Industrialisierung und Soziale Frage im viktorianischen London

Zusammenfassung

Die Geschichte des Salutismus, seiner Ideologie, Methodologie und seines konjunkturellen Verlaufs ist auch die Geschichte des englischen Pauperismus, der Proletarisierung und Industrialisierung, sowie der Sozialpolitik und geistesgeschichtlichen Implikationen des 19. und 20. Jahrhunderts. Neben den subjektspezifischen Aspekten der Boothschen Biographie und seiner Familienmitglieder sind es gerade diese gegenseitigen Bedingtheiten der komplexen kulturellen, sozialen, ökonomischen und technischen Umwälzungen, die der Heilsarmee ihre charakteristische Gestalt gaben und aus deren Entwicklungen sich ihre Klientel rekrutierte. Die sich auf den normativen Grundlagen des liberalen Gedankengutes einer von Adam Smith u.a. geprägten Nationalökonomie etablierende Wirtschaftsordnung, schuf mit ihren unkontrollierten Prinzipien von Konkurrenz und Wettbewerb nicht nur die Grundlagen für eine industrielle Volkswirtschaft, sondern initiierte auch Prozesse der Verproletarisie-rung, Verelendung und sozialer Existenzkrisen, die eine ganze Gesellschaftskategorie erfassen sollte.¹¹ Die massenhafte Verarmung im 19. Jahrhundert „ließ sich nicht mehr als Kennzeichen eines bestimmten gesellschaftlichen Standes definieren, sie war nicht mehr nur charakteristisch für die Lebenssituation von Taglöhnern, Dienstboten, Unehrlichen, Witwen, alten Menschen u.a., sie war zur Eigenschaft einer ganzen Bevölkerungsklasse geworden, deren Existenz ausschließlich von der eigenen Arbeit in Manufakturen und Fabriken abhing und die in den traditionellen Landwirtschafts- und Gewerbestrukturen nicht mehr verankert waren.“¹²

England ist das Paradies der Reichen, das Fegefeuer der Weisen und die Hölle der Armen.

(Theodore Parker)