Zusammenfassung
Wenn der Eindruck stimmt, daß Frauen, diejenigen wenigstens, um die es hier geht, „souveräner“ sind; und wenn sie diese — freilich prekäre — Souveränität ihrer doppelten Verankerung in zwei Lebens-/Arbeitswelten verdanken; dann liegt ein einfaches Kalkül nahe: die Multiplikation von „Nöten“ müßte, solange individuelle Belastungsgrenzen nicht überschritten werden, zur Perfektion der „Tugend“ führen.
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Literatur
Vgl. Michael Walzer, Liberalism and the Art of Separation, in: Political Theory 12, 1984, 315ff.
Walzer, Liberalism..., 321. Von solchen Umkehr-Verhältnissen berichtet im übrigen schon Georg Simmel: „Indem die Höhen der Stellungen, welche ein und dieselbe Person in verschiedenen Gruppen einnimmt, von einander völlig unabhängig sind, können so seltsame Kombinationen entstehen, wie die, daß in Ländern mit allgemeiner Wehrpflicht der geistig und social höchststehende Mann sich einem Unteroffizier unterzuordnen hat...“ (in: Gesamtausgabe, Bd.2, Frankfurt 1989, 242). Was damals noch „seltsam“ gewirkt hat, nennen wir heute „frei“ — eine seltsame Freiheit.
Die Verbindungslinie von der institutionellen Pluralität zur moralischen Autonomie wird von Michael Walzer gezogen; vgl. seine: Notes on Self-Criticism, in: Social Research 54, 1987, 33ff.
Foucault, Überwachen..., 38ff.
Michel Foucault, Power/Knowledge (Colin Gordon Hg.), New York 1980, 142.
Ian Hacking, Self-Improvement, in: David Couzens Hoy (Hg.), Foucault. A Critial Reader, New York 1986, 235ff. (236).
Den Begriff verwendet Jana Sawicki, Feminism and the Power of Foucauldian Discourse, in: Arac (Hg.), After Foucault..., 161ff.(173).
Michel Foucault, Die Sorge um sich, Frankfurt 1989, 60, 65.
Vgl. Foucault, Die Sorge..., 67.
Vgl. Foucault, Die Sorge..., 84.
Benjamin Franklin, Lebenserinnerungen, München 1983, 129. Niedergeschrieben wurde die Autobiographie zwischen 1771 und 1789.
Franklin, Lebenserinnerungen..., 123.
Franklin, Lebenserinnerungen..., 123. Noch weiter treibt den gleichen, bürgerlichen Geist die Bibel des deutschen Frühliberalismus, Rotteck/Welckers Staats-Lexikon. Dort heißt es unter dem Stichwort „Arbeit“: „Der vollkommenste Zustand des Menschengeschlechts, den sich in dieser Beziehung die Vernunft denken kann, ist wohl der, wenn es dahin gelangt, alle übermäßig anstrengenden Geschäfte durch Naturkräfte zu verrichten, wenn somit dem Menschen nur noch so viele körperliche Anstrengung übrig bleibt, als ihm zu seinem körperlichen Wohlbefinden notwendig ist, und wenn jeder Mensch in die Lage gesetzt ist, sein Leben in einem Wechsel von geistigen und körperlichen Anstrengungen, von geistigen und körperlichen Genüssen hinzubringen.“ (Staats-Lexikon Bd.1, Altona 1843, 605).
Wobei dieses „Etwas“ auch ein „Jemand“ sein kann — bekanntlich erfordern „Sorge“-Projekte, die über das pure Sentiment hinausgehen, eine ganze Menge „Arbeit“, auch und gerade in dem gemeinten Sinn des Umgangs mit komplexen Problemen.
Hacking, Self-Improvement..., 236.
Christina Thürmer-Rohr, Befreiung im Singular, in: Streit, 2, 1990, 51ff.(51).
S. dazu auch Maria Mies, Patriarchat und Kapital, Zürich 1988, wo die — gewöhnlich vernachlässigten — Frauen der Dritten Welt ins Zentrum der Rücksicht treten.
Thürmer-Rohr, Befreiung..., 56.
Vgl. Anm.89.
Christina Thürmer-Rohrs anderes Feindbild (56f.), das nach dem Prinzip des „Jeder ist seines Glückes Schmied“ konstruiert ist, und daher offenkundig einen anderen „Singular“ freisetzt, als es die narzistische Gefühligkeit tut.
Das fordert Maria Mies, um „die Konzerne“ daran zu hindern, den perversen Konsumstandard westlicher Mittelstands-Frauen der Dritten Welt überzustülpen; in: Patriarchat..., 268.
Das heißt nicht, daß die Kampagne gegen Fast Food verstummen müßte; schon darum nicht, weil sie neben guten Gründen auch den heilsamen Effekt hat, manche — aber eben nur manche — Frauen im Kampf um eine neue innerhäusliche Arbeitsteilung zu stärken: wenn es Ihm schon nichts ausmacht, daß er seine Frau leiden läßt, dann motiviert Ihn vielleicht der leidende Wald, daheim mit Hand anzulegen. Richard Rorty (in: Kontingenz, Ironie und Solidarität, Frankfurt 1989, 316) spricht vom nützlichen Wert eines „focus imaginarius“ — wie der Menschlichkeit, Wahrheit, Kunst oder eben auch Ökokologie -, dessen scheinbare Unbedingtheit uns zu guten Taten inspiriere. Aus dieser Warte kann es übrigens auch sinnvoll sein, die Weiblichkeit ins Feld zu führen.
Im Gegensatz zu Thürmer-Rohr, Befreiung..., 53, wo ein „Angebotsfeminismus” gegeißelt wird, der dasselbe meint, aber anders bewertet: die souveräne Umsicht von Frauen, sich einer Bewegung nach Bedarf zu bedienen, kann auch als „flacher“ Opportunismus durchgehen.
Rorty, Kontingenz..., 128.
bell hooks, Feminist Theory: From Margin to Center, Boston 1984, 43ff.
Westwood, All Day..., 91.
Rorty, Kontingenz..., 99f.
Rorty, Kontingenz..., 96.
Diese Strategie kann in mehrere Richtungen gehen. Eine davon kulminiert im Aufstellen von Gartenzwergen und wird von Hans-Magnus Enzensberger gefeiert (Zur Verteidigung der Normalität, in: Politische Brosamen, Frankfurt 1985, 207 ff.); sie ist nicht gemeint.
Butler, Das Unbehagen..., 215.
Westwood, All Day..., 91
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© 1994 Leske + Budrich, Opladen
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Fach, W. (1994). Die Sorge um sich. In: Not der Tugend — Tugend der Not. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96007-8_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96007-8_6
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