Zusammenfassung
Der Versuch der Politikwissenschaft, einen konkreten Beitrag zur aktuellen Politik zu leisten, steht in dem doppelten Verdacht, entweder unpolitisch oder unwissenschaftlich zu sein. In der Tat lassen sich viele Analysen der Politik schon deswegen nicht verwenden, weil sie entweder von vornherein Objekte der Vergangenheit behandeln (wie in der Geschichtswissenschaft) oder derartig zeitverzögert sind, daß sie den nun einmal eilbedürftigen Entscheidungsprozeß verpassen. Umgekehrt wird die Politik sehr häufig von Wissenschaftlern in einer Weise behandelt, die das spezifisch Wissenschaftliche vermissen läßt und von jedem Sachkundigen, egal welcher Profession, hätte verwendet werden können. Dieser zweite Typ, der nicht als wissenschaftlicher Beitrag, sondern als Beitrag von Wissenschaftlern gelten sollte, ist gerade auf dem Gebiet der internationalen Politik sehr verbreitet. Er ist dort auch sehr nützlich, weil bei der globalen Expansion des Wissensbedarfs jeder Sachverstand willkommen geheißen wird.
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Anmerkungen
Vgl. John J. Mearsheimer: Back to the Future. Instability in Europe after the Cold War, in: International Security 15, 1, 1990, S. 5ff.
Zu dieser Interpretation vgl. Werner Link: Der Ost-West-Konflikt. Die Organisation der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 19882.
Dazu Dieter S. Lutz: Kollektive Sicherheit in und für Europa — eine regionale Alternative, in: Ortwin Buchbender: Sicherheit und Frieden: Handbuch der weltweiten sicherheitspolitischen Verflechtungen, Herford 1985, S. 115ff.
Die Gefährdung dieser Region von außen wird hier nicht erörtert; sie ist zwar nicht irreal, aber unwahrscheinlich.
So Robert O. Keohane: After Hegemony. Cooperation and Discord in the World Political Economy, Princeton 1984, S. 121. Keohane legt großen Wert darauf, sich vom Idealismus abzugrenzen, sich als Realist zu verstehen und dennoch Kooperation für möglich zu halten.
Siehe dazu Richard A. Falk: A Study of Future Worlds, New York 1975.
Vgl. dazu Donald J. Puchala und Stuart I. Fagan: International Politics in the 1970s: The Search for a Perspective, in: Ray Maghroori und Bennett Ramberg (Eds.): Globalism Versus Realism. International Relations’ Third Debate, Boulder 1982, S. 37ff.
Siehe dazu David Dessler: What’s at Stake in the Agent-Structure Debate?, in:International Organization 43, 3, 1989, S. 441ff. Darin auch eine ausgedehnte Diskussion des Strukturproblems.
Michael W Doyle: Kant, Liberal Legacies, and Foreign Affairs, in:Philosophy and Public Affairs 12, 3, 1983, S. 205ff., 12, 4, 1983, S. 323ff. Neuerdings T. Clifton Morgan und Sally Howard Campbell: Domestic Structure, Decisional Constraints, and War: So Why Kant Democracies Fight?, in:The Journal of Conflict Resolution 35, 2, 1991, S. 187ff.
Andrew Hurrell: Kant and the Kantian Paradigm in International Relations, in:Review of International Studies, 16, 3, 1990, S. 183ff.
J. Wilkenfeld: Domestic and Foreign Conflict Behaviour of Nations, in:Journal of Peace Research 5, 1968, S. 56ff. Steve Chan: Mirror, Mirror on the Wall… Are the Freer Countries More Pacific?, ebd. 28, 1984, S. 617ff.
R. J. Rummel: Libertarianism and International Violence, in:Journal of Conflict Resolution 27, 1983, S. 27ff. Bruce M. Russett: Democracy and Peace, in: dens. et al. (eds.) Choices in World Politics, New York 1989, S. 245ff.
Morgan und Campbell (Anm. 9), S. 205ff.
Zeev Maoz und Nasrin Abdolalio: Regime Types and International Conflict, 1816–1976, in: Journal of Conflict Resolution 33, 1, März 1989, S. 3ff., untersuchen 160 Jahre; 150 Jahre bilden die Zeitspanne von Melvin Small und J. David Singer: The War Proneness of Democratic Regimes, 1816–1965, in:Jerusalem Journal of International Relations 1, 1976, S. 50ff.
Vgl. die Definition von Demokratie bei Kenneth A. Bollen: Issues in the Comparative Measurement of Political Democracy, in:American Sociological Review 45, 1980, S. 370ff.
Kenneth N. Waltz: Theory of International Politics, Reading, Mass., 1979.
Joseph M. Grieco: Anarchy and the Limits of Cooperation: A Realist Critique of the Newest Liberal Institutionalism, in: International Organization 42, 3, 1988, S. 485ff.; Ken Booth: Security in Anarchy: Utopian Realism in Theory and Practice, in: International Affairs 67, 3, 1991, S. 527ff.
Karl-Georg Faber: Realpolitik als Ideologie. Die Bedeutung des Jahres 1866 für das politische Denken in Deutschland, in: Historische Zeitschrift 203, 1966, S. 1ff.
Reinhard Meyers: Die Lehre von den internationalen Beziehungen, Königstein 1981.
Maghroori/Ramberg (Arm. 7), S. 13ff.
Grieco (Anm. 17), S. 498.
Zur Regimetheorie vgl. Beate Kohler-Koch (Hg.): Regime in den internationalen Beziehungen, Baden-Baden 1989; Manfred Efinger et al.: Internationale Regime und internationale Politik, in: Volker Rittberger (Hg.): Theorien der internationalen Beziehungen, Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven, Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 21, 1990, S. 263ff
Keohane (Anm. 5), S. 29.
John H. Herz: Politischer Realismus und politischer Idealismus, Meisenheim am Glan, 1959; im einzelnen dazu Glenn H. Snyder: The Security Dilemma in Alliance Politics, in: World Politics 36, 4, 1984, S. 461ff.
Dazu im einzelnen Ernst-Otto Czempiel: Gleichgewicht oder Symmetrie?, in: Jahrbuch für Politik 1, 1, 1991, S. 127ff.
Dazu ist nicht unbedingt eine Gesamttheorie des Staates erforderlich, wohl aber eine Theorie der außenpolitischen Entscheidungsprozesse im Rahmen des Herrschaftssystems.
Ernst-Otto Czempiel: Friedensstrategien. Systemwandel durch internationale Organisationen, Demokratisierung und Wirtschaft, Paderborn 1986, S. 82ff.
So schon Earl C. Ravenal: An Autopsy of Collective Security, in: Political Science Quarterly 90, 4, 1975–1976, S. 707.
Charles A. und Clifford A. Kupchan: Concert, Collective Security, and the Future of Europe, in: International Security 16, 1, 1991, S. 114ff.
Die Charta von Paris für ein neues Europa ist abgedruckt, in: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung: Bulletin 137, 24. Nov. 1990, S. 1409ff.
Ein entsprechender Vorschlag findet sich bei Ernst-Otto Czempiel: Weltpolitik im Umbruch. Das Internationale System nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, München 1991, S. 36ff.
Dazu ausführlich Czempiel (Anm. 27), S. 112ff.
Kenneth N. Waltz: Realist Thought and Neorealist Theory, in: Journal of International Relations 44, 1, 1990, S. 21ff.
Grieco (Anm. 17), S. 488.
Richard N. Rosecrance: Der neue Handelsstaat. Herausforderungen für Politik und Wirtschaft, Frankfurt 1987.
Ausführlich habe ich mich dazu in den „Friedensstrategien“ (Anm. 27) geäußert.
Die Diskussion um den militärisch-industriellen Komplex wurde vor allem in den siebziger Jahren gefiihrt. Sie müßte aber fir die Zeit nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wieder aufgenommen werden.
Zum Problemkreis vgl. Gregory A. Fossedahl: The Democratic Imperative: Exporting the American Revolution, New York 1989.
Siehe die detaillierte Beschreibung von Larry Diamond: Beyond Authoritarianism and Totalitarianism: Strategy for Democratisation, in: The Washington Quarterly 12, 1, Winter 1989, S. 141ff.
Zu den strategischen Wirkungen dieser Leistungen vgl. Ernst-Otto Czempiel: Schwerpunkte und Ziele der Friedensforschung, München/Mainz 1972, S. 95ff.
Dieser Politikbegriff orientiert sich an David Easton, dessen Modell der Politik von mir erweitert worden ist, um die Außenpolitik miteinbeziehen zu können.
Eine ähnliche, ebenfalls die Demokratisierung betonende Argumentation findet sich bei Dieter Senghaas: Die politische Konversion Europas. Friedenspolitische Überlegungen an der Schwelle der neunziger Jahre, in: Die Welt im Umbruch, Friedensbericht 1991, Wien 1991, S. 203ff.
Bruce Bueno de Mesquita: The War Trap, New Haven/London 1981.
Robert Jervis: Perception and Misperception in International Politics, Princeton 1976.
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Czempiel, EO. (1992). Die Organisation der Sicherheit in und für Europa. In: Kohler-Koch, B. (eds) Staat und Demokratie in Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95892-1_14
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