Zusammenfassung
Die empirische Erforschung des Schreibens kann in einem ersten Schritt in zwei Analyserichtungen unterschieden werden. Eine Richtung untersucht das Schreiben unter verschiedenen Bedingungen und versucht damit, deren Funktionen im Schreibprozeß zu ermitteln. Diesem Ansatz läßt sich der weitaus größte Teil der Schreibforschung zuordnen. Der andere Weg vergleicht das Schreiben mit ähnlichen kognitiven Prozessen, insbesondere dem Sprechen, und strebt dadurch an, die Besonderheiten des Schreibens herauszuarbeiten.1 Da dieser Ansatz noch erhebliche Forschungsdefizite verzeichnet,2 wurde er als Rahmen für die vorliegende Untersuchung gewählt. Beide Analyserichtungen stehen nicht in einem Konkurrenzverhältnis, in dem der eine Ansatz den anderen ersetzen könnte. Vielmehr handelt es sich um eine Innen- und eine Außenperspektive gegenüber dem Schreiben, die sich beide ergänzen sollten. Die hier gewählte Außenperspektive strebt dabei eine grundlegende Beschreibung der kognitiven Prozesse beim Schreiben an.
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Literatur
Antos (1992) schlägt für diesen Ansatz die Bezeichnung Kontrastive Textproduktionsforschung vor.
Dies stellen z.B. auch Eigler et al. (1990: 48) und Krings (1992: 96f.) fest.
Für einen Überblick vgl. Koch und Oesterreicher (1994).
Für eine Analyse des Schreibens mit der Bühlerschcn Terminologie des Zeigfeldes vgl. z.B. Weingarten (1989).
Koch und Oesterreicher (1994: 591) nennen hier: “Differenzierung von Präpositionen und hypotaktischen Konstruktionen, Regularisierung von Tempus-und Modusgebrauch (z.B. consecutio temporum), Intensivierung der Möglichkeit von Subordination und Hypotaxe,…” Vgl. zu diesen Annahmen auch Givón (1979).
Für einen Überblick vgl. z.B. Raible (1994).
Vgl. z.B. Goldman-Eisler (1972), die allerdings Pausen in gesprochener Sprache untersuchte. Einen Überblick im Rahmen der Schreibforschung geben z.B. Krings (1992: 70ff.) und Eigler et al. (1990: 42ff.).
So schreibt z.B. Krings (1992: 70ff.), daß “lineare Schlüsse von Pausen auf Planungsprozesse” grundsätzlich problematisch seien, da sie z.B. auch auf Konzentrationsschwächen zurückgeführt werden könnten. Diesen Einwand halte ich für weniger überzeugend, da alle Untersuchungsgegenstände der empirischen Sprachforschung von solchen “Störfaktoren” beeinflußt sein können.
Vgl. die Arbeiten der “Marburger Gruppe” (stellvertretend Keseling, in diesem Band) und Baur-mann, Gier und Meyer (1987).
Vgl. Krings (1992: 70ff.).
Vgl. dazu auch Ludwig (in diesem Band).
Das Transkriptionssystem und je ein schriftliches und ein mündliches Transkriptbeispiel befinden sich im Anhang.
In der Transkription werden auch verschiedene Pausenalternativen, z.B. Verlangsamungen, berücksichtigt. Aufgrund der Schwierigkeit ihrer exakten Messung wurden sie bei der Auswertung jedoch ignoriert.
Sicherlich liefert die Wortzahl keinen sehr guten Hinweis auf die inhaltliche Qualität der Reproduktionsleistung. Dennoch bestätigt sie den informellen Eindruck, daß die Reproduktionsleistung in der mündlichen Gruppe durchweg besser war.
Krings (1992: 69f.) referiert verschiedene Untersuchungen die für den Sehreibprozeß z.T. nach oben oder nach unten abweichende Werte zu Pausenzeiten und Produktionsgeschwindigkeiten ermittelt haben. Hierin dürfte sich die extreme Abhängigkeit des Schreibens von der Aufgabe und den Voraussetzungen der Schreiber zeigen. Ahnliches gilt für seine Werte zu dein Vergleich Schreiben - Sprechen (ebenda: 96f.), die zwar in die gleiche Richtung zeigen, jedoch z.T. mit etwas anderen Zahlen.
Skeptischere Einschätzung, etwa von Keseling, Wrobel und Rau (1987: 357), “daß lediglich 25% aller Pausen an syntaktisch und formal textuell definierten Positionen… auftreten”, sind danach so zu erklären, daß sie syntaktische Strukturen unterhalb der Satzebene nicht berücksichtigt haben. Nach meiner Auffassung lassen sich die Ergebnisse von Keseling (in diesem Band) durchaus auch syntaktisch interpretieren.
Zu dieser Terminologie vgl. Koch und Oesterreicher (1994).
Auch der informelle Eindruck während der Versuchsdurchführung bestätigt diese Vermutung.
Zu einem ähnlichen Einschätzung kam Günther (1993: 94). Er unterscheidet zwischen zentralen und peripheren Schreibprozessen, wobei die Motorik zu den peripheren Prozessen gehört. Alle kognitiven Prozesse sind dagegen zentral.
Ich denke hier insbesondere an die Untersuchungen der “Freiburger Gruppe” zum Einfluß von Instruktionen auf die Textproduktion (vgl. z.B. Eigler et al. in diesem Band).
Dieses Ergebnis unterscheidet sich von den Aussagen anderer Sprachproduktionsmodelle, die auch für die mündliche Produktion eher eine satzglied-oder phrasenorientierte Struktur annehmen (vgl. Gunther (1993: 82ff.). In künftigen Untersuchungen müßte überprüft werden, ob das vorliegende Ergebnis mit der Konstellation einer konzeptionell schriftlichen und medial mündlichen Produktionssituation zusammenhängt.
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Weingarten, R. (1995). Syntax im Prozeß des Schreibens und Sprechens. In: Baurmann, J., Weingarten, R. (eds) Schreiben. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97050-3_11
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