Zusammenfassung
Verblüffend für einen Autor, der zu Beginn der neunziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts — parallel zu Gerhart Hauptmann — dem deutschen naturalistischen Drama zum Durchbruch verhilft, der in der Mitte der neunziger Jahre — in der Gestalt eines politischen Lustspiels — die kritische Summe des Berliner Naturalismus zieht, ohne deshalb die naturalistische Theaterrevolution selbst preiszugeben, und der auch nach der Jahrhundertwende durchaus an modifiziert realistisch-naturalistischen Konzeptionen für die Bühne festhält, wählt Arno Holz für seine große Literatursatire Die Blechschmiede von 1902 einleitend folgende Szenenanmerkung:
Eine weißen Seidendraperie mit gelben Japandrachen. Sie teilt sich und die Bühne stellt die Zirbeldrüse des Dichters dar. Eine Unmasse Hirnsand. Im Vordergrund links eine birmanische Pagode, rechts ein griechischer Tempel, im Hintergrund eine Kathedrale. Die Kathedrale ein Ausschank von Aschinger, der Tempel ein Warenhaus von Wertheim, die Pagode eine Filiale vom Berliner Lokalanzeiger. In der Ferne unterscheidet man deutlich das Altertum, das Mittelalter und die Neuzeit. Apollonius Golgatha, auf einem Postament in der Mitte. Glockenrock à la Thomas Theodor Heine, aus seinen Rockschößen die Blätter für die Kunst, als Pegasus ein Schaukelpferd. Das Postament ein parischer Marmorblock mit einem Sims aus purpurnen Eselsohren. Rundherum, außer verschiedenen Zeitgenossen, mehrere Herren aus gewesenen Jahrhunderten: Hiob, Dafnis, Pickelhering usw. Auf den Stufen des Unterbaus, die gedankenschwere Hirnterrine in die Linke gestützt, der Herr Mitte Dreißig; das ganze Individuum um seinen Kneifer konzentriert.1
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Literatur
Arno Holz, Die Blechschmiede, Leipzig 1902, S. 3f.
Arno Holz, Briefe, eine Auswahl, hrsg. v. Anita Holz u. Max Wagner, München 1948, S. 113.
A.a.O., S. 133.
Amo Holz, Die Blechschmiede, 1902, a.a.O., S. 78.
Arno Holz, Das ausgewählte Werk, Berlin 1919, S. 133.
Amo Holz, a.a.O., S. 241.
Amo Holz, Briefe, a.a.O., S. 113.
Arno Holz, Die Blechschmiede, 1902, a.a.O., S. 115ff.
Beleg dafür sind die zahllosen humoristischen Zeitschriften und Heftchen-Publikationen der Zeit; ein interessanter Innovationsversuch findet sich in der Buchpublikation des Literarischen Kabaretts Schall und Rauch, hrsg. v. Max Reinhardt, Berlin u. Leipzig 1901.
Amo Holz, Werke, hrsg. v. Wilhelm Emrich u. Anita Holz, Neuwied, Berlin-Spandau 1964, Bd. 7, S. 178.
Holz, Die Blechschmiede, 1902, a.a.O., S. 118.
Holz, Werke, a.a.O., Bd. 7, S. 403.
Kaii Kraus, Die letzten Tage der Menschheit, München 1957 (Werke, hrsg. v. Heinrich Fischer, Bd. 5), S. 9.
A.a.O., S. 253ff.
A.a.O., S. 71.
A.a.O., S. 578.
A.a.O., S. 9.
Holz, Die Blechschmiede, 1902, a.a.O., S. 14ff., bes. S. 17 u. S. 21.
Otto Julius Bierbaum, Stilpe, Ein Roman aus der Froschperspektive, München 1963, S. 171.
Holz, Briefe, a.a.O., S. 122.
Holz, Werke, a.a.O., Bd. 7, S. 501.
Holz, Werke, a.a.O., Bd. 6, S. 6.
Karl Kraus, Die Fackel, Nr. 368/9, S. 1.
A.a.O., Nr. 400–03, S. 46.
Dietrich Simon, Karl Kraus, Stimme gegen die Zeit, Kurt Krolop, Dichtung und Satire bei Karl Kraus, Beiheft zur dreibändigen Karl-Kraus -Auswahl, Berlin oJ., S. 123.
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Riha, K. (1992). Veränderungen des Dramas in der Satire: Arno Holz, die Blechschmiede, Karl Kraus, die Letzten Tage der Menschheit . In: Kritik, Satire, Parodie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97029-9_10
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