Zusammenfassung
„Vielfalt“ ist heute das Schlagwort, das die Konzeptdiskussion innerhalb der Beratungsarbeit und der Beratungseinrichtungen kennzeichnet: die Pluralisierung der Lebensverhältnisse, die Heterogenität von Zielen und Lebensentwürfen, die Notwendigkeit, sich flexibel auf Veränderungen einzustellen, sind die Aufgabenstellungen einer modernen Beratungsarbeit geworden. Wenn sich die Klientel immer mehr verändert, wenn die Lebensentwürfe, die Wahlmöglichkeiten und Entscheidungen für Menschen immer vielfältiger werden, so müssen auch die Einrichtungen der Jugendhilfe sich auf diese Vielfalt einstellen. Aus Sicht politologischer und soziologischer Modernisierungstheorien werden verschiedene Strategien im Umgang mit der Vielfalt benannt: für die einen muß in der Pluralisierung noch eine Einheit gewahrt werden, eine Integration möglich sein, ein kommunikativer Konsens innerhalb verschiedener Richtungen angestrebt werden (Habermas, 1985). Vielfalt gerät sonst zur „Unübersichtlichkeit“ mit der Gefahr, die Welt dem Beliebigen und Zufälligen zu überlassen. Unter dem Blickwinkel „postmoderner Theorien“ stellt sich dagegen die Frage, ob diese Einheit, dieser Konsens noch herzustellen, ja wünschbar sei, weil die Lebensformen, die Konzepte, die Interessen aus dieser Sicht nicht integrierbar sind, sondern so verschieden, daß es eher darum ginge, ihre Verschiedenheit anzuerkennnen. Postmoderne setzt daher auf Ambivalenz, darauf, daß die Widersprüche heute derart zutage treten, daß sie in keinem „guten“ Konzept, in keiner Einheit mehr aufgehoben sein können, und es nun eher darum ginge, mit den Widersprüchen offen umzugehen, sie nicht aufzulösen in vorschneller Integration, sondern mit ihnen zu „spielen“, die Schwächen der Einheitsund Konsensmodelle anzuerkennen (Bauman, 1992).
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Literatur
Bauman, Z.: Moderne und Ambivalenz: Das Ende der Eindeutigkeit. Hamburg 1992
Breuer, F.: Psychologische Beratung in Therapie und in der Praxis. Heidelberg 1979
Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Hg.). Achter Jugendbericht. Bonn 1990
Familie und Beratung. Familienorientierte Beratung zwischen Vielfalt und Integration. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie und Senioren. Stuttgart 1993
Gerstenmaier, J. & Nestmann, F.: Alltagstheorien von Beratung. Opladen 1984
Grawe, K.: Psychotherapieforschung zu Beginn der neunziger Jahre. Psychologische Rundschau 43/1992, S. 132–162
Habermas, J.: Die neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V. Frankfurt 1985
Kurz-Adam, M.: Familiengespräche und Familientherapie in der Erziehungsberatung. Psychologie für Erziehung und Unterricht 1/1994. S. 69–76
Richter, H.: Sozialpädagogik zwischen Normativität und Pluralität. neue praxis 4, 1993, S. 361–369
v. Rosenstiel, L.: Grundlagen der Organisationspsychologie. Stuttgart 1992
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Kurz-Adam, M. (1995). Modernisierung von innen? Wie der gesellschaftliche Wandel die Beratungsarbeit erreicht. In: Kurz-Adam, M., Post, I. (eds) Erziehungsberatung und Wandel der Familie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95992-8_15
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