Pakistan 1993

Zusammenfassung

Mit dem plötzlichen Tod des Oberbefehlshabers des Heeres (Chief of the Army Staff), General Asif Nawaz, am 8.1. begann zwischen dem Präsidenten Ghulam Ishaq Khan und dem Premierminister Nawaz Sharif ein Kompetenzstreit. Khan weigerte sich, Premierminister Sharif das Recht zuzubilligen, den künftigen Armeechef zu benennen. Er berief sich auf Artikel 243(2) der Verfassung, wonach der Präsident die Oberbefehlshaber der Streitkräfte bestimmt. Sharif bezog sich auf Artikel 91, nach dem das Kabinett den Präsidenten bei der Ausübung seiner Aufgaben berät, und auf Artikel 48(1), dem zufolge er dessen Rat nachkommen muß. Khan erhielt Unterstützung von der Oppositionsführerin Benazir Bhutto (Pakistan People’s Party/PPP), wohl eher aus opportunistischen Gründen als aus Überzeugung, denn während ihrer Amtszeit als Premierministerin (1988–1990) war sie über die gleiche Frage mit Präsident Khan aneinander geraten. Sie hatte damals versucht, den Vorsitzenden des Joint Chiefs of Staff Committee, Admiral Iftikhar Siroy, vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, war aber auf den entschiedenen Widerstand von Präsident Khan gestoßen und hatte widerwillig nachgeben müssen, mehr aus Rücksicht auf die Empfindlichkeiten der Militärspitze als aus Respekt vor dem Amt des Staatspräsidenten. Sie war ebenfalls bei dem Versuch zur Ernennung von Richtern der höheren Gerichte, die verfassungsrechtlich dem Präsidenten vorbehalten ist, gescheitert. Anders als damals vertrat sie nun die Meinung, daß in dieser Frage der Premierminister sich dem Präsidenten unterordnen müsse. Sie forderte Khan auf, Sharifs Regierung zu entlassen und Neuwahlen auszuschreiben.