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Part of the book series: DUV: Wirtschaftswissenschaft ((DUVWW))

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag zeigte auf, wie sich aus der Perspektive des „non statement view“ die formalsprachliche Darstellung produktionswirtschaftlicher Theorien strukturell bereichern läßt. Dabei konnten einige Einsichten gewonnen werden, die verdeutlichen, daß es sich keineswegs um eine Beschäftigung mit „rein formalen“, infolgedessen „materiell unbedeutsamen“ Aspekten der Theorieformulierung handelt. Vielmehr erwies das strukturalistische Theorienkonzept in mehrfacher Hinsicht seine Fruchtbarkeit. Zu den herausragenden Aspekten gehören:

  • Produktionswirtschaftliche Theorien erhalten eine klare Struktur, indem ihre terminologischen Apparate, ihre wesentlichen gesetzesartigen Aussagen und ihre intendierten Anwendungsbereiche deutlich voneinander getrennt werden.

  • Der Blick für die Bedeutung des terminologischen Apparats einer Theorie wurde geschärft. Terminologische Aspekte ließen sich anhand einer sortierten prädikatenlogischen Ausdrucksweise herausarbeiten. Beispielsweise erlaubte sie eine „natürliche“ Differenzierung zwischen erwünschten, unerwünschten und neutralen Gütern, für die verschiedenartige Produzentenpräferenzen bestehen. In diesem Fall offenbarte sich nebenbei die Unvermeidlichkeit des produktionstheoretischen „Sündenfalls“, wertende Urteile in das Ausdrucksvermögen einer Theorie einzubeziehen.

  • Die zentrale Rolle, die den wesentlichen gesetzesartigen Aussagen bei der Formulierung einer Theorie zukommt, wurde besonders hervorgehoben. Dies veranlaßte u.a. zu der Einsicht, daß die Behauptung, verbrauchsanalytische Theorien folgten als Spezialisierungen aus einer fundamentalen aktivitätsanalytischen Theorie, nicht aufrechterhalten werden kannt).

  • Die Festlegung eines intendierten Anwendungsbereichs lenkte die Aufmerksamkeit auf Interpretations- und Randbedingungen. Die Interpretationsbedingungen veranlassen, bei der Theorieformulierung auf die formale und materiale Semantik der benutzten formalsprachlichen Terminologie zu achten. Die Randbedingungen schaffen Klarheit darüber, daß die wesentlichen gesetzesartigen Aussagen einer Theorie im allgemeinen keinen raumzeitlich ubiquitären Geltungsanspruch erheben. Statt dessen werden sie in der Regel Geltungseinschränkungen unterworfen, die einen Rahmen für intendierte Theorieanwendungen abstecken. Beispielsweise ließ sich die Geltungseinschränkung, Güterpräferenzen dürften nicht mengenabhängig variieren, formalsprachlich explizieren — und auch überwinden.

  • Der holistische Charakter einer Theorie tritt in ihrer empirischen Gesamthypothese zum Vorschein: Nicht einzelne nomische Hypothesen einer Theorie werden hinsichtlich ihres empirischen Geltungsanspruchs überprüft, sondern stets eine Theorie als Ganzes. Der Theorieholismus wird im Konzept der Theorie-Holone sogar noch ausgeweitet auf den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Theorienetzen.

  • Die Möglichkeit, evolutionäre und revolutionäre Entwicklungen mit der Hilfe von Theorienetzen zu konzeptualisieren, stellt ein Novum dar. Sie zeichnet sich vor allem durch drei Aspekte aus. Erstens erlaubt die Unterscheidung zwischen netzinternen und netzübergreifenden Theorieveränderungen, eine präzise Trennlinie zwischen Theorieevolutionen und Theorierevolutionen zu ziehen (Konzeptualisierungsschärfe). Zweitens läßt sich die Vielfalt der strukturalistischen Spezialisierungs- und Erweiterungsrelationen benutzen, um innerhalb eines Theorienetzes fort- oder rückschrittliche Theorieentwicklungen differenziert zu beurteilen (Konzeptualisierungsbreite). Drittens können anhand der reichhaltig strukturierten Theorieformulierungen jene Ursachen identifiziert werden, auf denen die Entwicklungsfortschritte oder -rückschritte letztlich beruhen (Konzeptualisierungstiefe).

  • Die weitreichende Widerlegungsresistenz produktionswirtschaftlicher Theorien läßt sich rational erklären. Wissenschaftspsychologische und -soziologische Erklärungsansätze, die z.B. auf Ideen von Kuhn oder Lakatos zurückreichen, brauchen nicht bemüht zu werden. Insbesondere die klare Trennung zwischen dem Theoriekern und seinem intendierten Anwendungsbereich erlaubt es einzusehen, warum am Kern einer Theorie festgehalten werden kann, obwohl ihre empirische Gesamthypothese durch Überprüfung von intendierten Theorieanwendungen widerlegt worden ist. Verfeinerungen der Widerlegungsresistenz folgen aus dem Konzept der Theorienetze. Dazu gehört vor allem die Option, im Widerlegungsfall eine Anwendungsspezialisierung auszuführen. Sie hängt eng mit Stegmüller’s Anregung zusammen, den intendierten Anwendungsbereich einer Theorie durch paradigmatische Beispielanwendungen offenzuhalten.

  • Die Fortschrittsrelationen des strukturalistischen Theorienkonzepts gestatten es, ein mehrdimensionales Beurteilungsraster für die Fortschrittlichkeit produktionswirtschaftlicher Theorien zu entfalten. Dabei werden drei Fortschrittsdimensionen von den präzisionalen und den variationalen Theoriekapazitäten sowie von den empirischen Theorieevidenzen aufgespannt.

  • Die Inkommensurabilitätsthese wird so modifiziert, daß sich ihr Geltungsanspruch anhand von drei Bereichen präzise beurteilen läßt: Im Bereich starker Theorienvergleichbarkeit kann die Inkommensurabilitätsthese nicht angewendet werden. Im Bereich schwacher Theorienvergleichbarkeit wird sie widerlegt. Im Restbereich erfährt die Inkommensurabilitätsthese eine verfeinerte Bestätigung.

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Anmerkungen zum Kapitel

  1. Einsichten dieser Art unterstreichen, daß sich durch die konsequente Anwendung des strukturalistischen Theorienkonzepts durchaus produktionswirtschaftlich interessante Erkenntnisse gewinnen lassen. Daher vermag der Verf. nicht der Ansicht von KöTTER zuzustimmen, daß von diesem Konzept “nur ein ganz vager analoger Gebrauch gemacht werden kann” (Kötter (1983), S. 341).

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  2. Darüber hinaus lassen sich weitere interessante, derzeit noch kaum gelöste Probleme aufzeigen. Stellvertretend für diese offenen Fragestellungen wird auf zwei Schwierigkeiten verwiesen, die im Zusammenhang mit strukturalistischen Restriktionen auftraten. Dabei handelt es sich einerseits um die gesetzesartige Verknüpfung von Parameterfestlegungen für dynamische Produktionsfunktionen, sofern sich die Verknüpfung der Festlegungen nicht durch ein einfaches Verlaufsgeselz ausdrücken läßt. Andererseits ist die Anforderung betroffen, daß bei quantitativen Anpassungen, die in einem verbrauchsanalytischen Theorienetz durch den Übergang zwischen unterschiedlichen Theorieelementen erfolgen, die Abbildungsvorschriften der Verbrauchsfunktionen nicht verändert werden dürfen.

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  3. KOTTER (1983), S. 335, scheint dies für unproblematisch zu halten. Er glaubt, “die bekannte Typologie der Produktionsfunktionen als Theorienetz” darstellen zu können. Der Verf. sieht dies anders. Seine früheren Ausführungen zur Unmöglichkeit, aktivitäts-und verbrauchsanalytische Theorien in einem gemeinsamen Theorienetz zusammenzuführen, haben die Schwierigkeiten exemplarisch verdeutlicht. Übrigens führt KOTTER seinen Vorschlag an keiner Stelle konkret aus.

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Zelewski, S. (1993). Resümee und Ausblick. In: Strukturalistische Produktionstheorie. DUV: Wirtschaftswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96173-0_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96173-0_7

  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8244-0154-3

  • Online ISBN: 978-3-322-96173-0

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