Zusammenfassung
Nach wie vor kreist die öffentliche Diskussion um die Zuwanderung ganz überwiegend um Art. 16, genauer um Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. Art. 16 GG stehe, so wird suggeriert, jeder politischen Regulierung und Begrenzung der Zuwanderung entgegen. Lösbar würden die Probleme erst mit seiner Änderung oder besser noch Abschaffung. Eilfertig werden in dieser Perspektive dann die verschiedensten Vorschläge entwickelt: Die Rede ist von Länderlisten, von Aufnahmequoten, von europäischer Harmonisierung und Zuteilung der Asylsuchenden auf verschiedene Staaten. Vorgeschlagen wird, denjenigen, die ihren Paß vernichtet haben, das Asyl zu verweigern und Asylbewerber gleich an der Grenze zurückzuweisen, bzw. auch: Asylbewerber sollten doch ihr Asylbegehren von ihrem Heimatland aus gerichtlich einfordern. Asyl soll, so der deutlichste Vorschlag, zum Gnadenerweis werden. Gnade statt Recht also — wobei mit Gnade gemeint ist, daß man nach Belieben ausweisen will; eine sehr gnädige Haltung gegenüber den Asylbewerbern steht hinter solchen Vorschlägen nicht.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Vgl. O. Kimminich, Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 16, Drittbearbeitung 1984, Rn. 150.
Vgl. BVerfGE 80, 315, 343; 76, 143, 156 f.; BVerfGE 79, 143, 145; 67, 184, 186.
A. Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law, Bd. 1, 1966, S. 189 ff.;
W. Kälin, Das Prinzip des non-refoulement, 1982, S. 150 f.;
G. Köfner/P. Nicolaus, Grundlagen des Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 162;
M. Marugg, Völkerrechtliche Definitionen des Ausdrucks “Flüchtling”, 1990, S. 199 f.
Schutz können solche Flüchtlinge aber unter Umständen durch Art. 3 EMRK erhalten; vgl. dazu die Entscheidungen des EGMR 1991, S. 203 ff und NVwZ 1992, S. 869 ff. Auf den Schutz der EMRK, der nicht an der spezifischen Flücht-
lingsproblematik, sondern an dem Verbot von “Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung” ansetzt, wird im folgenden nicht näher eingegangen.
BVerfG 54, 341,356.
Vgl. hierzu etwa O. Kimminich (Fn. 2), Art. 16 Rn. 198 ff.
BVerwGE 79, 143.
G. Köfner/P. Nicolaus (Fn. 4), S. 475 f.
Zu den anderen Ausschlußgründen gemäß Art. 1 F GFK vgl. G. Köfner/P. Nicolaus, aaO., S. 518 ff.
BVerfG 81, 142, 152; 80, 315, 339 ff.
BVerfGE 74, 51, 56 ff.
A. Grahl-Madsen (Fn. 4), S. 94, 151 f., 242 ff.; W. Kälin (Fn. 4), S. 155; A. Roth, ZAR 1988, S. 164, 166; a.A. St. Schmid, ZaöRV 1991, S. 1 ff. 14 BVerfGE 74, 51, 67.
Vgl. BVerwGE 79, 347; 78, 332.
G.-H. Gornig, EuGRZ 1986, S. 521, 523; W. Kälin (Fn. 4), S. 105 ff.;
R. Marx, Eine menschenrechtliche Begründung des Asylrechts, 1984, S. 117.
K. Hailbronner, Asylrecht und Völkerrecht, in: Beitz/Wollenschläger (Hg.), Handbuch des Asylrechts, 1980, S. 69, 93;
K. Hailbronner, Möglichkeiten und Grenzen einer europäischen Koordinierung des Einreise- und Asylrechts, 1983, S. 38 ff.; G. Köfner/P. Nicolaus (Fn. 4), S. 140 f.;
E. Reichel, Das staatliche Asylrecht “im Rahmen des Völkerrechts”, 1987, S. 39 ff.; auch A. Grahl-Madsen (Fn. 4), Bd. 2, 1972, S. 108, allerdings mit einer sehr restriktiven Interpretation hinsichtlich der Grenzüberschreitung (S. 334 ff.).
Vgl. dazu etwa G. Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 1983, S. 105 f.;
H.-I. von Pollern, Das moderne Asylrecht, 1980, S. 131.
Eine Ausnahme gilt gem. Art. 33 Abs. 2 GFK nur für einen Flüchtling, der “aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde”.
Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich von Art. 32 und 33 GFK; aus der Literatur vgl. A. Grahl-Madsen (Fn. 4), Bd. 2, 1972, S. 93 f., 223 f., 334;
K. Hailbronner, Asylrecht und Völkerrecht, in: Beitz/Wollenschläger (Hg.), Handbuch des Asylrechts, 1980, S. 69, 93.
Vgl. K. Hailbronner, aaO., S. 94.
So jedenfalls P. van Dijk/G. J. H. van Hoof, Theory and Pracitce of the European Convention on Human Rights, 1984, S. 199; K. Hailbronner, ZAR 1992, S. 51, 55; W. Kälin (Fn. 4), S. 169 f.
Vgl. § 74 AuslG.
Auch diese Vorstellung ist in der Diskussion um eine politische Neuregelung aufgekommen; schon angesichts des Art. 34 des Status des IGH kann sie nur als abwegig bezeichnet werden.
Vgl. etwa Ch. Tomuschat, ZAR 1984, S. 98, 101; K. Hailbronner, Möglichkeiten und Grenzen einer europäischen Koordinierung des Einreise- und Asylrechts, 1983, S. 41;
vgl. auch die Entschließung des UNHCR-Exekutivkommittees, abgedruckt bei J. Henkel, Internationaler und nationaler Rechtsschutz für Flüchtlinge, in: O. Benecke-Stiftung (Hg.), Praktizierte Humanitas: Weltproblem Flüchtlinge — eine europäische Herausforderung (1981), S. 305, 312 ff.
abgedruck bei K. Hailbronner, aaO. S. 43 f.
Vgl. C. D. Classen, Asylrecht: Muß der Rechtsstaat kapitulieren?, in: K. Borgmann/M.-E. Geis u. a. (Hg.), Verfassungsreform und Grundgesetz, 1992, S. 133, 154;
T. Einarsen, International Journal of Refugee Law 1990, S. 361, 380 f.; vgl. auch EGMR NVwZ 1992, S. 869, 871 (§§ 125–127).
C. D. Classen, aaO., S. 142.
C. D. Classen, aaO., S. 138; M. Marugg (Fn. 4), S. 245; W. Kälin (Fn. 4), S. 137 (unklar dann allerdings S. 138 f.; diese Ausführungen können richtigerweise nur auf das “wie” des Verfahrens bezogen werden).
BVerfGE 35, S. 382, 401 f.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1993 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Masing, J. (1993). Genfer Flüchtlingskonvention und Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz. In: Blanke, B. (eds) Zuwanderung und Asyl in der Konkurrenzgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96016-0_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96016-0_11
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-322-96017-7
Online ISBN: 978-3-322-96016-0
eBook Packages: Springer Book Archive