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Umbrüche — Automobil und Verkehr in den Industriegesellschaften

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Das PROMETHEUS-Projekt
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Zusammenfassung

Das Automobil ist eine Basisinnovation des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Es hat zu Anfang dieses Jahrhunderts seine “Schließung” (vgl. Pinch,Bijker 1987, S.27)1 in dem Sinne erfahren, daß seine damals gewonnene technische Gestalt als ein Wagen mit luftgefüllten Reifen, der von einem Verbrennungsmotor angetrieben, von einem Fahrer mittels eines Lenkrads gesteuert und eines Gas- sowie Bremspedals beschleunigt beziehungsweise verzögert wird, in ihrem Kern bis heute gültig geblieben ist. Trotz erheblicher technischer Innovationen im Detail wurde dieses Basiskonzept nicht verändert, und es sind hier im Vergleich zu anderen Industrien wirklich revolutionäre Schübe ausgeblieben (vgl. Altshuler et al.1984, S.11; Appel,Hüber 1984, S. 13).

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Literatur

  1. Zum konzeptionellen Hintergrund des Ansatzes siehe auch den Abschnitt 2.3 der vorliegenden Untersuchung.

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  2. Genau lag die Verkehrsleistung der Eisenbahnen im Personenverkehr im Jahre 1960 bei 39,7 Mrd.pkm und 1990 bei 44,5 Mrd.pkm, wobei der feststellbare Zuwachs allerdings in den letzten beiden Jahren erfolgte (vgl. BMV 1991, S.308ff.).

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  3. Entsprechend große Beachtung finden die Entwicklungen der Automobilindustrie in den ökonomischen und weiteren sozialwissenschaftlichen Analysen. Exemplarisch seien hier nur die allein in den vergangenen zwanzig Jahren in den USA — mit zum Teil weitreichender internationaler Beteiligung — entstandenen Untersuchungen von Rothschild 1974, Abernathy 1978, Altschuler et al. 1984, Hoffmann, Kaplinsky 1988, Womack, Jones, Roos 1991 angeführt.

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  4. Eine auch nur annähernd angemessene Beschreibung dieser Transformationsprozesse in der Automobilindustrie müßte den Rahmen dieses Kapitels und der Untersuchung als Ganzes sprengen. Es sei daher dazu auf die entsprechenden Studien verwiesen, die in der Fußnote 3 angeführt wurden. Für unsere Darstellung sind sie insoweit relevant, als sie den Unternehmens- und marktspezifischen Hintergrund für das PROMETHEUS-Projekt aufbereiten.

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  5. Das zu Beginn dieses Jahrhunderts von Ford entwickelte und etablierte Produktionsmodell mit ausdifferenzierter Arbeitsteilung, Fließbandproduktion und extremer Produktstandardisierung dominierte die Automobilindustrie bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts. Zur vollständigen Beschreibung dieses produktionstechnischen Paradigmas bedarf es allerdings seiner Ergänzung durch die nicht minder weitreichenden Innovationen, die Alfred Sloan als Präsident von General Motors in den zwanziger Jahren einführte. Sie bezogen sich zum einen auf neue Managementkonzepte — vor allem die Schaffung dezentralisierter Strukturen als Profitcenter und die Erschließung externer Finanzierungsquellen -, zum anderen auf neue Marketingstrategien insbesondere durch eine Ausdifferenzierung der Produktpalette und einen jährlichen Modellwechsel, um ein “upgrading” der Konsumentenpräferenzen zu realisieren (vgl. dazu Rothschild 1974, S.26ff.; Altschuler et al. 1984, S.14ff.; Womack Jones, Roos 1991, S.44ff.).

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  6. Die Untersuchungen selbst sind dabei jeweils international angelegt, es geht hier um interpretatorische Differenzen.

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  7. Die Untersuchung wurde über einen Zeitraum von 5 Jahren durchgeführt, und dabei wurden insgesamt 90 Montagewerke der Automobilindustrie in 14 Ländern einbezogen (Womack, Jones, Roos 1991, S.13).

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  8. Aufgrund seiner weitreichenden Bedeutung seien hier die Wesensmerkmale von “lean production” in der Zusammenfassung eines Mitautors der jüngsten MIT-Studie noch einmal wiedergegeben: “-Es richtet sich nach dem Kunden aus und nicht nach den Zwängen der Fertigung. - Alle Tätigkeiten werden organisiert und sind konzentriert auf Produktlinienbasis, geleitet und gelenkt durch einen starken Verfechter des Produkts, während die Funktionsabteilungen eine mehr sekundäre, zuarbeitende Rolle spielen. - Alle Tätigkeiten werden auf Teambasis abgewickelt, die Organisation verläuft horizontal, nicht vertikal. - Das gesamte System zählt weniger ‘Akteure’, die jedoch eng zusammenarbeiten — 330 Leute im Produkt-entwicklungsteam im Vergleich zu 1.400, 340 Lieferer statt 1.500, ca. 300 Händlerbetriebe gegenüber 3.600 (bei einem Absatz von 2 Mio. Fahrzeugen) und 2.000 Beschäftigte in der Montage gegenüber 3.000 und 5.500 (bei einem Werk, in dem 250.000 Einheiten jährlich montiert werden). - Zwischen den einzelnen ‘Akteuren’ besteht ein hoher Informationsgrad und das Werk verfugt über eine transparente und realistische Kostenstruktur. - Die Tätigkeiten werden koordiniert und bewertet bei ihrem Fluß durch das Team oder das Werk und nicht auf dem Wege, daß jede Abteilung isoliert ihr Ziel verfolgt. - Die notwendige Disziplin für das Funktionieren des Systems und die Herausstellung der Probleme wird gesichert durch JIT (Just-in-time) und ‘Totale Qualität’, in der Leistungsbewertung von Werk, Lieferer und Händler. - Wo immer möglich wird Verantwortung auf die niedrigstmögliche Ebene übertragen, und zwar im Werk und beim Lieferer. - Das System basiert auf stabilen und gleichmäßigen Fertigungsmengen, jedoch geprägt von hoher Flexibilität. - Die Beziehungen zu den Beschäftigten, den Lieferern und Händlern werden bestimmt durch ein gegenseitiges Verpflichtetsein, ein Resultat daraus, daß sie als Fixkosten in Rechnung gezogen werden.” (Jones 1990, S. 20f.).

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  9. Insbesondere Womack, Jones, Roos versuchen dieses durch ihre empirischen Analysen — etwa in den amerikanischen Produktionsstätten japanischer Automobilfirmen (vgl. Womack, Jones, Roos 1991, S.88ff) -zu belegen. Ohne die Diskussion hier vertiefen zu können, scheint dem Verfasser der vorliegenden Arbeit dennoch eine tendenzielle Vernachlässigung der spezifischen Traditionen und sozio-kulturellen Elemente japanischer Unternehmenskonzeptionen und Arbeitsbeziehungen bei dieser Darstellung durchzuschlagen.

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  10. Ohne auf konkrete Forschungsprojekte einzugehen, akzentuieren sie hier als Lösungspotentiale elektronische Fahrzeugtechnologien in Gestalt von Informations- und Navigationssystemen, wobei allerdings weitergehende Autopilotsysteme aufgrund noch fehlender technischer Voraussetzungen (Rechnerkapazität und Zuverlässigkeit) eher in die feme Zukunft verwiesen werden (vgl. Womack, Jones, Roos 1991, S.143).

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  11. So muß etwa die Abschaffung des Fließbandes nicht automatisch zu einer Abschaffung der tayloristischen Arbeitsorganisation fuhren und die Übernahme von planenden Tätigkeiten durch die Produktion kann auch ohne den Verzicht auf das Fließband stattfinden (vgl. Dankbaar, Jürgens, Maisch 1988, S.20). Diese Befunde fügen sich ein in unsere Darstellung der neueren sozialwissenschaftlichen Technikforschung, in der deterministische Ansätze widerlegt wurden und die Gestaltungsoptionen und “social choices” herausgearbeitet werden konnten (vgl. dazu das Kapitel 2 der vorliegenden Untersuchung mit den entsprechenden Literaturhinweisen).

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  12. Vgl. dazu neben den bereits erwähnten Untersuchungen von Altshuler et al. 1984, S.89f. et pass., Wo-mack, Jones, Roos 1991, S.140f. et. pass, auch die entsprechenden Prognosen aus der Sicht der Automobilbauer, z.B. Seiffert, Walzer 1989, S.201f..

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  13. Das soll allerdings nicht heißen, daß es nicht auch schon zuvor heftige Auseinandersetzungen um die Vor- und Nachteile des Automobils gegeben hätte, vielmehr begleiteten diese das Automobil von Beginn an. Die ersten Autofahrer wurden nicht selten mit verbalen oder gar schlimmeren Argumenten attackiert, wie die eindrucksvolle Schilderung der “empfindsamen Reise im Automobil” von Otto Julius Bierbaum aus dem Jahre 1902 dokumentiert: “Nie in meinem Leben bin ich so viel verflucht worden, wie während meiner Automobilreise im Jahre 1902. Alle deutschen Dialekte von Berlin an über Dresden, Wien, München bis Bozen waren daran beteiligt und alle Mundarten des Italienischen von Trient bis nach Sorrent -gar nicht zu rechnen die stummen Flüche, als da sind: Fäusteschütteln, Zungeherausstrecken, die Hinterfront zeigen und anderes mehr”(Bierbaum 1903, S.285). Ein frühes Beispiel konservativer Kulturkritik am Automobil bietet die Schrift von Jung, in der der Autor vor der Gefahr der “Massenverdummung und Massenverrohung” (Jung 1902, S.27) warnt. Demgegenüber gab es allerdings auch enthusiastische Zustimmung, wie etwa die bald ins Deutsche übertragene Schriften des Franzosen Baudry de Saunier zeigen, die weit mehr als nur technische Hinweise für den Autofahrer enthielten, wie die Titel etwas irreführend nahelegten (vgl. Baudry de Saunier 1902a, 1902b). Auch die in kurzer Zeit mehrere Auflagen erlebenden ‘Automobil-Romane’ des englischen Schriftstellerehepaares Williamson bestätigen diesen Zuspruch (vgl. Williamson 1902, 1904, 1906). Daß die Polarisierung zwischen Befürwortern und Gegners des Automobils sich nicht nur auf der Ebene der Kultur entfaltete, sondern auch realgeschichtlich wirksam war, zeigt das Beispiel des Schweizer Kantons “Graubünden”, in dem der Konflikt um die Zulassung des Automobils nicht weniger als 25 Jahre dauerte.

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  14. Als zweitwichtigste Lärmquelle wurde hier der Flugverkehr angeführt, durch den sich ca. 47% (ca. 15%) der Bevölkerung (stark) gestört fühlen. Den Lärm durch Schienenverkehr empfinden 20% als störend, 3 bis 4% als stark belästigend (vgl. UBA 1989, S.437). Neben diesen durch Befragungen ermittelten Belastungsempfindungen der Bevölkerung existieren Simulationsrechnungen über die Auswirkungen der Lärmbelastungen. Sie ergaben, “daß tagsüber etwa 45% der Bevölkerung straßenverkehrsbedingten Geräuschpegeln von mehr als 55 dB(A) ausgesetzt sind. Nachts wirken Straßenverkehrsgeräusche mit mehr als 45 dB(A) auf ca. 46% der Bevölkerung. Gemessen an den Orientierungswerten der DIN 18005 lebt fast die Hälfte der Bevölkerung unter nicht akzeptablen Lärmbedingungen, über 12% der Bevölkerung sind tagsüber von gesundheitsgefährdenden Lärmpegeln über 65 dB(A) betroffen” (PLANCO 1990, S.5–13).

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  15. Zu den verschiedenen Ansätzen einer Erfassung der sozialen Kosten des Verkehrs sowie der damit verbundenen methodischen und praktischen Probleme siehe den instruktiven Aufsatz von Rothengatter 1989; in seiner Systematik unterscheidet der Autor vier alternative Ansätze: - der Ressourcenansatz betrachtet die Umweltschäden sowie Unfallschäden als Ressourcenausfalle, die entweder zu den Kosten einer Ersatzbeschaffung oder zu den entgangenen zukünftigen Erträgen zu bewerten sind; - der Nutzenansatz basiert auf individuellen Wertschätzungen der Betroffenen, etwa der Zahlungsbereitschaft; - der Vermeidungsansatz sucht die kostengünstigste Vermeidungsmaßnahme (ausgerichtet am Vermeidungsniveau als vorzugebende Grenzwerte und der Vermeidungstechnologie) zu erfassen; - schließlich könnten Risikoansätze und entsprechende Strategien für die Einbeziehung der sozialen Zusatzkosten des Verkehrs geprüft werden (vgl. Rothengatter 1989, S68ff.).

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  16. Vgl. neben den bei Rothengatter 1989 erwähnten früheren Untersuchungen aus der jüngsten Zeit zum Beispiel PLANCO 1990, Teufel et al. 1989.

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  17. Staubedingte Nutzeneinbußen entstehen durch Zeitverluste, stärkeren Streß und erhöhte Betriebskosten (Verschleiß, Krafstoffverbrauch); vgl. Willeke 1984, S. 139. Für sie besteht insofern kein Internalisie-rungsbedarf, als dabei unbeteiligte Dritte keine Nutzeneinbußen erleiden. Dieses gilt allerdings nicht für die durch Staus hervorgerufenen zusätzlichen Schadstoff- und Lärmemissionen, die externalisierte Kosten darstellen.

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  18. Vgl. dazu die in dem Abschnitt 5.1 genannten Zahlenwerte.

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  19. Bereits in den siebziger Jahren gab es eine gesellschaftspolitische Kontroverse über die Rolle des Automobils und die Auswirkungen des Individualverkehrssystems; siehe dazu für den deutschsprachigen Raum zum Beispiel Krämer-Badoni, Grymer, Rodenstein 1911 sowie die Beiträge in Duve 1979, für Amerika die bereits erwähnte Untersuchung von Rothschild 1974.

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  20. Unseres Erachtens zeigt gerade die Analyse der Zielbildungsprozesse im PROMETHEUS-Projekt (siehe dazu das nächste Kapitel, insbesondere den Abschnitt 6.2, sowie die Fallstudien im dritten Teil der Untersuchung) in einer exemplarischen Weise diese Verbindungen.

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  21. Die ersten signifikanten Neubaustrecken der Eisenbahn sind die Trassen für die Hochgeschwindigkeitszüge.

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  22. Das Netto-Anlagevermögen in Prozent des Brutto-Anlagevermögens gilt als “Modernitätsgrad” der Verkehrsinfrastruktur.

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  23. Gegenüber den Werten in den siebziger und achtziger Jahren ist damit insgesamt und insbesondere auch bei der Straßeninfrastruktur einer kontinuierlicher und deutlicher Rückgang zu verzeichnen (z.B. für die Straßen von 85% in 1970 auf 74% in 1990; vgl. BMV 1990, S.60f.), was einen steigenden Ersatzbedarf signalisiert.

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  24. Nach einer Modellrechnung zur Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland wird der Anteil der über 60-Jährigen von 21,2% im Jahre 1990 auf 37,9% in 2030 ansteigen (vgl. BMI 1987).

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  25. So stieg die Zahl der privaten Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland von 15,4 Mio. im Jahre 1950 auf 27,5 Mio. in 1990 an (vgl. BMV 1991, S.164f.).

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  26. So hat im Personenverkehr bezogen auf die Verkehrsleistung der Freizeitverkehr seinen Anteil an den Fahrtzwecken von 41,4% im Jahre 1960 auf 43,5% in 1989 erhöht, der Urlaubsverkehr in diesem Zeitraum sogar von 4,9% auf 9,0%; differenziert nach Verkehrsbereichen zeigt sich, daß der Individualver-kehr beim Freizeitverkehrs seinen Anteil im Betrachtungszeitraum von 72,7% auf 85% steigern konnte, im Urlaubsverkehr von 56,1% auf 78,5%, daß hier sein Anteilswert — nachdem er in den siebziger Jahren auf über 80% lag — wieder gesunken ist, liegt an der starken Zunahme des Luftverkehrs in diesem Segment (zu den Definitionen der einzelnen Fahrtzwecke sowie den Zahlenangaben siehe BMV 1991, S. 323, 319 und 317).

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  27. Die Fahrtenhäufigkeit und allgemeiner Wegehäufigkeit zur Erledigung der aushäusigen Aktivitäten ist im Zeitablauf und auch im Vergleich zwischen verschiedenen Städten und Regionen sehr stabil — bezogen auf alle Personen (Mobile und Nicht-Mobile) ergeben sich durchschnittlich drei Wege pro Person und Tag -, auch beim täglichen Zeitbudget — die Unterwegs-Zeit beträgt etwa eine Stunde — zeigen sich kaum Veränderungen, da sich jedoch die Entfernungen erhöhen, müssen sie in einer größeren Geschwindigkeit zurückgelegt werden, was sich wiederum auf die Verkehrsmittelwahl auswirkt (vgl. die Angaben der Werte VDV,Socialdata 1991, S.8, 10 und 30).

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  28. Alle früheren Prognosen über “Sättigungsgrenzen” der Motorisierung haben sich im Rückblick nicht bestätigt (vgl. Appel 1991, S. 140). Und selbst eine Festlegung auf einen quasi “natürlichen Sättigungsgrad”, der lediglich alters- und gesundheitsbezogene Bevölkerungswerte enthielt — danach läge er in den meisten Ländern bei einer PKW-Dichte von 600 bis 630 Fahrzeugen auf 1000 Einwohner (vgl. die in Altshuler et al. 1984, S.110, genannten Untersuchungen) -, würde zu kurz greifen, weil nicht ein Mehrfachbesitz von PKW berücksichtigt würde.

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  29. Daß diese faktische Umweltbelastung auch von der Bevölkerung zunehmend wahrgenommen wird und sich — zunächst — in einer entsprechenden Erwartungshaltung an die Automobilhersteller artikuliert, zeigen die Befunde der Lebensweltanalyse 1989 des Sinus-Instituts. Neben der allgemeinen Bestätigung einer hohen Priorisierung des Umweltschutzes in der Wertehierarchie — dieses zeigt im übrigen auch die umfangreiche jüngste “Dialog-Studie”, die auf einer Befragung von über 5500 Personen beruht, und die feststellt, daß innerhalb der Bevölkerung zwischen 14 und 64 Jahren bereits 39% umweltaktive und 23% umweltaktivierbare Bürger 38% umweltpassiven Bürgern gegenüberstehen (Gruner+Jahr 1990, S.355) — konkretisiert die Sinus-Studie die Einschätzungen in bezug auf das Automobil und den Verkehr: - Der Problemdruck auf den Individualverkehr hat sich enorm verstärkt, bei dem Verkehrswachstum scheint das Maß des Erträglichen in einigen Bereichen bereits überschritten, so daß auch der Grundnutzen des Autos (Mobilitätsgarantie) zu verloren gehen droht. - Zur Reduktion der Umweltbelastungen wird von den Konsumenten zunehmend ein “umwelttechnischer Durchbruch” erwartet, für den auch höhere Anschaffungs- und Betriebskosten sowie Unbequemlichkeiten bei der Anpassung der entsprechenden Infrastruktur hingenommen würden. - Die Erwartungen richten sich dabei vor allem auf alternative Antriebstechniken, weniger auf Informations- und Leitsysteme (“intelligente Straße”), wobei in bezug auf letztere neben Informationsdefiziten ein eher diffuses Mißtrauen besteht. Auffallend in den Befunden der Sinus-Studie ist insbesondere die ambivalente Einstufung der deutschen Automobilindustrie. Einerseits zeigt sich ein Vertrauen in deren Problemlösungskompetenz (zum Beispiel in Abgrenzung zur Einschätzung der Politik) in der Frage des Umweltschutzes, die auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Konkurrenten darstellen würde. Andererseits werden die Aktivitäten der Automobilindustrie zur Minderung der Umweltschäden durch die Kraftfahrzeuge kritisch beurteilt. So ist im Meinungsbild fest verankert, daß sich die Automobilhersteller in der Frage des Umweltschutzes bisher ausgesprochen defensiv verhalten und nur durch externe Auflagen bewegten (Beispiel: Katalysator). Auch wird vermutet, daß die Industrie bereits über effizientere technische Lösungen (Abgas, Lärm, Recycling) verfuge, die aber — aus Gewinninteressen — zurückgehalten würden. Interessant ist hier weiterhin — in Konfrontation zum beobachtbaren Nachfrageverhalten -, daß das in den vergangenen Jahren dominierende Entwicklungsleitbild der Leistungssteigerung kritisch, weil im Widerspruch zu einer stärkeren Umweltorientierung gesehen wird. Dazu zählt auch die Kritik — insbesondere von Frauen — an der Vernachlässigung der Kleinwagen resp. deren Ausstattung mit Sicherheitstechnik etc. (vgl. Sinus-Studie 1989).

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  30. Ein Indiz dafür sind etwa die fast alltäglichen Berichte in der Lokalpresse über eine wachsende Aggressivität in der Auseinandersetzung zwischen aktiv werdenden Anwohnern und Autofahrern in Stadtteilen, die besonders unter der Verkehrsbelastung leiden (vgl. zum Beispiel den Artikel von Thullier in der FAZ vom 14.12.1991 über eine Demonstration von Eltern und Kindern für die Sicherheit von Schulwegen).

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  31. Neben diesen konventionellen Eigenschaften des Produktes “Automobil” ist aber zugleich immer zu berücksichtigen, daß das Automobil kein Produkt wie jedes andere ist. Es unterscheidet sich dabei nicht nur durch einen komplexen Herstellungsprozeß sowie einen für ein Konsumgut relativ hohen Anschaffungspreis von anderen Produkten, sondern auch dadurch, daß es als ein Gut mit einem hohen symbolischen Überschuß bezeichnet werden könnte (vgl. zu den individual- und sozialpsychologischen Hintergründen des “Automobilismus” jüngst Bastian, Theml 1990, insbesondere Seite 115ff.; Hilgers 1991, S.541ff.; auch die früheren Arbeiten von Virilio 1978). Das Automobil als Symbol eignet sich dementsprechend auch wie kaum ein anderes zur kulturellen Polarisierung. Ihre Geschichte könnte beginnen bei der bekannten Passage des futuristischen Manifests von Marinetti aus dem Jahre 1909 — “Wir erklären, daß sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat; die Schönheit der Geschwindigkeit… ein rauschendes Automobil, das wie eine Gewehrkugel dahinschießt, ist schöner als die Nike von Samo-thrake” (hier zit. nach Baumgarth 1966) -, reichte über seine Charakterisierung als “Suchtmittel” durch Mitscherlich (1971, S.62) oder als “Wunschmaschine, deren Benutzung süchtig” macht (Sontag 1980, S.20), und sie ist mit dem jüngst im Feuilleton der FAZ nachzulesenden Epitaph als “eine der irrationalsten Kulturleistungen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts” (Mönninger 1991) sicherlich noch nicht beendet.

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  32. Information läßt sich bei der Vielzahl vorhandener Informationsbegriffe immer noch am ehesten als zweckorientiertes Wissen definieren. Damit ist zum einen auf den Teil der Bedeutung einer Nachricht abgestellt, der für den Empfänger zweckbezogen ist und sein Wissen erweitert, zum anderen wird eine Beziehung zu den problemlösungs- und entscheidungsorientierten Aspekten der Kategorie hergestellt (vgl. Roll 1983, S. 109; Witte 1975, 389f.).

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  33. Vgl. dazu den Abschnitt 5.1 der vorliegenden Untersuchung.

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  34. Daß sich der Anteil der Elektronikkosten bereits schneller erhöht als prognostiziert, zeigt das Beispiel des neuen “Golf”, wo mit 21% der Herstellkosten der Anteil für Elektrik und Elektronik schon deutlich über dem vormals erwarteten Wert liegt (vgl. o.V. 1990, S.10).

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  35. Eine genauere Darstellung dieser Möglichkeiten erfolgt im 6. Kapitel.

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  36. Ullrich hat diesen Begriff für ökologisch orientierte Produktionskonzepte näher zu spezifizieren versucht. Wir übernehmen hier diesen Begriff für die Automobil- und Verkehrstechnik, ohne dabei die Schlußfolgerungen des Autors zu teilen (vgl. Ullrich 1989, S.5f.).

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  37. In einer Befragung von 200 Verkehrsexperten aus Europa wurde eine solche Suche nach völlig neuen Verkehrstechnologien ziemlich einhellig kritisch betrachtet, da die Verkehrskrise primär kein technisches, sondern ein politisches und organisatorisches Problem sei (vgl. Gruppe Verkehr 2000 Plus, 1990, S. 12 und 54).

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  38. Als Beispiel einer solchen linearen Weiterentwicklung könnte etwa das Konzept des Verbrennungsmotors auf der Basis fossiler Energieträger als Antriebstechnik angeführt werden.

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  39. Vgl. dazu auch die entsprechenden Ausführungen in dem vorhergehenden Abschnitt 5.2.

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  40. Diese Darstellung ist analytisch-deskriptiv zu verstehen, sie enthält demnach keine Wertung in bezug auf mögliche Alternativen der Produktions- und Konsumtionsweisen einer Gesellschaft.

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Prätorius, G. (1993). Umbrüche — Automobil und Verkehr in den Industriegesellschaften. In: Das PROMETHEUS-Projekt. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96345-1_6

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