Zusammenfassung
In den vorangegangenen Abschnitten haben wir auf Grenzen und Möglichkeiten einer Neustrukturierung von Zeitperspektiven hingewiesen. Im folgenden werden wir uns stärker den Phänomenen chronifizierter Arbeitslosigkeit zuwenden. Diese implizieren spezifische Probleme fortgesetzter (sekundärer) Entstrukturierung von Zeit.
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Literatur
Freizeit’ ist insofern ein mißverstiindlicher Begriff, als er implizite Unterstellungen über den Freiheitsgrad von Handlungen innerhalb der ‘Nichtarbeitszeit’ enthält. Die ‘Nichtarbeitszeit’ kann jedoch durchaus von erheblichen Restriktionen des Handelns und Nichthandelns durchsetzt sein (vgl. etwa die Hausarbeit erwerbstätiger Frauen). Insofern erscheint es präziser von ’Muße’ zu sprechen, wenn frei gestaltbare ‘Nichtarbeitszeit’ gemeint ist (zu diesen Unterscheidungen vg. Te-riet, 1977: 77 t).
Die Erklärungsbedürftigkeit dieser Diskrepanz von äußeren Freiheiten und inneren Blockierungen erläutert Negt ( 1985: 24) in Anknüpfung an ein anderes Beispiel: ‘Ein englischer Polizist beobachtet einen vierjährigen Jungen, der immer wieder um den Häuserblock herumläuft. Als er ihn das zehnte Mal an derselben Stelle vorbeikommen sieht, fragt er ihn, was er da treibe. Der Junge antwortet ’Ich habe mich entschlossen, von zu Haus wegzulaufen, aber mein Vater hat mir verboten, über die Straße zu gehen.’ Selbst unter der Voraussetzung, daß äußere Bewegungsfreiheit vorhanden sein sollten, ist es keineswegs schon selbstverständlich, daß sie von der inneren Motivationskraft auch benutzt werden kann. Wilhelm Reich, einer der bedeutendsten Psychoanalytiker, hat diesen Gedanken auf gesellschaftliche Massenerscheinungen übertragen. Wo die Menschen ihren Interessen entsprechend handeln, meint er, sei keine größere Motivforschung nötig. Wenn ein Hungernder stiehlt, brauche ich keine Psychologie. Ich benötige Psychologie, schließlich auch Massenpsychologie, um zu erklären, warum ein Hungernder nicht stiehlt.’
Mit Goffman ( 1971: 10) kann Image ‘als der positive soziale Wert defniert werden, den man far sich durch die Verhaltensstrategie erwirbt, von der die anderen annehmen, man verfolge sie in einer bestimmten Interaktion. Image ist ein in Termini sozial anerkannter Eigenschaften umschriebenes Selbstbild, - ein Bild, das die anderen übernehmen können. Jemand kann z.B. einen guten Eindruck von seinem Beruf oder seiner religiösen Eistellung vermitteln, indem er sich selbst gut darzustellen weiß.“
Unsere Informanten weisen z.T. explizit auf den Zusammenhang der Vermeidung von Sozialkontakten auf der einen Seite und Gefühlen des Ausgegrenztseins auf der anderen Seite hin. So etwa auch Stadler: E.: Des dumme,Chrw(133) aber wir warn viel - während der Sommermonate/aber sangwarnud weniger unter den Leuten, unterm Volk, in der Stadt auch gar net, sondern möglichst viel raus, daft nicht gesehen wirst. I: Hmhm. E: ‘n gewisses sch/mm/sch/komisches oder Schandgefühl, möcht schon sagen, war schon da vorhanden.
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© 1991 Leske + Budrich, Opladen
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Heinemeier, S. (1991). Chronifizierung, Scheinsynchronisierung und sekundäre Entstrukturierung. In: Zeitstrukturkrisen. Biographie und Gesellschaft, vol 12. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95922-5_10
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95922-5_10
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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