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Technikdiskurse — eine Annäherung

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Das PROMETHEUS-Projekt
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Zusammenfassung

“Wohin wir in dieser Welt auch gehen, der erkennende, der analysierende, der wirtschaftende, der bauende, der verwaltende und der zerstörende Verstand waren immer schon da. “ Der Philosoph Jürgen Mittelstraß nennt diese, die modernen Industriegesellschaften bezeichnende Welt eine “Leonardo-Welt”: “Es ist eine Welt, in der sich der Mensch in seinen eigenen Werken begegnet, in der nicht zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält, das eigentliche Thema mehr ist, sondern die Aufgabe und die Notwendigkeit, die Welt zusammenzuhalten. ... Die Leonardo-Welt, die das eigentliche Werk des Menschen ist, beginnt sich gegen den Menschen zu wenden, d.h., sie beginnt, sich den Menschen anzueignen. Der Aneignung der Welt durch den Menschen ... folgt wie ein immer größer werdender Schatten die Aneignung des Menschen durch die (angeeignete) Welt. Wissenschaft und Technik, die beide dominanter Ausdruck einer Leonardo-Welt sind, führen nicht nur in humane, sondern auch in inhumane Welten ..., in denen die Zerstörungspotentiale wachsen” (Mittelstraß 1989b, S. 11–12). Ein anderer Autor hat für diese Welt den mittlerweile fast allseits akzeptierten Begriff der “Risikogesellschaft” geprägt, weil in ihr die gesellschaftliche Produktion von Reichtum offensichtlich systematisch mit der gesellschaftlichen Produktion von Risiken und Gefährdungen verknüpft ist (vgl. Beck 1986, S.26).

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Literatfur

  1. Ein Vergleich der Ressourcenströme bei der Herstellung und dem Verbrauch eines Automobils mag dieses exemplarisch verdeutlichen: “Die gesamte Herstellung des Fahrzeugs einschließlich Erschmelzung der Rohstoffe benötigt eine Energie von 90 GJ. Der Betrieb über eine Strecke von 150.000 km benötigt dagegen eine Energie von 800 GJ, die in Form von verbrauchtem Kraftstoff als im wesentlichen CO2 und H2O in die Atmosphäre entweichen” (Barske 1991, S.3).

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  2. Es wurde bislang auf eine genauere Definition des Begriffes “Technik” verzichtet, nicht zuletzt weil diesbezügliche Versuche — zumal in je unterschiedlicher disziplinärer Perspektive — Legion sind (über die begriffliche Vielfalt und damit auch Vieldeutigkeit des zugrundeliegenden Technikverständnisses in der Geschichte gibt Krohn 1989, S. 15–43 einen profunden Überblick). Sie reichen von einer sehr weiten Be-griffsauslegung, exemplarisch etwa M. Weber (1976, S.32), bis zu einer engen Beschränkung auf das Artefakt selbst, wie sie vor allem ingenieurwissenschaftlichen Auffassungen eigen ist. Wir schließen uns hier zunächst einer mittleren, pragmatischen Begriffsbestimmung von Ropohl an: “Technik als Realtechnik [diesen Begriff übernimmt der Autor von von Gottl-Ottlilienfeld 1923, S.8f. — GP] umfaßt also: (a) die Menge der nutzenorientierten, künstlichen, gegenständlichen Gebilde (Artefakte oder Sachsysteme); (b) die Menge menschlicher Handlungen und Einrichtungen, in denen Artefakte entstehen; und (c) die Menge menschlicher Handlungen, in denen Artefakte verwendet werden.” (Ropohl 1988a, S.83; ausführlicher Ropohl 1919, S.30ff.) Entscheidend ist dabei die Einbeziehung der Handlungsdimension. Rammert geht noch einen Schritt weiter und schlägt im Rahmen eines “medientheoretischen Konzepts der Technik” den Wechsel “von einem substantiellen zu einem relationalen Technikbegriff” vor: “Das Technische ist jedoch nicht in der Materialität der Artefakte zu suchen, sondern in der Funktionalität der Verknüpfung von sachlichen und nicht-sachlichen Elementen zu einem künstlichen Wirkungszusammenhang. “ (Rammert 1989, S.130 und 133). Die mit einer solchen weiten Auslegung verbundene Problematik einer scheinbar ununterscheidbaren Auflösung des Technischen im Sozialen wird in dem 2. Kapitel der vorliegenden Arbeit noch einmal aufzugreifen sein. An dieser Stelle ist zunächst im Sinne begrifflicher Annäherungen noch auf eine mögliche Unterscheidung von “Technik” und “Technologie” hinzuweisen. Wenngleich die Begriffe auch in wissenschaftlichen Arbeiten immer häufiger synonym verwandt werden und daraus auch kein Prinzipienstreit entstehen sollte, bietet es sich an, den Technologie-Begriff für “(technisches) Wissen (allgemeine Möglichkeiten), das bei praktischer Anwendung zur Technik wird” (Böhret 1988, S. 113; ausführlicher Böhret 1987) zu reservieren.

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  3. Beispielhaft mag dafür die Aussage in einem Memorandum zur sozialwissenschaftlichen Technikforschung in der Bundesrepublik Deutschland stehen: “Erst eine systematische Erweiterung der Wirkungsforschung um den bisher weit weniger gut untersuchten Prozeß der Erzeugung und Durchsetzung technischer Innovationen, d.h. um die Entwicklungs- und Anwendungsdimensionen der Technik, wird die sozialwissenschaftliche Technikforschung in den Stand setzen, den Anforderungen aus der gesellschaftlichen Praxis verantwortungsvoll zu genügen. Erst in einer solchen Perspektive erschließen sich auch praktische Handlungsdimensionen, die sich nicht mehr allein an der — oft zu späten — Schadensminimie-rung negativer Technikfolgen orientiert, sondern durch eine frühzeitige Verschränkung technologischer Entwicklungen mit gesellschaftlichen Zielsetzungen und Erfordernissen das Ausmaß solcher negativer Technikfolgen von vornherein zu reduzieren versucht.” (Memorandum 1984, S.10)

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  4. In diesem Kurzüberblick liegt die Betrachtungsperspektive vor allem auf der Wirkung und Rezeption der verschiedenen theoretischen Konzeptionen. Selbstverständlich lassen sich auch hier in ihren je eigenen Traditionslinien Kontinuitäten erkennen, wo die Ablösung einander konkurrierender Konzeptionen als Brüche erscheinen.

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  5. Zu Schumpeter und seiner Rezeption siehe insbesondere den Abschnitt 2.3. der vorliegenden Arbeit.

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  6. Es würde den Rahmen dieses Abschnitts sprengen, diese Traditionslinien weiter zu verfolgen. Wenn für unseren Zusammenhang relevante Bezugspunkte eine Ausführung verlangen, so geschieht dieses an entsprechender Stelle (vgl. dazu die Abschnitte in dem zweiten Kapitel). Dieses trifft auch für weitere “Theorieangebote” zu, die aus einer Gesamtperspektive die technische Entwicklung untersuchen, etwa der anthropologische Ansatz von Gehlen (1953; 1957), die kulturhistorischen Studien von Mumford (1936; 1974) oder die schon frühe Arbeit zu einer “Sociology of Invention” von Gilfillan (1935), die nun “wiederentdeckt” wurde. Einen knappen Überblick dazu bietet Rammen (1988). Es mag auch überraschen, wenn in unserer Darstellung die traditionelle Technikgeschichtsschreibung vernachlässigt wird. Ihre weitgehend “personen- und ereignisorientierte Historiographie” (Ropohl 1919, S.25) als eine letztlich teleologische ausgerichtete Erfolgsdarstellung blendet jedoch gerade die für die Technikgeneseforschung konzeptionell wesentlichen Such- und Formierungsprozesse aus. Wichtige Ausnahmen in diesem Bereich sind etwa die Untersuchungen von Radkau (1989), vgl.auch jüngst dazu Knie (1991, S.55ff.); natürlich gehören dazu auch die über ihre Disziplingrenzen weite Aufmerksamkeit gefundenen Arbeiten von Hughes (1983) und Noble (1984), auf die im 2. Kapitel noch einzugehen sein wird.

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  7. Siehe ausführlicher dazu den Abschnitt 2.1. der Arbeit.

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  8. Die ersten 15 Jahre sind gut dokumentiert in von Thienen 1986, siehe auch aus einer kaum mehr überschaubaren Fülle von Beiträgen z.B. Catenhusen 1988.

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  9. Aus der Vielzahl der mittlerweile existierenden Definitionen sei hier eine “klassische” von einem Pionier dieser Forschungsrichtung vorgestellt: “Technology Assessment is the systematic identification, analysis, and evaluation of the full range of social impacts, both beneficial and detrimental, which may result from the introduction of a new technology or the changes in the application und utilization of existing technology. In technology assessment, great emphasis is placed on secondary and higher-order impacts (that is, on unplanned and unintentional consequences) which affect social, cultural, institutional, political, economic, and environmental systems and processes of society. Technology assessment is intended to illuminate societal options and thereby provide a neutral and objective input into public decisionmaking. “ (Coates 1972, p.IX). Der Begriff selbst wurde angeblich anläßlich eines Frühstücks in einer Diskussion von Daddario, der später auch der erste OTA-Direktor wurde, mit anderen Parlamentarien geprägt (vgl. Chedd 1973, S.490). Zur Entstehung und Entwicklung des TA-Gedankens sei hier auf die sehr materialreiche Arbeit von Lohmeyer (1984) verwiesen. Die hiesige Diskussion begleiteten von ihren Anfangen Dierkes 1974; Paschen,Gresser, Conrad 1978; Böhret,Franz 1982.

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  10. Neben der bereits erwähnten Untersuchung von Lohmeyer 1984, Kapitel 2, vgl. als kurze Überblicksdar-stellungen dazu z.B. Jochem 1976, S.62ff.; Naschold 1987.

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  11. Zu Anwendungsfallen aus der Praxis siehe die Beiträge in Mai 1990. Ein generell für die Neuorientierung der TA-Forschung interessantes Beispiel bietet die Diskussion in den Niederlanden, wo neben “klassischer TA” insbesondere der Ansatz eines “Constructive Technology Assessments” verfolgt wird, der gerade die frühen Phasen der Technikentwicklung einzubeziehen versucht (vgl. van Boxsel 1988; Dierkes 1991). Dessen konzeptioneller Hintergrund, die enge Beziehung zur sozialkonstruktivistischen Technikforschung, wird noch im 2. Kapitel der vorliegenden Arbeit zu behandeln sein. In der Bundesrepublik Deutschland lassen die vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) vorgelegten Richtlinien zur “Technikbewertung” insgesamt auch eine konzeptionelle Öffnung erkennen, die insbesondere vor dem Hintergrund der Tradition ingenieurwissenschaftlicher Technikforschung zu würdigen ist (vgl. dazu König 1988, S.118ff. mit dem dort abgedruckten Textentwurf; weitergehend Ropohl 1988b, S.15ff.).

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  12. Einen Überblick über den Stand der “Technikgeneseforschung” in einzelnen Ländern bietet Mitteilungen 8/1991.

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Prätorius, G. (1993). Technikdiskurse — eine Annäherung. In: Das PROMETHEUS-Projekt. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96345-1_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96345-1_2

  • Publisher Name: Gabler Verlag, Wiesbaden

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