Zusammenfassung
In der klassischen, rational-instrumentellen Organisationstheorie hatte der Begriff der Organisation zugleich einen weiten und einen engen Sinn. Einerseits verstand man unter Organisation Systeme, die auf rationale und effiziente Weise bestimmte Ziele zu erreichen suchen; und andererseits die dafür notwendige Ausstattung mit Kompetenzen und Kommunikationswegen. Organisation war somit nicht als ein natürliches System gedacht; es war nicht einfach da, sondern musste organisiert werden. Die Doppeldeutigkeit der Verwendung des Begriffs der Organisation zur Bezeichnung des Systems und der Struktur des Systems scheint damit zusammenzuhängen, dass die Betriebswirtschaftswissenschaft, wie bereits erwähnt, die für sie interessanten Organisationen als „Unternehmen“ bezeichnet und sich den Begriff Organisation damit freihält zur Beschreibung der Verteilung von Aufgaben auf Stellen. Entsprechend setzten Überlegungen zur Verbesserung der Organisation bei diesem Instrumentarium der Vernetzung von Stellen an.
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Literatur
Vgl. als klassische Darstellung Luther Gulick, Notes on the Theory of Organization, in: Luther Gulick/L. Urwick (Hrsg.), Papers on the Science of Administration, New York 1937, S. 1–45.
Zur Kritik mit Hinweis auf andere Probleme, vor allem Karriereprobleme, siehe Fred H. Goldner, Division of Labor: Process and Power, in Mayer N. Zald (Hrsg.), Power in Organizations, Nashville Tenn. 1970, S. 97–143, und den anschließenden Kommentar von Richard A. Peterson.
Hierzu Herbert A. Simon, The Proverbs of Administration, Public Administration Review 6 (1946), S. 53–67.
So Nils Brunsson/Johan P. Olsen, The Reforming Organization, London 1993.
Siehe George Spencer Brown, Laws of Form, Neudruck New York 1979, S. 54 ff. für Gleichungen zweiter Ordnung.
Zu „organizational forgetfulness“ als Ressource der Reformbemühungen und zur Rolle der Unternehmensberater als Hilfe fürs Vergessen siehe Brunsson/Olsen a.a.O. S. 41 ff.
Kap. 2.
So Michael Behr/Martin Heidenreich/Gert Schmidt/Hans-Alexander, Graf von Schwerin, Neue Technologien in der Industrieverwaltung: Optionen veränderten Arbeitskräfteeinsatzes, Opladen 1991, S. 50.
Siehe nochmals die oben, Kap. 9, Anm. 2 zitierte Warnung von Urwick.
Hierzu ausführlicher Niklas Luhmann, Haltlose Komplexität, in: ders., Soziologische Aufklärung Bd. 5, Opladen 1990, S. 59–76.
Die Warnung erfahrener Kommunalbeamter (ich erinnere das aus Diskussionen), dass damit eine weitere hierarchische Ebene notwendig werde, weil die Gemeindedirektoren/Kreisdirektoren nicht mehr über persönliche Kenntnis ihrer Verwaltungsangehörigen verfügen würden, wurde nicht beachtet. Der Organisationsvorteil schien außer Frage zu stehen, und das Problem wurde ausschließlich im Verhältnis von Verwaltung und Bevölkerung gesehen. Ähnliches gilt im Übrigen für Kommunalreformen in England, für den Umbau von professionellen (horizontal stark gegliederten) in korporative Systeme. Siehe dazu C. R. Hinings/Royston Greenwood, The Dynamics of Strategic Change, Oxford 1988.
Wir kommen darauf in Kapitel 13 Abschnitt IX. nochmals zurück.
Zu den Vorteilen mittlerer Unternehmensgröße siehe besonders Gianfranco Dioguardi, Organizzazione come strategia, 4. Aufl. Torino 1992.
Siehe z.B. Marshall E. Dimock, Administrative Vitality, New York 1959, S. 255 ff.;
John M. Pfiffner/Frank P. Sherwood, Administrative Organization, Englewood Cliffs N.J. 1960, S. 445 f.
Siehe z.B. Eugen Schmalenbach, Über Dienststellengliederung im Großbetriebe, Köln — Opladen 1959, S. 42: „Am deutlichsten sind diejenigen Erscheinungen, die mit wachsender Betriebsgröße zusammenhängen und die sich kundtun in einer nicht nur absoluten, sondern auch relativen Vergrößerung des Schreib- und Rechenwerks, der Kontrolleinrichtungen, der Zurückdrängung des Unternehmersinns zu Gunsten des Beamtensinns in der Gefolgschaft, das Nachlassen der Sparsamkeit, das stärkere Hervortreten repräsentativer Bedürfnisse usw.“
Vgl. zusammenfassend D.S. Pugh/D.J. Hickson, Organizational Structure in its Context: The Aston Programme I, Aldershot UK 1976;
D.S. Pugh/C.R. Hinings (Hrsg.), Organizational Structure — Extensions and Replications: The Aston Programme II, Aldershot UK 1976;
D.S. Pugh/R.L. Payne (Hrsg.), Organizational Behaviour in its Context: The Aston Programme III., Aldershot UK 1977;
D.H. Hickson/C. McMillan (Hrsg.), Organization and Nation: The Aston Programme IV, Aldershot UK 1981.
Ihre Übereinstimmung mit ethnologischen Forschungen könnte zur Bestätigung erwähnt werden. Hier geht es dann um das Verhältnis von Systemgröße, Arbeitsteilung, Hierarchisierung, Ritualisierungen. Siehe dazu Gregory A. Johnson, Organizational Structure and Scale Stress, in: Colin Renfrew/Michael J. Rowlands/Barbara Abbott Segraves (Hrsg.), Theory and Explanation in Archaeology, New York 1982, S. 389–421.
Vgl. Sergio Talacchi, Organization Size, Individual Attitudes and Behavior: An Empirical Study, Administrative Science Quarterly 5 (1960), S. 398–420.
Bernard P. Indik, Some Effects of Organization Size on Member Attitudes and Behavior, Human Relations 16 (1963), S. 369–384;
Bernard P. Indik, The Relationship Between Organizational Size and Supervision Ratio, Administrative Science Quarterly 9 (1964), S. 301–312;
Richard H. Hall/J. Eugene Haas/Norman J. Johnson, Organizational Size, Complexity, and Formalization, American Sociological Review 32 (1967), S. 903–912;
Organizational Size, Complexity, and the Administrative Component in Occupational Associations, The Sociological Quarterly 11 (1970), S. 435–451;
Grant W. Childers/Bruce H. Mayhew, Jr./Louis N. Gray, System Size and Structural Differentiation in Military Organizations: Testing a Baseline Model of the Division of Labor, American Journal of Sociology 76 (1971), S. 813–831;
Bruce H. Mayhew, System Size and Ruling Elites, American Sociological Review 38 (1973), S. 468–475;
und als zusammenfassende Würdigung der bis dahin aufgelaufenen Forschung John R. Kimberly, Organizational Size and the Structuralist Perspective: A Review, Critique, and Proposal, Administrative Science Quarterly 21 (1976), S. 571–597.
So z.B. Kimberly a.a.O.
und wir folgen hier einem Gedanken, den Jean Paul fürs Drama formuliert hat: „Je mehr nun Mitarbeiter an einem Ereignis, desto weniger abhängig ist dies von einem Charakter, und desto vielseitigere Wege bleiben dem Einspielen fremder mechanischer Weltkräfte aufgetan. Der Maschinengott ist uns auf einmal viele Menschen zugleich geworden.“ — so in: Vorschule der Ästhetik, zit. nach Werke Bd. 5, München 1963, S. 239.
So Richard Z. Gooding/John A. Wagner III, A Meta-Analytical Review of the Relationship between Size and Performance: The Productivity and Efficiency of Organizations and Their Subunits, Administrative Science Quarterly 30 (1985), S. 462–481.
Bemerkenswerte Ausnahmen findet man bei Kleinstbetrieben des Handwerks. Hier findet man angesichts sehr hoher Lohn- und Lohnnebenkosten und angesichts arbeitsrechtlicher Probleme inzwischen die Tendenz, Betriebsgrößen klein und konstant zu halten unter Verzicht auf Ausnutzung von weniger lukrativen Marktchancen. Die Folge ist, dass auf diesem bedeutenden Sektor der Wirtschaft der Bedarf nicht mehr oder nur noch über Schwarzarbeit gedeckt werden kann.
Siehe dazu Kim S. Cameron/Sarah J. Freeman/Aneil K. Michra, Downsizing and Redesigning Organizations, in: George P. Huber/William H. Glick (Hrsg.), Organizational Change and Redesign: Ideas and Insights for Improving Performance, Oxford 1993, S. 19–65.
Siehe z.B. die Unterscheidung von standardization, variety and reactivity models bei Arman Avadikyan/Patrick Cohendet/Patrick Llerena, Coherence, Diversity of Assets and Networks: Towards an Evolutionary Approach, Revue internationale de systémique 7 (1993), S. 505–531.
Dies die übliche Definition von struktureller Komplexität, die den Zeitaspekt (die Verschiedenartigkeit im Nacheinander der Bezugseinheiten) noch außer Acht lässt. Siehe z.B. Todd R. La Porte, Organized Social Complexity: Explication of a Concept, in: ders. (Hrsg.), Organized Social Complexity: Challenge to Politics and Policy, Princeton N.J. 1975, S. 3–39.
Vgl. nur Rosabeth Moss Kanter, The Future of Bureaucracy and Hierarchy in Organizational Theory: A Report from the Field, in: Pierre Bourdieu/James S. Coleman (Hrsg.), Social Theory for a Changing Society, Boulder — New York 1991, S. 63–87.
Vgl. Arthur L. Stinchcombe, Information and Organizations, Berkeley 1990, S. 74 f.
Siehe Jay B. Barney/William G. Ouchi (Hrsg.), Organizational Economics, San Francisco 1986, S. 12.
Vgl. W. Ross Ashby, Design for a Brain: The Origin of Adaptive Behaviour, 2. Aufl. London 1954;
W. Ross Ashby, An Introduction to Cybernetics, London 1956;
W. Ross Ashby, Requisite Variety and its Implications for the Control of Complex Systems, Cy-bernetica 1 (1958), S. 83–99.
Dass dies möglich bleibt, soll natürlich nicht bestritten sein. Man denke an die „Augensprache“ der Liebenden oder an die Voraussetzung, dass das Telefon auch auf der anderen Seite der Leitung funktioniert.
So Rudolf Wimmer, Wozu brauchen wir ein General Management?, Hernsteiner 6/3 (1993), S. 4–12 (8 f.).
Nach einem Vorschlag von Henry Mintzberg nennt man eine solche Ordnung „Adhocracy“. Siehe Henry Mintzberg, Structures in Fives: Designing Effective Organisations, Englewood Cliffs N.J. 1983, S. 253 ff.
So die Befunde von Brunsson/Olsen a.a.O. (1993).
Siehe James G. March/Herbert A. Simon, Organizations, New York 1958, S. 10.
Wir hatten im Anschluss an Heinz von Foerster bereits die Erfindung von Entscheidungsprämissen mit diesem Begriff charakterisiert (vgl. oben Kap. 7) und gelangen jetzt auf eine weitere Ebene der Normalisierung der Aufmerksamkeit für Nichtnormales.
Siehe dazu Michel Crozier, L’Entreprise à l’écoute: Apprendre le management post-industriel, Paris 1989.
Siehe für viele Charles Heckscher, Defining the Post-Bureaucratic Type, in: Charles Heckscher/Anne Donnellon (Hrsg.), The Post-Bureaucratic Organization: New Perspectives on Organizational Change, Thousand Oaks Cal. 1994, S. 14–62.
Siehe z.B. Henry Mintzberg, The Nature of Managerial Work, New York 1973.
So Mintzberg a.a.O. S. 135.
Vgl. Tom Burns, Friends, Enemies, and the Polite Fiction, American Sociological Review 18 (1953), S. 654–662;
Tom Burns, The Direction of Activity and Communication in a Departmental Executive Group, Human Relations 7 (1954), S. 73–97;
Tom Burns, The Reference of Conduct in Small Groups: Cliques and Cabals in Occupational Milieux, Human Relations 8 (1955), S. 467–486;
Tom Burns, Micropolitics: Mechanisms of Institutional Change, Administrative Science Quarterly 6 (1961), S. 257–281;
Tom Burns, Des fins et des moyens dans la direction des entreprises: Politique intérieur et pathologie de l’organisation, Sociologie du Travail 4 (1962), S. 209–229.
Für die heutige Diskussion siehe etwa Willi Küpper/Günther Ortmann (Hrsg.), Mikropolitik: Rationalität, Macht und Spiele in Organisationen, Opladen 1988.
Siehe die Ergebnisse bei Rainer Koch, Entscheidungsstile und Entscheidungsverhalten von Führungskräften öffentlicher Verwaltungen, Verwaltung und Fortbildung 21 (1993), S. 179–197.
Hierzu auch Kapitel 12 Abschnitt I.
Dazu gibt es inzwischen viel Literatur. Siehe nur Michael Behr et al., Neue Technologien in der Industrieverwaltung: Optionen eines veränderten Arbeitskräfteeinsatzes, Opladen 1991.
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Luhmann, N. (2000). Die Organisation der Organisation. In: Organisation und Entscheidung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97093-0_10
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