Zur Entscheidungsneutralität konsumorientierter Steuersysteme

Abstract

Ein optimales Steuersystem sollte entscheidungsneutral sein. Dieses in der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre unstrittige Postulat findet in zunehmendem Maße auch in der politischen Diskussion Berücksichtigung.

Das jüngst in Kroatien eingeführte und im Zuge der Untenehmenssteuerreform auch in Österreich geplante System der zinsbereinigten Einkommensteuer sieht Steuerfreiheit für kalkulatorische Eigenkapitalzinsen vor. Diese berechnen sich durch Anwendung eines staatlicherseits vorgegebenen steuerfreien Schutzzinssatzes auf den Buchwert des Eigenkapitals zu Beginn des jeweiligen Jahres. Damit wird die Forderung nach Finanzierungsneutralität des Steuersystems annähernd erfüllt. Die vielfach vom Schrifttum aufgestellte Behauptung, daß dieses Steuersystem auch investitionsneutral sei, weil unterschiedliche Abschreibungsmodalitäten keinen Einfluß auf die Steuerbelastung mehr hätten, stellt sich aber als unrichtig heraus. Diese Abschreibungsindifferenz besteht nämlich nur in dem höchst unrealistischen Fall, daß der behördlich vorgeschriebene steuerfreie Schutzzinssatz mit dem Kalkulationszinssatz identisch ist, den der Investor seinem Kapitalwertkalkül zugrunde legt. Ist diese Identität nicht gegeben, dann hat die Wahl des Abschreibungsverfahrens einen nicht zu vernachlässigenden Einfluß auf den Investitionskapitalwert. Je größer der Kalkulationszinssatz relativ zum Schutzzinssatz ist, desto höher ist der Barwert der Steuerersparnis aufgrund von abschreibungsbedingten Aufwandsvorverlagerungen.

Nach einer kurzen Einführung in die verschiedenen Arten der Entscheidungsneutralität gibt dieser Beitrag eine Antwort auf die Frage, wie groß die Verletzung des Postulats nach Investitionsneutralität beim System der zinsbereinigten Einkommensteuer in konkreten Beispielsfällen ist.