unterschiede zwischen dem einen und anderen “Soll” komme ich später.) Daß “Einstellungen” Gedankliches sind, läßt sich durch Webers Formulierung von der “psychischen “Eingestelltheit”” belegen (vgl. Weber 1976: 442).

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  117. Das wird deutlich, wenn Weber z.B. schreibt, daß eine “Maxime... in mehr oder minder großer “Reinheit” ... das empirisch zu beobachtende Verhalten ... bestimmt und im Einzelfall mehr oder minder bewußt ... befolgt wird” (Weber 1973: 349).

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  118. Vgl. etwa Weber 1973: 432, 441 f, 451; 1976: 12, 192. Eine ähnliche Deutung nehme ich bei Weyma Lübbe an: “Eine bloße Anhäufung von Erwartungen ergibt noch keine Handlungsabsicht” (Lübbe 1991: 145).

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  119. Daß Weber die Systematik nach “Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten” anlegt, ohne Regeln dafür anzugeben, habe ich oben (Anm. I, 98) schon problematisiert.

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  120. Dazu paßt, daß Weber immer wieder betont, daß seine Systematik nicht den Zweck hat, “die historische Realität in Schemata zu spannen” (Weber 1976: 154; vgl. auch 124).

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  121. Dabei beziehe ich mich im wesentlichen auf die Konzepte der “Grundbegriffe”.

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  122. Was ich damit meine, habe ich oben Nr. I, 26 umschrieben.

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  123. Ich kenne keine genauere Definition von ‘Verhalten’ bei Weber. Deutlich ist aber, daß er damit eine “sinn-lose” (also unverstehbare, nicht deutbare) Tätigkeit/Aktivität oder dergleichen verbindet (vgl. Weber 1973: 427 f). So schreibt er etwa, daß “wir das Verhalten z. B. von Zellen nicht “verstehen”” (Weber 1976: 7).

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  124. Von daher ist Allerbeck nicht zuzustimmen. Um, vorsichtig formuliert, ein Begriffsbildungsprinzip Webers zu erforschen, ist nicht, wie er meint, “von der Reihenfolge der Grundbegriffe abzuweichen” (Allerbeck 1982: 668); vgl. auch Anter 1995: 98.

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  125. Weber formuliert dies dann und wann auch explizit: “... wichtiges neues Merkmal hinzufügt” (Weber 1976: 26).

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  126. “H” ist Abkürzung für “Handeln”, “SB” für “soziale Beziehung”.

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  127. Zu Vorschlägen für Dimensionen, die diese verschiedenen Handlungsformen (affektuelles Handeln usw.) in ihrem Verhältnis zueinander abgrenzen lassen, vgl. Tyrell 1998: 109 ff sowie Schluchter 1998a: 23 f. Ich verfolge dieses Thema hier nicht weiter (zu seiner relativierenden Einschätzung siehe Allerbeck 1982: 672).

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  128. Hier läßt sich auch belegen, daß Allerbecks These von der dichotomischen Gestalt “hierarchisch-klassifizierender Begriffsbildung” (Allerbeck 1982: 673) Webers so nicht haltbar ist. ‘Konkurrenz’ und ‘geregelte Konkurrenz’ etwa sind zwar als Konkretion zu ‘Kampf’ deutbar, nicht jedoch als dichotom. Von letzterem ist bei Weber nichts zu lesen (vgl. Weber 1976: 20 sowie Allerbeck 1982: 668 f). Im folgenden komme ich aber auf Beispiele fr begriffliche Dichotomien.

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  129. “Vergemeinschaftung ist dem gemeinten Sinn nach normalerweise der radikalste Gegensatz gegen “Kampf ”“ (Weber 1976: 22). Anders, weniger radikal im Gegensatz (daher auch das eingeklammerte “vor allem” im Text), schätzt er das Verhältnis “Vergesellschaftung”—“Kampf” ein. “Vergesellschaftungen andrerseits sind sehr oft lediglich Kompromisse widerstreitender Interessen, welche nur einen Teil des Kampfgegenstandes oder der Kampfmittel ausschalten ..., den Interessengegensatz selbst ... aber bestehen lassen” (Weber 1976: 22).

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  130. Man mag hierbei an die Äußerung von Weber denken, die Schluchter sinngemäß wiedergibt: “Weber schreibt 1920 in einem Brief an Rickert, man brauche nur zwei Grundbegriffe, nämlich Handlung und Ordnung, aus denen sich alles weitere entwickeln lasse” (Schluchter 1988: Bd. I, 351). “Ordnung” kann man als für die gerade erwähnte ‘Sinn’komponente stehend deuten.

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  131. Ohne daß hierbei klare abstrakt-konkret-Verhältnisse erkennbar werden.

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  132. Ich fahre die verschiedenen Ordnungen usw. in der Übersicht 2 daher nicht gesondert auf.

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  133. Auf weitere Konkretionslinien, die sich erkennen lassen—‘Verband’ als Konkretion zu ‘geschlossene SB’; ‘Anstalt’, ‘Verein’ und ‘Betriebsverband’ als Konkretionen zu ‘Verband’—gehe ich hier nicht näher ein (vgl. Breuer 1994: 24 f).

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  134. Dem widersprechende Deutungen in Greshoff/Loh 1987 sowie Greshoff 1998 (249) sind dann aus meiner Sicht zu korrigieren (vermutlich auch Prewo 1979: 435 ff). Es gibt aber auch Ausführungen bei Weber, die sich mit den korrigierten Deutungen in Einklang bringen lassen (vgl. etwa Weber 1973: 456). Hier besteht also Klärungsbedarf, der in der Konsequenz auch die ähnliche (vgl. Weber 1976: 20, 28 sowie Greshoff 1998: 249) bzw.—was den Charakter als soziale Beziehung angeht—verschiedene Bestimmung von “Kampf” und “Macht” bei Weber betrifft.

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  135. An anderer Stelle, etwa im Kategorienaufsatz, schreibt Weber von “Einzelindividuum”; zu lesen ist auch von “Einzelnen” (Weber zitiert nach Mommsen 1965: 137).

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  136. Mit “Bedingung” läßt sich eine Parallele zu Luhmann verbinden, denn letzterer schätzt Psychisches, Chemisches usw. als Umwelt des Sozialen ein und damit auch als dessen Bedingung. “Psychisches” meint in den vorstehenden Weber-Zitaten meiner Deutung nach allerdings “Naturwissenschaftlich-Psychisches”, nicht verstehbares Gedankliches (vgl. Anm. III, 100). In diesem Sinne ist die Parallele einzuschränken.

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  137. Zu Webers Persönlichkeitsbegriff vgl. Treiber 1998, Greshoff 1998: 240.

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  138. Heranzuziehen ist in diesem Zusammenhang auch folgende Aussage von Weber: “Interessen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die “Weltbilder”, welche durch “Ideen” geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte” (Weber 1978: 252).

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  139. Was nicht heißt, daß dies nicht als Mangel zu begreifen ist. Denn will man—angeregt durch Luhmann—zwischen psychischen und sozialen Systemen (die man anders bestimmen mag als dieser) unterscheiden können, dann stellt sich die Frage, wo “Person” zu verorten und wie das zu konzeptualisieren ist (vgl. zu diesem Problem auch Fuchs 1997: 74 ff sowie Schneider 1999: 295). Ich komme auf das Thema zurück.

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Greshoff, R. (1999). Teil III. In: Die theoretischen Konzeptionen des Sozialen von Max Weber und Niklas Luhmann im Vergleich. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 208. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97095-4_3

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