Zusammenfassung
Die Überlegungen zu einer Konzeptualisierung eines sozialwissenschaftlichen Technikbegriffs werden heute insbesondere an der Frage der Technisierung des Alltags weitergeführt. Damit gerät Technik wieder als zentrales Element der Kultur und Struktur moderner Gesellschaften, als Moment der gesellschaftlichen Integration in den Blick. Technik wurde in den 70er Jahren soziologisch allenfalls von der Industriesoziologie als Moment und Ursache des Wandels von Arbeitsbedingungen, Qualifikationsanforderungen und Arbeitsbeziehungen untersucht (vgl. z.B. Kern/Schumann 1970; Altmann et al. 1978). Hier fand der technische Wandel als exogener Faktor der Organisation von Arbeitsprozessen immer soziologische Beachtung. Technik wurde so aber kaum als grundlegende Kategorie der Gesellschaft aufgefaßt. Im „Reservat“ der Industriesoziologie war Technik soziologisch sozusagen „ruhig gestellt“. Die Diskussion zum Problem der Technisierung des Alltags bringt Technik dagegen wieder in das Zentrum gesellschaftstheoretischer Überlegungen zum sozialen Stellenwert der Technik. Technik wird aus ihrer soziologischen Randständigkeit als exogener Faktor des Wandels von Arbeitsbedingungen in den Kern soziologischer Konzepte der gesellschaftlichen Integration hineingeholt. Wie in der Technokratie- oder Sachzwangdebatte wird Technik damit als Dimension einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Verfaßtheit ernst genommen. Es ist die Rede von einer „Technisierung der Gesellschaft“, die darin zum Ausdruck komme, daß Technisierungsprozesse nicht mehr auf den eng umrissenen und formal organisierten Bereich der Berufsarbeit beschränkt bleiben, sondern mit dem Alltag der gesellschaftlichen Subjekte nun den gesamten Lebensbereich durchdringen. Anders als in früheren, meist kulturkritisch eingefärbten Debatten, ist der Ausgangspunkt aber jetzt weniger ein substantialistischer Technikbegriff (Technik als zweckrationales Verfahren), sondern — in der inhaltlichen Bestimmung offener und in der Soziologisierung der Technik weitreichender — das technische Artefakt oder technische System als soziale Institution oder Medium gesellschaftlichen Handelns im Alltag.
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Literatur
Ball spricht zum Beispiel von einem “equalitarian” Effekt des Telefongesprächs, da Zeichen und Symbole von sozialem Status über das Telefon kaum zu kommunizieren sind (1968, S. 65).
In seiner jüngsten Arbeit entwickelt Rammert (1989) einen Technikbegriff, der sich explizit gegen ein Ansetzen am materiellen Artefakt wendet. Hierauf wird weiter unten noch einzugehen sein.
Vgl. hierzu auch Jeggle (1983), der aus volkskundlicher Sicht den historischen Übergang von einem pflegerischen und bewahrenden Umgang mit Dingen zu einem konsumeristischen Umgang beschreibt.
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Hennen, L. (1992). Die „Technisierung des Alltags“ als Gegenstand der Techniksoziologie. In: Technisierung des Alltags. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 104. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97027-5_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12333-2
Online ISBN: 978-3-322-97027-5
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