Zusammenfassung
Wenn so die Tugend der Not aussieht, voller Mühsal, andauernd prekär, potentiell selbstzerstörerisch — ist es dann nicht überfällig, die Not der Tugend zu lindern? Falls jenes Bild von der „Laffer-Kurve“ stimmt, das ganz am Anfang stand und besagt, daß es einen optimalen Belastungsgrad gibt, hat Arbeit, wie sie bei den Frauen unserer Stichprobe anfällt, kaum „frei“ gemacht. Der Punkt, an dem Erleichterungen in eine Unterforderung umschlagen, liegt noch in weiter Ferne; bis er erreicht ist, kann noch manche Reform von Rechtsvorschriften und Verhaltensroutinen auf den Weg gebracht werden: Lohnangleichung, Quotenanpassung, flexible Arbeitszeiten, humanere Arbeitsbedingungen, verbesserter Mutterschutz, erleichterter Wiedereinstieg ins Berufsleben, Kinderkrippen, Neubewertung der Hausarbeit, eine faire Arbeitsteilung im Haushalt etc.pp. Diese Neuerungen stehen auf der politischen Tagesordnung, werden immer wieder heftig diskutiert, mehr oder minder energisch eingefordert und schrittweise auch verwirklicht. Parteien haben sich ihrer programmatisch angenommen, Gewerkschaften „kämpfen“ für sie, manchmal an der Seite einsichtiger Unternehmer, Ministerien ersinnen einschlägige Vorschriften, alles nach der Devise, daß ein Job zu wenig ist, während beide zuviel sind.63 Dieses Motto spricht den betroffenen Frauen aus dem Herzen — sie hängen an ihrem konkreten Leben und wollen es nur etwas leichter haben.
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Literatur
So das Fazit Regina Becker-Schmidts in: Widersprüchliche Realität..., 719.
Die Klassifikation der Perspektiven orientiert sich an Christine Di Stefano, Dilemmas of Difference: Feminism, Modernity, and Postmodernism, in: Nicholson (Hg.), Feminism/Postmodernism..., 63ff.
Ferree, Between Two Worlds..., 535.
Vgl. dazu Susan Moller Okin, Women in Western Political Thought, Princeton 1979;
Jean Bethke Elshtain, Public Man — Private Woman, Princeton 1981;
Carole Pateman, The Disorder of Women, Cambridge 1989;
einen Eindruck vom historischen Verlauf dieser Spaltung vermittelt am konkreten Fall Ruth H. Bloch, The Gendered Meanings of Virtue in Revolutionary America, in: Signs, 13, 1987, 37ff.
Pateman, The Disorder..., 131.
Catherine A. MacKinnon, Toward a Feminist Theory of the State, Cambridge, Mass. 1989, 169.
Über die Geburtswehen der weiblichen „Verbürgerlichung“ berichten u.a. Linda K. Kerber, Women of the Republic. Intellect and Ideology in Revolutionary America, New York 1986, und Joan B. Landes, Women and the Public Sphere in the Age of the French Revolution, Ithaca 1988.
MacKinnon, Toward..., 165.
Diese Konstellation hat Mitte der achtziger Jahre in Amerika zu einem spektakulären Prozeß gegen — wirkliche oder scheinbare Diskriminierungspraktiken des Kaufhaus-Giganten Sears geführt — mit dem Ergebnis, daß „das Argument der Andersartigkeit der Frauen gewonnen und die Sache der Frauen verloren hat“; s. MacKinnon, Toward..., 223.
MacKinnon, Toward..., 160. Von dieser problematischen Abstraktheit existiert auch eine feministische Variante: sie insistiert, gut aufklärerisch, auf eine den Differenzen vorgelagerte allgemeine Vernunft als Basis des weiblichen Gleichheitsanspruchs; s. etwa Natalie Harris Bluestone, Women and the Ideal Society, Oxford 1987.
MacKinnon, Toward..., 241.
MacKinnon, Toward..., 227.
Di Stefano, Dilemmas..., 77.
So Jane Alpert (1973), zit. nach Jaggar, Human Biology..., 34; einflußreiche Schriften des biologistischen Genres stammen von Mary Daly (Gyn/Ecology, London 1972) und Adrienne Rich (Of Woman Born, New York 1976).
Jaggar, Human Biology..., 35f.
Nancy Chodorow, The Reproduction of Mothering, Berkeley 1978, 154 (dt. 1986).
Chodorow, The Reproduction..., 205ff.
Emily Stoper/Roberta Ann Johnson, The Weaker Sex and the Better Half: The Idea of Women’s Moral Superiority in the American Feminist Movement, in: Polity, 10, 1977, 192 ff.
Nancy Hartsock, Money, Sex and Power, New York 1983, 257;
ähnlich auch Eléanor H. Kuykendall, Toward an Ethic of Nurturance: Luce Iragaray on Mothering and Power, in: Joyce Trebilcot (Hg.), Mothering: Essays in Feminist Theory, Totowa 1984, 63 ff., und
Thomas E. Wartenberg, The Concept of Power in Feminist Theory, in: Praxis International, 8, 1988, 301 ff.
Joan C. Tronto, Beyond Gender Difference. To a Theory of Care, in: Signs, 12, 1987, 644ff.(654).
John Hardwig, Should Women Think in Terms of Rights?, in: Ethics, 94, 1984, 441 ff.
Gilligan, In a Different Voice..., 2; der besondere Akzent und die Schwierigkeit seiner Vermittlung werden nochmals deutlich in: Linda K. Kerber u.a., On „In a Different Voice“: An Interdisciplinary Forum, in: Signs, 11, 1986, 304 ff.
Tronto, Beyond Gender Difference..., 658.
Den kulinarischen Vergleich bringt Christine A. Littleton, Reconstructing Sexual Equality, in: Bartlett/Kennedy (Hg.), Feminist Legal Theory, Boulder u.a. 1991, 35 ff.
Di Stefano, Dilemmas..., 77.
Elizabeth A. Meese, Crossing the Double Cross, Chapel Hill 1988, 71ff.(75).
Monique Wittig, The Category of Sex, in: Feminist Issues 2, 1982, 63ff.(66).
Meese, Crossing..., 87.
Ein Prozeß, der nicht in ruhigen Bahnen aufwärts verläuft, sondern gekennzeichnet ist durch die permanente und konflikthafte Ablösung von repressiver Routine; s. dazu vor allem Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt 1991 (Orig.: Gender Trouble, New York 1990).
Nancy Hartsock, Foucault on Power: A Theory of Women?, in: Nicholson (Hg.), Feminism/Postmodernism..., 157ff. (163f.); in das gleiche Horn stößt Isaac D. Balbus, Disciplining Women: Michel Foucault and the Power of Feminist Discourse, in: Jonathan Arac (Hg.), After Foucault, New Brunswick 1988, 138 ff.
Audre Lourde, Sister Outsider, Trumansburg 1984, 111 f.
Vgl. Andrea Dworkin, Women Hating, New York 1974.
Dazu kurz und bündig: Ann Ferguson, Androgyny as an Ideal for Human Development, in: Mary Vetterlin-Braggin u.a. (Hg.), Feminism and Philosophy, Totowa 1977, 45ff.; daß auch liberale Gerechtigkeitsvorstellungen auf androgynem Gelände enden können, demonstriert Susan Moller Okin, Justice, Gender, and the Family, New York 1989; hierzulande ist Androgynie vor allem durch Elisabeth Badinters Plädoyer (Ich bin Du, München 1987) ins öffentliche Bewußtsein gelangt.
Carol C. Gould, Private Rights and Public Virtues: Women, the Family, and Democracy, in: Gould (Hg.), Beyond Domination..., 3ff.(15).
Jean Bethke Elshtain, Against Androgyny, in: Anne Phillips (Hg.), Feminism and Equality, 139ff.(144, 153).
Gould, Private Rights..., 17.
Der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, daß die androgyne Bilanz auch den „männlichen“ Distanz-Effekt als Posten aufführt — er soll im Gegenzug das private Leben auflockern.
Martin Jay, Hierarchy and Humanities: The Radical Implications of a Conservative Idea, in: Telos 62, 1984/85, 131ff.(140, 141f.).
Das ganze Zitat findet sich auf S. 44
MacKinnon, Toward..., 100.
Selbstredend nimmt der „trickle down“-Effekt auch handfestere Formen an: Rechts-Reformen oder Tarif-Fortschritte können denen zugute kommen, die nicht mitgekämpft haben.
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© 1994 Leske + Budrich, Opladen
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Fach, W. (1994). Freiheit, Gleichheit, Weiblichkeit. In: Not der Tugend — Tugend der Not. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96007-8_5
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