Zusammenfassung
Das Volk ist der Souverän. Alle Staatsgewalt, so sagt die Verfassung, gehe vom Volke aus. Nachdem es sich vier Jahre lang durch gewählte Abgeordnete hat vertreten lassen, tritt es jetzt selbst hervor, um ein Urteil abzugeben und seinen Willen kund zu tun. Die Rede geht, das Parlament trete ab und lege sein Mandat »in die Hände des Volkes zurück«. Oder auch: die Entscheidung selber kehre zum Volk zurück. Was für eine Entscheidung? Die Entscheidung worüber? Und wie vollzieht sich solche Entscheidung? Ist es überhaupt eine Entscheidung? — Dem abgebrühten Sinn mögen jene herkömmlichen Formeln als großspurig und trügerisch erscheinen. Einmal nämlich ist das Urteil und die Willenskundgabe des Volkes in den Akt der Wahl von neuen Abgeordneten eingekleidet oder verkleidet. Zudem kann auch von einer Erneuerung des parlamentarischen Personals nur beschränkt die Rede sein. Wenn auch neue Personen auftreten, so bleiben doch die Parteien die alten, wenigstens im großen und ganzen. Und mit den Kandidaten wählen die Wähler unvermeidlich zugleich die Instanzen, die die Kandidaten aufgestellt haben, das sind die Parteien.
Erschienen in der Zeitschrift »Die Gegenwart«, 8. Jahrgang, Nr. 184, vom 4. Juni 1953, S. 390–92, während des zweiten Bundeswahlkampfes.
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© 1964 Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen
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Sternberger, D. (1964). Ein Katechismus für den Wähler. In: Die große Wahlreform. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96238-6_9
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