Zusammenfassung
Ein eher zufälliges Ereignis, ein alle paar Jahre stattfindendes Symposion zur Geschichte der Spätantike, hatte mich Anfang November 1989 nach Leipzig geführt. Der Termin lag schon seit über einem Jahr fest, und niemand hatte ahnen können, daß er in die Woche der Maueröffnung, des Anfangs vom Ende der DDR, fallen sollte. Es waren nicht nur das Montagsgebet und die sich anschließende friedliche Demonstration, die ein Selbstvertrauen und einen Glauben an die Freiheit des Menschen ausstrahlte, der auch den Außenstehenden unwillkürlich in seinen Bann schlug und ihn mit der Parole „Wir sind das Volk“ zu sich herüberzog. Es fiel schwer, sich auf akademische Themen im Hörsaal zu konzentrieren, wo das makabre Schauspiel eines letzten Versuches stattfand, den Sozialismus fortzuentwickeln, um das 40 Jahre lang oktroyierte und gern gepflegte Geschichtsbild doch noch als der „bürgerlichen“ Geschichtswissenschaft überlegen erweisen zu können. Am Ende des Symposions war der Hörsaal selbst zum Tribunal geworden: Der Untergang des Römischen Reiches war auf einmal aktuelle Metapher, und die damnatio memoriae wollte ein Referent (Ost) auf Honecker explizit wie auf Nero und Commodus angewandt wissen; sein Beitrag durfte in dem dafür vorgesehenen Band der Zeitschrift „Klio“ nicht erscheinen (ich habe darüber berichtet: Stuttgarter Zeitung vom 24. November 1989).
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© 1993 Leske + Budrich, Opladen
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Funke, H. (1993). Altertumswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. In: Muszynski, B. (eds) Wissenschaftstransfer in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95906-5_11
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-322-95907-2
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