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Verschwiegene Zeiten — Erinnerungen an meine Schulzeit in den zwanziger Jahren

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Zusammenfassung

Die Erinnerungen sogenannter Ehemaliger lesen sich meist sehr unterhaltsam. Bei der Lektüre der vielen launigen Episoden und anekdotenhaften Erzählungen wird sich mancher Leser an seine eigene Schulzeit zurückerinnern und viel Vertrautes wiedererkennen. Auch die Muster, nach denen erzählt wird, wirken merkwürdig vertraut. Entweder wird die Vergangenheit nach dem Vorbild der unsterblichen „Feuerzangenbowle“ verklärt, oder es findet eine späte Abrechnung mit der Schule statt, um noch nachträglich die als quälend und leidvoll erfahrene Zeit zu bewältigen. Für den Historiker sind diese Erinnerungen auf den ersten Blick wenig ergiebig, denn die schulpolitischen Probleme der damaligen Zeit werden selbst in der Rückschau nur selten reflektiert. Das hat dann zur Folge, daß sich Erinnerungen Ehemaliger, da sie sich zu sehr im Anekdotischen verlieren, von den (Schul-)Historikern als eher belanglos beiseite geschoben werden. Schulgeschichte wird dann manchmal sehr theoretisch und abgehoben analysiert, etwa indem Lehrpläne, Erlasse, Lehrbücher oder Themen der Abiturarbeiten genauer untersucht werden. All diese Arbeiten haben sicher ihren Wert, aber sie können auf manche Fragen nur unzureichende Antworten geben.

Der Text ist eine erweiterte und leicht redigierte Fassung des ersten Teils von Herbert Crügers Autobiographie Verschwiegene Zatut — Vom geheimen Apparat der KPD ins Gefögnis der Staatssicherheit. Berlin 1990. Crüger, Jahrgang 1911, war Mitbegründer der HJ in Neukölln. Er gehörte zum Strasserflügel der SA, verließ 1930 die „Bewegung“ und gelangte auf einigen Umwegen 1932 zur KPD. Das Buch beschreibt seinen Weg vom Widerstand, von Gestapo-Haft und Exil über den Aufbau im Westen („Stalin am Neckar“), den Wechsel in die DDR bis zu seiner Dozententätigkeit an der Humboldt-Universität und seiner Verhaftung 1958. Crügers Bericht ist ein anregendes Geschichts- und Geschichtenbuch.

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Anmerkungen

  1. Alfred Ehrentreichs Aufsatz „Prügelnde Götter–Eine Kulturschande der Volksschule!“ — Die neue Erziehwg,H.12 (1927) sorgte kurzfristig fir Wirbel in Neukölln. Ehrentreich hatte Aufsätze seiner Schüler, die von den Gemeindeschulen zum KFR übergewechselt waren, ausgewertet und die Prügelszenen einiger Volksschullehrer (ohne Namensnennung) öffentlich gemacht. Ehrentreich erhielt einen freundlichen Verweis, die Fälle aber wurden nicht weiterverfolgt. Aus den Akten im Rathaus Neukölln läßt sich ersehen, daß auch in den 20er Jahren geprügelt wurde: „mehrere Fälle, in denen ein Ueberschreiten des Züchtigungsrechtes vorlag“ (Nr. 1550, Treffen der Schulräte 14.5.1926). „Die Anfrage des Bez.-V. Schulz bezüglich der Anwendung des Züchtigungsrechts in den Neuköllner Schulen wird bis zur Nachprüfung der Fälle, die zur Anfrage geführt haben, zurückgestellt“ (Nr. 37, 30.5.1932). Seit dem Erlaß vom 24.4.1920 lag der Verzicht auf das Züchtigungsrecht nahe. Erst 1929 wurde das Verbot der Körperstrafe offiziell ausgesprochen. Am 20.2. 1933 wurde die Prügelstrafe zur „Aufrechterhaltung der Schulzucht“ wieder eingefiihrt. Vor allem Schiller der aufgelösten Lebensgemeinschafts- und Sammelschulen spürten den Wandel am deutlichsten.

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  2. Dr. Benno Schneider verkörperte wie kaum ein anderer Neukönner Studienrat das Idealbild eines Gebildeten in Uniform, eine Mischung aus Oberlehrer und Offizier, wie sie der Gebildeteten Reformbewegung als Leitfigur vorschwebte. 1881 als Sohn eines Pfarrers geboren, bestand er 1900 die Reifeprüfung an der berühmten Schule von Schulpforta. Schneider studierte Religion, Hebräisch, Geschichte und promovierte 1905 zum Dr. phil. Über Posen und Lübeck kam er 1911 als Oberlehrer nach Rixdorf an die Albrecht-Dürer-Oberrealschule. Im gleichen Jahr wurde er zum Reserveoffizier befördert. Vom ersten Mobilmachungstag bis zum 18.12.1918 gehörte er dem Feldheer an. Sein Bruder war im Krieg gefallen, er selbst wurde schwer verletzt und erhielt das Goldene Verwundetenabzeichen. Dekoriert mit EKI und EKII wurde er als Oberleutnant entlassen. Zusammen mit Ulrich Haacke und Bernhard Kumsteller veröffentlichte er Geschichtsbücher für alle Klassenstufen und Schultypen. Sein Geschichtsbuch gehörte ebenso zu den Standardwerken in der Weimarer Republik wie sein Staatsbürgerkundebuch, das er zusammen mit Haacke verfaßt hatte: Dein Staat und Dein Volk. Eine Staatsbürgerkinde. Leipzig 1929. Schneider ist in seiner unterrichtlichen Tätigkeit, ganz gleich, in welchem System, stets überaus positiv beurteilt worden. Die Gutachten 1911, 1926 und 1935 heben jeweils seine Führungseigenschaften hervor. Nach dem Machtwechsel 1933 wurde er von den Nazis zum Schulleiter der Walther-Rathenau-Schule bestimmt.

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  3. Unter der Parole „Politik muß aus der Schule herausgehalten werden` wurde an vielen Gymnasien teils offen, teils versteckt gegen die Republik gearbeitet. Vor allem die VDA-Gruppen (Verein für das Deutschtum im Ausland) wurden zum Sammelbecken deutschnationaler und völkischer Ideen. Vgl. E. Meier: Feste mit verjrajten Sinn… Berlin 1983, S.75–85 und den Aufsatz „Geschlossene Gesellschaft“ in diesem Band

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  4. Siehe auch B. Jahntz, V. Kähne: Der Volksgerichtshof. Darstellung der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin gegen ehemalige Richter und Staatsanwälte am Volksgerichtshof. Berlin 1986, S. 78–82. J. Friedrich: Freispruchfilr die Nazi -Justiz. Die Urteile gegen NS-Richter seit 1948. Eine Dokumentation. Reinbek 1983, bes. S. 471

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Crüger, H. (1993). Verschwiegene Zeiten — Erinnerungen an meine Schulzeit in den zwanziger Jahren. In: Radde, G., Korthaase, W., Rogler, R., Gößwald, U. (eds) Schulreform — Kontinuitäten und Brüche Das Versuchsfeld Berlin-Neukölln. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96020-7_10

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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