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Entscheidungsprogramme

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Organisation und Entscheidung

Zusammenfassung

Zu den Entscheidungsprämissen, die im klassischen Konzept der Organisation obenanstehen, gehören die Entscheidungsprogramme.1 In einer langen Tradition werden sie auch als „Aufgaben“ der Organisation bezeichnet. Damit soll gesagt sein, dass sie „aufgegeben“ sind. So spricht man in der Politik und in der Staatslehre noch heute von „Staatsaufgaben“.2 Auch in der Privatwirtschaft findet man neben der Rede von Zwecken oder Zielen diese Ausdrucksweise, aber wohl mehr, wenn es darum geht, einen übergreifenden Sinn zu bezeichnen, der über die Herstellung absatzfähiger Produkte hinausgeht, etwa die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit entsprechenden Gütern oder Dienstleistungen.3 Oder man reduziert den Begriff der Aufgabe auf den Ziel- oder Zweckbegriff und benutzt ihn für Zwecke einer Bedarfsplanung (Aufgabenanalyse), die sich aus dem Betriebszweck ableiten lässt. Er bleibt dann erhalten (im Sinne von „task“) als Unterziel, als Ausdruck für die Parzellierung des allgemeinen Betriebszwecks.4 Man nennt dann das Resultat der Aufgabenanalyse und ihrer praktischen Umsetzung „Organisationskultur“, und das System selbst wird als „Unternehmen“ bezeichnet.5 Bei diesem Verständnis ist die Aufgabe von oben aufgegeben, setzt also im Bereich der Kommunikationswege eine Weisungshierarchie voraus.

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Literatur

  1. Die Fachliteratur zu dieser Frage ist extrem unübersichtlich, soweit sie nicht die Programmierung von Computern betrifft. Zumeist wird nicht deutlich zwischen bindend vorgegebenen Richtigkeitsbedingungen und den verschiedenen Dimensionen von Stellenbeschreibungen unterschieden. Für einen Überblick siehe Andreas Remer, Organisationslehre: Eine Einführung, Berlin 1989, S. 43 ff.

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  2. Vgl. Thomas Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Opladen 1973, insb. S. 74 ff.;

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  3. Dieter Grimm, Staatsaufgaben, Baden-Baden 1994.

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  4. oder neuerdings: um ökologischen Zusammenhängen Rechnung zu tragen. Karl E. Weick, Der Prozeß des Organisierens, dt. Übers., Frankfurt 1985, S. 369, definiert zum Beispiel: „Eine Aufgabe ist eine Verbindung zwischen Gestaltung und ökologischem Wandel…“

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  5. „Unter einer Aufgabe wird in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre ein zu erfüllendes Handlungsziel, eine durch physische oder geistige Aktivitäten zu verwirklichende Soll-Leistung verstanden“, heißt es im Handwörterbuch der Organisation, 2. Aufl. Stuttgart 1980 Sp. 200 s.v. Aufgabe. Dort auch ältere Literatur; ferner etwa Remer a.a.O., S. 264 ff. Siehe auch James G. March/Herbert A. Simon, Organizations, New York 1958, S. 23: „A set of activities S, is a task if it can be performed by a person in a certain specified time, T (say 8 hours).“

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  6. Im Übrigen: ein Beleg dafür, dass diese Terminologie nur in der Betriebswirtschaftswissenschaft angewandt werden kann und zugleich dazu dient, diese Disziplinen gegen eine sozialwissenschaftlich orientierte allgemeine Organisationsforschung zu isolieren.

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  7. Zur „Wichtigkeit des Zweifels“siehe Weick a.a.O. S. 320 ff. und passim. In der Tradition (Milton) ist Zweifel jedoch das Werk des Teufels.

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  8. Vgl. E. Eugene Carter, The Behavioral Theory of the Firm and Top-Level Corporate Decisions, Administrative Science Quarterly 16 (1971), S. 413–428;

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  9. Gordon Donaldson/Jay W. Lorsch, Decision Making at the Top: The Shaping of Strategic Direction, New York 1983.

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  10. Dies weicht natürlich den klassischen Begriff der Bürokratie auf.

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  11. Man könnte sich hier an Arnold Gehlens Formel von „erkenntnispraktischen Vorrang des Pathologischen“erinnern. Siehe: Die Seele im technischen Zeitalter, Hamburg 1957, S. 85 mit dem beachtenswerten Hinweis auf daraus folgende Verzerrungen. Wohlwollender klingt ein Sprichwort: Wer keine Fehler riskiert, kann auch nicht lernen. Das hier Gesagte ist auch ein Kommentar zum Thema „Unsicherheitsabsorption“. 10 Ein Zitat mag dies belegen: „When things go wrong, the dependence-anxiety, agressiveness, fears of attack, rivalry, and guilt all are stirred up. The way in which mistakes are dealt with is the real testing ground for the quality of executive leadership and the soundness of follower relationship in the T-group.“(Elliott Jaques, The Changing Culture of a Factory, London 1951, S. 288). Von hier aus liegt es dann nahe, aus führungspraktischen Gesichtspunkten Großzügigkeit und Zukunftsorientierung im Umgang mit Fehlern zu empfehlen. Vgl. z.B. Daniel Katz, Human Interrelationships and Organizational Behavior, in: Sidney Mailick/Edward H. Van Ness (Hrsg.), Concepts and Issues in Administrative Behavior, Englewood Cliffs N.J. 1962, S. 166–186 (173). Vgl. ferner Everett C. Hughes, Mistakes at Work, in: ders., Men and Their Work, Glencoe Ill. 1958, S. 88–101.

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  12. Siehe aus der Sicht der älteren Kybernetik Stafford Beer, Kybernetik und Management, dt. Übers., Frankfurt 1962, S. 123 ff.

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  13. im Sinne von Charles Perrow, Normale Katastrophen: Die unvermeidbaren Risiken der Großtechnik, dt. Übers., Frankfurt 1987.

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  14. Vgl. Kapitel 2.

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  15. Siehe für eine ausführliche Behandlung Niklas Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität: Über die Funktion von Zwecken in sozialen Systemen, Neudruck Frankfurt 1973.

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  16. Wir setzen hier ohne weiteres Argument voraus, dass Wahlfreiheit keine angeborene Fähigkeit des Menschen ist, die nur noch zum Guten dirigiert werden muss, sondern dass es einer vorgängigen kommunikativen Konstitution von Sinn bedarf, damit erkennbar wird, für was und wogegen man sich entscheiden kann.

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  17. Vgl. James G. March/Herbert A. Simon, Organizations, New York 1958, S. 142 ff. zum Stichwort „performance programs“.

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  18. Siehe etwa William J. Gore, Administrative Decision-Making: A Heuristic Model, New York 1964, S. 51 ff.; oder, formaler, zum „Programmierungsgrad“Remer a.a.O. S. 52 ff., 66 f.

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  19. So z.B. David Braybrooke/Charles Lindblom, A Strategy of Decision: Policy Evaluation as a Social Process, New York 1963, S. 158 ff. in einem der wenigen expliziten Vergleiche von „investigating alternatives“und „investigating exceptions“.

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  20. Die Formulierung „patterned evasions“stammt von Robin Williams, Jr., American Society: A Sociological Interpretation, New York 1960, S. 379. Für ihre Verwendung in organisatorischen Kontexten siehe z.B.

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  21. Dean Harper/Frederick Emmert, Work Behavior in a Service Industry, Social Forces 42 (1963), S. 216–225, für selbsteingeführte Arbeitserleichterungen von Briefträgern, oder

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  22. Louis A. Zurcher, The Sailor Aboard Ship: A Study of Role Behavior in a Total Institution, Social Forces 43 (1965), S. 389–400 für entsprechende Erfahrungen auf Kriegsschiffen, oder Earl Rubington, Organizational Strains and Key Roles, Administrative Science Quarterly 9 (1965), S. 350–369, für ein Heim zur Rehabilitation von Alkoholikern. Dass dieser Weg der verdeckten Abweichung gewählt wird, mag mehrere Gründe haben — vor allem wohl den, dass die Ausnahmebedingungen nicht präzise zu definieren sind oder dass sie der Ernsthaftigkeit (Zweckmäßigkeit) der Normalregel Abbruch tun würden; oder auch einfach, dass das Publikum, das davon wissen darf, zu verschieden ist.

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  23. Wenn man diese beiden Prinzipien von der Ebene der Organisation und ihren Programmen ablöst und sie auf das Rechtssystem überträgt, wird es unent-scheidbar und letztlich eine Frage der ideologischen Option, ob man den Primat des Verbots oder den Primat der Erlaubnis proklamiert. Die beiden Möglichkeiten bilden, als Einheit gesehen, eine Paradoxic die nur durch Programmierung entfaltet werden kann.

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  24. Vgl. für einen typischen Fall, in dem diese Voraussetzung nicht realisiert werden kann, Niklas Luhmann/Karl Eberhard Schorr, Das Technologiedefizit der Erziehung und die Pädagogik, in dies. (Hrsg.), Zwischen Technologie und Selbstreferenz: Fragen an die Pädagogik, Frankfurt 1982, S. 11–40, und dazu Stellungnahmen im selben Band.

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  25. Immerhin hat der Verfasser die Erfahrung machen müssen, dass ihm bei Tagungseinladungen die Unterbringung in einem „erstklassigen Hotel“in Aussicht gestellt wurde. Solche Ungeschicklichkeiten passieren halt.

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  26. Vgl. Keith Hawkins, Environment and Enforcement: Regulation and the Social Definition of Pollution, Oxford 1984;

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  27. Arthur Benz/Wolfgang Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption: Abweichendes Verhalten in der Verwaltung, Baden-Baden 1992.

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  28. Siehe zum Beispiel Robert Michels, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie, Neudruck der 2. Aufl. Stuttgart 1957; Philip Selznick, An Approach to a Theory of Bureaucracy, American Sociological Review 8 (1943), S. 47–54;

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  29. Peter M. Blau, Bureaucracy in Modern Society, New York 1956, S. 93 ff.;

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  30. David L. Sills, The Volunteers, Glencoe Ill. 1957, S. 62 ff.

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  31. Entsprechende Pläne gab es in den 50er Jahren.

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  32. Zur Wichtigkeit von kooperativ geschulter Umsicht („heed“) für Organisationen mit rasch und riskant zu vollziehenden Entscheidungen (Flugzeugträger), siehe Karl E. Weick/Karlene H. Roberts, Collective Mind in Organizations: Heedful Interrelating on Flight Decks, Administrative Science Quarterly 38 (1993), S. 357–381. Unser Text behandelt jedoch Fälle, in denen diese kooperative Sozialisation wegen der Seltenheit, ja dem Nie-Vorkommen entsprechender Situationen ausfällt.

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  33. Vgl. Niklas Luhmann, Soziologie des Risikos, Berlin 1991.

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  34. Ein typischer Fall vorweggenommener Risikoberücksichtigung ist: dass man Risiken, zum Beispiel bei Investitionen, vermeidet, deren Eintreffen die Liquidität der Firma gefährden könnte.

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  35. Speziell hierzu Niklas Luhmann, Das Risiko der Versicherung gegen Gefahren, Soziale Welt 47 (1996), S. 273–283.

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  36. Auch hierzu Weick/Roberts a.a.O.

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  37. So jedoch die ganz herrschende, am Gedächtnis des Bewusstseins orientierte Auffassung. Siehe z.B. James P. Walsh/Gerardo Rivera Ungson, Organizational Memory, Academy of Management Review 16 (1991), S. 57–91, mit einem Zitat aus dem American Heritage Dictionary 1969: „Memory is ‘the faculty of retaining and recalling things past’“.

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  38. Siehe hierzu auch Heinz Förster, Das Gedächtnis: Eine quantenphysikalische Untersuchung, Wien 1948;

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  39. Heinz von Foerster, Quantum Mechanical Theory of Memory, in ders. (Hrsg.), Cybernetics: Circular Causal, and Feedback Mechanisms in Biological and Social Systems, Transactions of the Sixth Conference, March 24–25, 1949, New York 1950, S. 112–134.

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  40. So Walsch/Ungson a.a.O. S. 61.

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  41. Wir kommen darauf im Kapitel über strukturellen Wandel zurück.

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Luhmann, N. (2000). Entscheidungsprogramme. In: Organisation und Entscheidung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97093-0_8

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