Zusammenfassung
Das Thema meines Vortrags lautet: „Selbstbestimmung als Prinzip politischer Praxis“. Um den Zusammenhang zum allgemeinen Thema dieser Tagung und zum spezifischen Thema dieses Arbeitskreises zu verdeutlichen, möchte ich einige grundsätzliche Bemerkungen voranstellen:
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Mit dem spezifischen Thema dieses Arbeitskreises ist das Problem der sog. Normen aufgeworfen. Ich selber verstehe unter einer Norm — in Anlehnung an G. Canguilhem1 — einen Maßstab, hinter dem ein bestimmter Soll-Wert steht, der dadurch gewährleistet wird, daß man das, was dem Maßstab unterliegt, diesem „angleicht“ oder an ihm „mißt“. Darin ist zugleich enthalten, daß der Soll-Wert für das, was ihm unterliegt, verbindlich ist.
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Inwiefern sich politische Praxis als normatives Problem darstellt, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Erstens tritt uns die gegebene politische Realität immer schon in Form von Ordnungen entgegen, deren EntScheidungsprozesse in irgendeiner Weise normativ festgelegt sind. Zweitens ist politische Praxis per se normativ, insofern die Entscheidungen, die in ihr getroffen werden, das betreffen, was „alle“ angeht bzw. res publica ist, und demgemäß auch für alle gelten sollen. Die Kriterien solcher Entscheidungen, seien sie bewußt oder unbewußt gewählt, fungieren daher immer im Sinne des Charakters einer Norm.
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Anmerkungen
Vgl. Georges Canguilhem, Das Normale und das Pathologische, München 1974, S. 78; S. 81 f.
Sieht man von der sog. Frankfurter Schule selber ab.
Vgl. folgende Schriften: Siegfried Vierzig, Christentum und Emanzipation, in: Der Evangelische Erzieher. Zeitschr. f. Pädagogik und Theologie, 23. Jg., Frankfurt/Berlin/München 1971, S. 194–200;
Hermann Ringeling, Die Frau zwischen gestern und morgen. Der sozial theologische Aspekt ihrer Gleichberechtigung, Hamburg 1962;
Jürgen Moltmann, Die ersten Freigelassenen der Schöpfung. Versuche über die Freude und das Wohlgefallen am Spiel, 3München 1972;
Christian Gremmels, Emanzipation und Erlösung, in: Der Evangelische Erzieher. Zeitschr. f. Pädagogik und Theologie, 23. Jg., Frankfurt/Berlin/München 1971, S. 181–194;
Bruno W. Reimann, Psychoanalyse und Gesellschaftstheorie, Darmstadt und Neuwied 1973;
Klaus Horn (Hrsg.), Gruppendynamik und der ,,subjektive Faktor“. Repressive Entsublimierung und politisierende Praxis, Frankfurt 1972;
Klaus Horn , Emanzipation aus der Perspektive einer zu entwickelnden kritischen Theorie des Subjekts, in: M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Klaus Eyferth, Psychologie und Emanzipation, in: M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Michael Schneider, Neurose und Klassenkampf. Materialistische Kritik und Versuch einer emanzipativen Neubegründung der Psychoanalyse, Reinbek bei Hamburg 1973;
Ekkehart Stein, Das Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule. Verfassungsrechtliche Überlegungen zur freiheitlichen Grundordnung des Schulwesens, Darmstadt 1967;
Ulrich K. Preuß, Zum staatsrechdichen Begriff des Öffentlichen. Untersucht am Beispiel des verfassungsrechdichen Status kultureller Organisationen, Stuttgart 1969;
Klaus-Dieter Heymann und Ekkehart Stein, Das Recht auf Bildung. Dargestellt am Beispiel der Schulbildung, in: Archiv des öffentlichen Rechts, 97. Bd., Tübingen 1972, S. 185–232;
Wolfgang Däubler, Formale oder materiale Selbstbestimmung? Zur rechtswissenschaftlichen Diskussion um die Vertragsfreiheit, in: M Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Albrecht Wellmer, Kritische Gesellschaftstheorie und Positivismus, Frankfurt 1969;
Hans Ryffel, Aspekte der Emanzipation des Menschen, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Bd. LH, Vol. 1966. Wiesbaden, S. 1–20;
Willi Oelmüller, Die unbefriedigte Aufklärung. Beiträge zu einer Theorie der Moderne von Lessing, Kant und Hegel, Frankfurt 1969;
Willi Oelmüller, Was ist heute Aufklärung, Düsseldorf 1972;
Hermann Schweppenhäuser, Zur Dialektik der Emanzipation, in: M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Heinrich Roth, Erziehungswissenschaft —Schulreform — Bildungspolitik, in: Erziehungswissenschaft. Bildungsreform. Schulreform, in: Zeitschrift für Pädagogik, 9. Beiheft, Weinheim/Berlin/Basel 1971, S. 17–31;
Klaus Mollenhauer, Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen, München 1970;
Wolfgang Lempert, Leistungsprinzip und Emanzipation. Studien zur Realität, Reform und Erforschung des beruflichen Bildungswesens, Frankfurt 1971;
Wolfgang Klafki, Die Zielsetzungen des Autorenteams, in: Funk-Kolleg: Erziehungswissenschaft 3, Frankfurt 1971;
Heinz-Joachim Heydorn, Zu einer Neufassung des Bildungsbegriffs, Frankfurt 1972;
Hans Jochen Gamm, Kritische Schule. Eine Streitschrift für die Emanzipation von Lehrern und Schülern, München 1970;
Herwig (Hrsg.), Arbeitslehre als Fach. Ansatz zu einer Verwirklichung, Hannover 1972;
Herwig, Pädagogische Theorie und empirische Forschung, in: Neue Folge der Ergänzungshefte zur Vierteljahreszeitschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 5/1966;
Theodor Wilhelm, Emanzipation — Pädagogischer Schlüsselbegriff oder Leerformel, Festvortrag, in: Schriftenreihe der Landesregierung Schleswig-Holstein, Schriften des Kultusministeriums, Heft 19, 1974;
Karl-Hermann Schäfer und Klaus Schaller, Kritische Erziehungswissenschaft und kommunikative Didaktik, Heidelberg 1971;
Dieter Haarmann, ,Bildung‘ — zur Geschichte eines emanzipatorischen Begriffs, in: Westermanns Pädagogische Beiträge, 21. Jg., Heft 11, 1970, S. 557–569;
Eberhard Groß, Emanzipative Vorschulerziehung — ein bildungspolitisches Paradox?, in: Westermanns Pädagogische Beiträge, 23. Jg., Heft 12, 1971, S. 646–650;
Werner Markert, Thesen zu emanzipatorischer Erziehung, in: Erziehung in der Klassengesellschaft. Einführung in die Soziologie der Erziehung, von J. Beck u.a., München 1970;
Franz Heinisch, Politische Bildung — Integration oder Emanzipation, ebd.; Karl G. Zenke, Pädagogik — Kritische Instanz der Bildungspolitik? Zur technischen und emanzipatorischen Relevanz der Erziehungswissenschaft, München 1972;
Gisela Zimpel, Selbstbestimmung oder Akklamation? Politische Teilnahme in der bürgerlichen Demokratietheorie, Stuttgart 1972;
Helga Grebing, Positionen des Konservativismus in der Bundesrepublik, in: H. Grebing u.a., Konservativismus — Eine deutsche Bilanz, München 1971;
Wolf-Dieter Narr, Ist Emanzipation strukturell möglich? Bemerkungen zur kostenlosen Inflation eines Werts, in: M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Martin Greiffenhagen, Einleitung zu M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Udo Bermbach (Hrsg.), Theorie und Praxis der direkten Demokratie, Opladen 1973;
Johannes Agnoli/Peter Brückner, Die Transformation der Demokratie, Frankfurt 1968;
Fritz Vilmar, Strategien der Demokratisierung, Bd. I: Theorie der Praxis, Darmstadt und Neuwied 1973;
Winfried Steffani, Einführung zu ders. (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, 2Opladen 1973;
Gert Schäfer, Demokratie und Totalitarismus, in: Gisela Kress und Dieter Senghaas (Hrsg.), Politikwissenschaft. Eine Einführung in ihre Probleme, Frankfurt 1972;
Carl Böhret, Effizienz der Exekutive als Argument gegen Demokratisierung?, in: Probleme der Demokratie heute. Tagung der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in Berlin, Herbst 1969,
Carl Böhret, Effizienz der Exekutive als Argument gegen Demokratisierung?, in: Politische Vierteljahresschrift. Zeitschr. f. Politische Wissenschaft, Sonderheft 2/1970, Opladen 1971, S. 243–273;
Joachim Raschke, Mehrheitswahlrecht — Mittel zur Demokratisierung oder Formierung der Gesellschaft, in: W. Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, 2Opladen 1973;
Hermann Scheer, Politische Partizipation zwischen Mitgestaltung und Selbstverwaltung. Notizen zum Emanzipations- und Demokratisierungsbefund, in: M. Greiffenhagen (Hrsg.), Emanzipation, Hamburg 1973;
Thomas Feuerstein, Emanzipation und Rationalität einer kritischen Erziehungswissenschaft. Methodologische Grundlagen im Anschluß an Habermas, mit einem Vorwort v. H. Blankertz, München 1973.
Explizit zur Selbstbestimmung als Telos und Norm zugleich vgl. Gisela Zimpel, a.a.O., S. IV, S. 1, S. 21 ff. u.S. 26.
Johannes Hoffmeister, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 2Hamburg 1955, S. 551.
Vgl. etwa Jürgen Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt 1973, S. 170 f. (Gleichsetzung von Selbstbestimmung und Autonomie bzw. Authentizität);
Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, Frankfurt 1968, S. 253, S. 254 (Mündigkeit, Selbständigkeit des Ich, Autonomie).
Vgl. Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, in: Jürgen Habermas, Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankfurt 1968, S. 163, wo er die differentia specifica des Menschen mit Mündigkeit gleichsetzt.
Ebd., S. 164.
Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, Frankfurt 1968, S. 76.
Ebd., S. 254.
Ebd., S. 53 f.
Ebd., S. 53.
Ebd., S. 253.
Ebd., S. 257.
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Herwig, H. (1978). Selbstbestimmung als Prinzip politischer Praxis. In: Bermbach, U. (eds) Politische Wissenschaft und politische Praxis. Politische Vierteljahresschrift, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96988-0_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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