Zusammenfassung
Unter den zahllosen Krisen des heutigen Rußland dominiert eine alle anderen: die Krise der Staatsmacht. Aus einem Instrument zur Bewältigung von Konflikten ist die Staatsmacht selbst zur Quelle gefährlicher Spannungen geworden, die das ganze Staatsgefüge durchdringen und die Hoffnung auf eine baldige Normalisierung brüchig erscheinen lassen. Es handelt sich dabei um Machtkämpfe, an denen die Gesellschaft nicht beteiligt ist, hinter denen keine größeren sozialen Schichten, sondern elitäre Gruppen stehen. Damit bricht die für die ganze russische Geschichte typische Kluft zwischen Staat und Gesellschaft, im August 1991 vorübergehend überbrückt, wieder auf; es wächst die Gefahr einer neuen Selbstisolierung der Elite vom Volk und damit die Gefahr autokratischer oder gar totalitärer Tendenzen. Die Ursachen für diese Entwicklung liegen nur zu einem geringen Teil in den Fehlern der Regierung Jelzins; vielmehr basieren sie auf einer Mischung aus mächtigen Relikten der vorbolschewistischen und sowjetischen Geschichte.
Die Krise der Staatsmacht in Rußland hat viele Aspekte; folgende vier erscheinen jedoch besonders gravierend: die mangelnde Legitimität der herrschenden Elite; die Verfassungskrise bzw. das Beharrungsvermögen des Sowjetsystems; die Krise der imperialen Struktur der »rußländischen« Staatlichkeit und die Selbstisolierung der Politik von der Gesellschaft.
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Anmerkungen
Vgl. den Bericht des Forschungszentrums »Rossijskaja Federacija — Politika« in: »Iswestija« vom 30. Oktober 1992.
Vgl. Marina Salje, Lutsche posdno, in »Nesavissimaja Gaseta« vom 25. November 1992.
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen, 1985, S. 570.
Vgl. Bernd Ziesemer, Absurdes Theater, in: »Wirtschaftswoche«, Nr. 49 vom 27. November 1992, S. 46.
Vgl. Alexej Surkow, Abgeordneter des Obersten Sowjets, in: »Iswestija« vom 4. Dezember 1992.
Vgl. Wjatscheslaw Nikonow, Piter Ordeschuk, Federalism, in: »Nesawissimaja Gaseta« vom 22. Januar 1993.
Vgl. Iwan Rodin, Glawnaja ugrosa Federazii — raslad wlastej v Moskwe, in: »Nesawissimaja Gaseta« vom 23. Februar 1993.
Vgl. Tatjana Jarygina, Grigori Martschenko, Regionalnyje prozessy v bywschem SSSR i nowoj Rossii, in: »Swobodnaja mysl«, H. 14/92, S. 24.
Zit. nach: FAZ vom 12. März 1993, S. 10.
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Henke, S. (1993). Staatskrise in Rußland — Ursachen und Ausblicke. In: Jakobeit, C., Yenal, A. (eds) Gesamteuropa. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96011-5_10
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