Afghanistan 1993

Zusammenfassung

Die durch das Beratungsgremium (shura-i hall wa-aqd) für zwei Jahre erfolgte Wahl von Burhanuddin Rabbani, dem politischen Führer der Jam’iat-i Islanmi, am 30.12.1992 in das Amt des Staatspräsidenten, das er interimistisch bereits seit dem 28.6.1992 innehatte, brachte erwartungsgemäß keine Beruhigung der konfliktgeladenen politischen Situation in Afghanistan (A.). Gulbadin Hikmatyar (Hizb-i Islami) warf ihm Vertragsbruch vor, weil er zunächst nur für zwei Monate das Präsidentenamt übernommen und sich seither geweigert hatte, einem Nachfolger Platz zu machen. Rabbani leistete den Amtseid vor dem Beratungsgremium, das zugleich über die Einberufung des Interimsparlaments und über die Integration der Mujahidingruppen in die reguläre Armee entschied (Dn, 3.1.; JoT, 3.1.). Bereits Anfang des Jahres kursierten Gerüchte, daß sich zwischen Hikmatyar und dem Usbeken-Milizchef Abdul Rashid Dostum, der sich zuvor mit Präsident Rabbani überworfen hatte, eine taktische Allianz anbahnte (Dn, 8.2.). Inwieweit dies als eine Reaktion auf die Machenschaften bei der Einberufung des Beratungsgremiums zu sehen war, blieb unklar. Sicher ist, daß die Nominierung von Delegierten willkürlich war und darauf abzielte, den Einfluß von Rabbanis Rivalen zu schmälern. Deshalb wurde das Beratungsgremium von fünf Mujahidingruppen boykottiert (D. Shah Khan: More of the same as Afghanistan awaits dawn; Dn, 8.1.). Auf der anderen Seite gelang eine vorübergehende Annährung zwischen der Regierung und der schiitischen Hizb-i Wahdat, die zeitweilig mit Hikmatyars Hizb-i Islami verbunden gewesen war (Dn, 12.1.). Rabbani schickte Ayatullah Muhsani nach Peshawar, um die dort ausharrenden Mujahidinführer zur Rückkehr nach Kabul zu überreden (Dn, 18.1.).