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Zur Einführung: Friedensforschung post eventum

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Part of the book series: Biographie & Gesellschaft ((BUG,volume 20))

Zusammenfassung

Die “neue Friedensbewegung” war von Anfang an in hohem Maße durch Multi- und Internationaliät gekennzeichnet. Sie war außer in den USA vor allem in westeuropäischen Ländern angesiedelt (vgl. z.B. Bredow und Brocke 1987, 103ff, Roth 1985, Steinweg 1982, 258ff). Dieser multi- und internationale Status, der nicht zuletzt auf einige allgemeinere Bedingungen und Merkmale der Friedensbewegungen in verschiedenen Ländern verweist, schließt selbstverständlich die Existenz nationaler Spezifika hinsichtlich der Konstitution und der Charakteristik dieser ehemals größten der sogenannten “neuen sozialen Bewegungen” keineswegs aus. In der Bundesrepublik Deutschland hat die Friedensbewegung bekanntlich im ersten Drittel der achtziger Jahre in der Form einer Massenbewegung ihre eindrucksvolle Entfaltung gefunden.1Einige wenige Stationen und Aspekte dieser sozialen Bewegung sollen im folgenden kurz angesprochen werden. Diese Skizze dient allein einer selektiven chronologischen Retrospektive, die in einem ersten Schritt an das Thema der vorliegenden empirischen Studien heranführen soll, in denen in einer handlungswissenschaftlich-psychologischen “Mikroperspektive” der subjektive und soziale Handlungssinn des friedenspolitischen Engagements ausgewählter Akteure analysiert wird.2

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Literatur

  1. Wenn in der vorliegenden Arbeit von der Bundesrepublik Deutschland die Rede ist, ist damit das “westdeutsche” Gebiet der sogenannten “alten Bundesländer” gemeint Von der Friedensbewegung in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ist im folgenden nicht die Rede. Im übrigen beziehen sich meine Ausführungen generell auf gesellschaftliche, politische und psychosoziale Wirklichkeiten vor der Zeit der umbruchartigen Veränderungen in Ostdeutschland bzw. Osteuropa.

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  2. Ausführlichere wissenschaftliche Analysen der Friedensbewegung(en) liegen mittlerweile vor. Ich werde im folgenden nur selektiv auf solche Forschungsergebnisse Bezug nehmen, in denen aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven historische, politische und soziale Voraussetzungen und Rahmenbedingungen oder spezifische Charakteristika der Friedensbewegung thematisiert werden, wie zum Beispiel deren Programmatik, Motive, Intentionen und Aktionsformen, deren heterogene Zusammensetzung, deren Kommunikations- und Mobilisierungskanäle und Mobilisierungsagenten, deren Organisations- und Institutionalisierungsformen etc. Als informative Arbeiten, die theoretische Konzeptualisierungen, deskriptive Charakterisierungen und/oder explanative Analysen dieser “sozialen Bewegung” anbieten, vgl. beispielsweise Brand, Büsser und Rucht (1983), Brand (1985), Bredow und Brocke (1987), Janning, Legrand und Zander (1987), Rochon (1988), Roth (1985), Roth und Rucht (1987), Schmitt (1990), Steinweg (1982), Wasmuth (1987). In diesen Arbeiten werden vorwiegend soziologische, politologische und historische, aber auch (sozial-) psychologische Aspekte erörtert. Auf die spezifisch psychologische Friedensforschung komme ich in Kapitel 3 zu sprechen.

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  3. Im zuletzt angesprochenen Zusammenhang sind nicht zuletzt die im sensiblen Grenzbereich des “zivilen Ungehorsams” angesiedelten Widerstandsformen interessant, wie sie etwa mit dem Namen des “Stationierungsortes Mutlangen” verbunden sind. Zur rechtsphilosophischen und politisch-philosophischen Interpretation und Begründung derartiger Versuche der “radikaldemokratischen Willensbildung” vgl. z.B. Habermas (1985).

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  4. Bei aller thematischen Breite konzentrierte sich die Friedensbewegung (in einer bestimmten Phase) dennoch auf ein in zeitlicher Nähe liegendes politisches Ziel: die Verhinderung der sogenannten “Nachrüstung”. Diese Konzentration wurde und wird bekanntlich häufig genannt, sobald es um die Erklärung der Demobilisierung und des Niedergangs der Friedensbewegung nach dem Beginn der Stationierung der Mittelstreckenraketen geht. Vgl. hierzu auch die psychoanalytisch begründete Diagnose “depressiver Muster in der westdeutschen Friedens- und Ökologiebewegung”, wie sie Hilgers (1990) u.a. unter Bezugnahme auf die damalige Realisierung des NATO-Doppelbeschlusses formuliert.

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  5. Ein gewisses Indiz für noch vorhandene Remobilisierungspotentiale lieferten vielleicht die anläßlich des sogenannten “Golf-Krieges” zu Beginn des Jahres 1991 erfolgten Protestaktionen (vor allem in der Bundesrepublik Deutschland). Inwieweit sich diese Deutung aufrechterhalten läßt, ist allerdings eine empirisch zu klärende Frage. Generell ist davor zu warnen, partielle thematische und programmatische Analogien und Parallelen kollektiver friedenspolitischer Aktionen gleich zur Behauptung einer nur zeitweise unterbrochenen Kontinuität “der” Friedensbewegung zu überhöhen. Vgl hierzu die — m.E. allerdings überpointierte — Bemerkung Schmitts, der schon jede Kontinuität zwischen der “neuen” Friedensbewegung der achtziger Jahre und den sogenannten “Vorläuferbewegungen” bestreitet. Derartige Deutungen verdecken seines Erachtens die entscheidenden Differenzen und “Verschiebungen der Trägergruppen und ihrer Motive, der relevanten Mobilisierungsagenten, der gesellschaftlichen Kommunikationsstrukturen und der allgemeinen Orientierungen zur politischen Beteiligung” (Schmitt 1990, 20). Wie die vorliegenden empirischen Studien zeigen werden, können solche Bezugnahmen auf Traditionen und Vorläuferbewegungen für das Selbstverständnis und die Praxis von Individuen (und Kollektiven) durchaus relevant sein. Insofern dies in einem quantitativ erheblichen Ausmaß der Fall ist, wäre eine — freilich zu spezifizierende — Kontinuitäts-These auch auf historischer, soziologischer, sozialpsychologischer und politologischer Ebene nicht völlig verfehlt.

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  6. Zum zuletzt genannten Punkt vgl. unter anderem auch den vor kurzem erschienenen, philosophischen Entwurf einer “Ethik zum nuklearen Frieden” von Henrich (1990), dessen von Tugendhats “nuklearpazifistischen” Überlegungen erheblich abweichende Schlußfolgerungen hier nicht zur Debatte stehen. — Das soeben erwähnte Erfordernis ist im Grunde genommen offenkundig politischer Natur, mit welchen gedanklichen — wissenschaftlichen, philosophischen, künstlerischen oder alltagsweltlichen — Mitteln auch immer versucht wird, über Krieg und Frieden sowie die Atomkriegsgefahr nachzudenken. Allerdings darf, um es zurückhaltend zu formulieren, zumindest in Erwägung gezogen werden, ob und in welcher Weise es im Umfeld dieses Nachdenkens über Kriegszustände, Kriegsgefahren und Friedenschancen auch um eine Reflexion des Wandels unserer Kultur und damit des Wandels des Selbst- und Weltverständnisses jedes Einzelnen geht. Manche Autoren vertreten die Auffassung, daß es in der Tat sogar primär um letzteres geht oder wenigstens gehen sollte, sobald vom Atomkrieg die Rede ist. Dies etwa ist der Sinn von Sloterdijks “Bombenmedita-tion”: “Die Bombe ist keine Spur böser als die Wirklichkeit und um kein Haar destruktiver als wir. Sie ist nur unsere Entfaltung, eine materielle Darstellung unseres Wesens. (...) Angesichts einer solchen Maschine sind nicht strategische Erwägungen am Platz, sondern ein großes Hinhorchen. Die Bombe fordert von uns weder Kampf noch Resignation, sondern Selbsterfahrung. Wir sind sie. In ihr vollendet sich das westliche ’Subjekt’” (Sloterdijk 1983, 259). Im Gegensatz zu Sloterdijks (zu?) radikaler Skepsis gegenüber allen “äußeren Wegen”, die, “so gut sie gemeint sein mögen, (...) doch wieder in dem unwiderstehlichen Hauptstrom zur Aufrüstung” (a.a.O., 259) kulminieren, ging die Friedensbewegung wohl vor allem einen solchen äußeren Weg.

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  7. Die letzte Formulierung ist durchaus mit Bedacht gewählt. Mit ihr wird auf ein “Menschenbild” Bezug genommen, das sich sowohl von der Vorstellung eines heteronom bestimmten, “reaktiven Organismus”, als auch von jenem Verständnis des Menschen als einem “producer of his own development” unterscheidet, wie es heute insbesondere in entwicklungspsychologisch orientierten Handlungstheorien anzutreffen ist (vgl. z.B. Brandtstädter 1984, 1985).

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© 1993 Leske + Budrich, Opladen

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Straub, J. (1993). Zur Einführung: Friedensforschung post eventum. In: Geschichte, Biographie und friedenspolitisches Handeln. Biographie & Gesellschaft, vol 20. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96038-2_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96038-2_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-322-96039-9

  • Online ISBN: 978-3-322-96038-2

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