Mit dem Wind im Rücken — Porträt des Reformpädagogen Alfred Lewinnek

Zusammenfassung

„Wir treffen uns also morgen mit den Fahrrädern und fahren wie verabredet immer mit dem Wind im Rücken!“ Dieser Ausspruch stammt von Studienrat Alfred Lewinnek am Tage vor einer Mehrtagestour, die in den Harz und — weil der Wind sich drehte — schließlich nach Hamburg führte. Zwar sind auch von Kollegen derartige Verabredungen überliefert, z.B. auf der Fähre in Trelleborg: „Also bis in zwei Tagen! Wir treffen uns in Stockholm am Rathaus...“ oder „Wer zu spät kommt, muß sich selbst eine Überfahrt nach London suchen!“. Aber für einen sehr gewissenhaften Studienrat, einen „Mathematiker“, wie Kollegen Lewinnek gern nannten, der schon mal im Stoff ein halbes Jahr Vorsprung haben konnte, ist das doch etwas ungewöhnlich. Diese Äußerung ließ mich nicht los und wurde zum Ausgangspunkt einer ersten Arbeit über das Leben des durch die Rassengesetze zum Juden gestempelten Reformpädagogen Alfred Lewinnek.¹ Der hier vorliegende Beitrag ist ein Ausschnitt daraus, der vor allem die Neuköllner Jahre von 1924 bis 1933 umfaßt und um weitere Einzelheiten ergänzt wurde. Grundlage dafür waren Schulmaterialien und Gespräche mit fast 20 von Lewinneks Schülerinnen und Schülern sowie Dokumente und Erzählungen seiner in England lebenden Witwe, die mir zwei lange Tage voller Informationen schenkte.