Die Geschlechterfrage und die Transformation in Ostmitteleuropa: Kann das Geschlechterparadigma zur „Transformation des Politischen“ beitragen?

Zusammenfassung

Die vielen Veränderungen, die in der letzten Dekade in den heutigen „postsozialistischen“ Ländern stattfanden, haben nicht nur das alltägliche Leben der Bevölkerung dieser Staaten, der Männer und Frauen tiefgreifend beeinflußt, sondern auch tiefgreifend einen allgemeinen politischen und sozialen Wandel zur Folge gehabt, der heute populär „Übergang“ oder „Transformation“ genannt wird. Diese Entwicklung hat bereits zahlreiche politische und sozialwissenschaftliche Überlegungen gezeitigt, die sich (wenigstens im „Osten“) meistens mit der Frage befassen, „wie“ dieser „Übergang“ verläuft, und viel weniger mit der Frage, „was“ dieser Prozeß eigentlich bedeutet und „wohin“ er führt. Es handelt sich bei derartigen Überlegungen vor allem um die „allgemeine“ Frage des „Wandels“, wobei die „punktuellen“ und kleinen Fragen dieser großen „Umstrukturierung“, wenn sie nicht gerade unübersehbar und unmittelbar die „Allgemeinheit“ berühren, nicht thematisiert werden. Paradox dabei ist allerdings, daß der sogenannte „Transformationsprozeß“ der Gesellschaft trotz der Behauptung der Steuerung in eine gewisse Richtung, nämlich „Demokratisierung und Marktwirtschaft“, eigentlich „nichts anderes bedeutet, als daß sich alles in Bewegung findet und das Ergebnis unklar ist“ (Havelkova 1995: 150). Die Tatsache, daß die eventuelle Lösung aller besonderen neu entstandenen oder bereits existierenden Probleme in der allgemeinen Umstrukturierung und Konsolidierung vor allem in der Anpassung an ein „Modell“ gesehen wird, zeigt die Dominanz einer (wieder entdeckten oder wiederholten) essenzialistischen Ideologie, die — letzten Endes — sehr an die vorher und noch immer scharf kritisierten Prämissen des „Staatssozialismus“ erinnert.