Zusammenfassung
Im Februar 1987 gab der damalige Minister für Forschung und Technologie eine Denkschrift in Auftrag. Diese Denkschrift sollte die Lage der Geisteswissenschaften am Ende unseres Jahrhunderts erfassen. Die fünf Mitglieder der Kerngruppe dieses Unternehmens repräsentierten fünf Wissenschaften: Wolfgang Frühwald die Germanistik, Hans Robert Jauß die Literaturwissenschaft, Reinhart Koselleck die Geschichtswissenschaft, Jürgen Mittelstraß die Philosophie und Burkhart Steinwachs die Medienwissenschaft.1 Von den Disziplinen aus der Ursprungsgeschichte der Geisteswissenschaften fehlten also immerhin die Altertumswissenschaften. Im Mai 1990 wurde die Denkschrift vorgelegt. In ihren ersten fünf Teilen entwickelt jeder der fünf federführenden Wissenschaftler eine persönliche Situationsbeurteilung.2 Im sechsten Teil dokumentieren sie gemeinsam erarbeitete organisatorische, hochschulpolitische und wissenschaftspolitische Empfehlungen, die teilweise sehr ins Detail gehen.3
Für den Druck überarbeitete Fassung des Vortrags vom 5. Februar 1996.
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Literatur
Vgl. Wolfgang Frühwald, Hans Robert Jauß, Reinhart Koselleck, Jürgen Mittelstraß, Burkhart Steinwachs, Geisteswissenschaften heute. Eine Denkschrift, Konstanz im Mai 1990, Projekt gefördert von Bundesministerium für Forschung und Technologie.
Geisteswissenschaften heute. Eine Denkschrift von Wolfgang Frühwald, Hans Robert Jauß, Reinhart Koselleck, Jürgen Mittelstraß, Burkhart Steinwachs, Frankfurt/M. 1991.
Vgl. Geisteswissenschaften heute (1990), Kap. VI.
Vgl. Wolfgang Frühwald, Humanistische und naturwissenschaftlich-technische Bildung: die Erfahrung des 19. Jahrhunderts, in: Geisteswissenschaften heute (1991), S. 73/111.
Vgl. a.a.O. S. 108/11.
Vgl. a.a.O. S. 108/9.
Vgl. Ernst Tugendhat, Die Geisteswissenschaften als Aufklärungswissenschaften. Auseinandersetzung mit Odo Marquard, in: ders., Philosophische Aufsätze, Frankfurt/M. 1992, S. 453/63.
Helmuth Plessners Lagebeurteilung von 1958 mündet noch in die lediglich programmatische Aufforderung zur Suche nach einer angemessenen Aufgabenstellung für die Geisteswissenschaften in der modernen Gesellschaft: vgl. Helmut Plessner, Zur Lage der Geisteswissenschaften in der industriellen Gesellschaft (11958), wieder abgedr. in: ders., Gesammelte Schriften X. Schriften zur Soziologie und Sozialphilosophie, S. 167/78, bes. S. 175ff. — Vgl. hierzu auch unten Abschn. VIIff.
Vgl. hierzu neuerdings noch einmal den zusammenfassenden Prolog bei Andreas Kleinert, Mathematik und anorganische Naturwissenschaft, in: Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung (Hg. Rudolf Vierhaus), Göttingen 1985, S. 218/48, bes. S. 218/9.
Vgl. Diderot, Prospectus de Encyclopédie, in: ders. Oeuves Complètes, Edition critique et annotée, présentée par John Lough et Jaques Proust, Paris 1976, Tome V, S. 104
… deux moyens de cultiver les sciences”, Art. ENCYCLOPÉDIE, in: Encyclopédie ou Dictionnaire Raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers, Tome Premier, Paris 1751, S. 637.
l’un d’augmenter la masse des connaissances par des déscouvertes”, ib.
l’autre de rapprocher les déscouvertes et de les ordonner entre elles, afin que plus d’hommes soient éclairés”, ib.
Vgl. Diderot, a.a.O. S. 96.
Vgl. Ernst Kapp, Theorie und Praxis bei Aristoteles und Platon (11938), wieder abgedruckt in: ders., Ausgewählte Schriften (Hg. Hans und Inez Diller) Berlin 1968, S. 167/79, hier S. 175”
Bei der größten zu Lichtenbergs Lebzeiten gemachten Entdeckung dieses Typs dürfte es sich um die mechanische Lösung des Problems der Longitudinalbestimmung durch Konstruktion und Bau einer gegen Gangstörungen praktisch hinreichend unempfindlichen Schiffsuhr durch den Londoner Uhrmacher John Harrison handeln; vgl. hierzu Dava Sobel, Longitude. The True Story of a Lone Genius Who Solved the Greatest Scientific Problem of His Time, New York 1995. — Ein wichtiger Teil der arbeitssoziologischen Pointe von Lichtenbergs brieflicher Bemerkung hängt allerdings von dem hier nicht ausgesprochenen Kontrast zwischen Taglöhner’ und `Nachtwächter’ ab, vgl. Sudelbücher I, Heft F, Nr. 354. Die persönliche Pointe dieses Kontrastes hängt für Lichtenberg indessen wiederum davon ab, daß er sich in Personalunion sowohl mit einem Taglöhner’ wie mit einem `Nachtwächter’ der Naturwissenschaften identifiziert.
Vgl. hierzu den Epilog bei Kleinert, a.a.O. S. 247/8
Den strukturellen Webfehler, der dieser Inkonsistenz zugrundeliegt, analysiere ich genauer in: Die Bedingungen der Aufklärung (in Vorbereitung für den Druck).
Robert Darnton, Der Mesmerismus und das Ende der Aufklärung in Frankreich (eng1.’1968), Frankfurt/M./Berlin 1986, S. 138.
Vgl. G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes (Hg. Johannes Hofmeister). Der Philosophischen Bibliothek Bd. 114, Hamburg 61952, S. 407ff.
a.a.O. S. 387/8, 395f.
Wie minimalistisch in jeder Hinsicht eine Sozialisierung von Resultaten und Methoden wissenschaftlicher Arbeit vonstatten geht, wenn sie mit der Besonnenheit gefordert wird, den öffentliche Institutionen der Bildung und Ausbildung — also vor allem das Schulwesen — nötig machen, zeichnet sich in Umrissen ab bei: Wolfgang Schmale/Nan L. Dodde (Hg.), Revolution des Wissens? Europa und seine Schulen im Zeitalter der Aufklärung ( 1750–1825 ). Ein Handbuch zur europäischen Schulgeschichte, Bochum 1991.
Darnton, Der Mesmerismus…, a.a.O. S. 40.
Vgl. hierzu auch die sozialökonomische Fallstudie von Robert Darnton, Glänzende Geschäfte. Die Verbreitung von Diderots Encyclopedie Oder: wie verkauft man Wissen mit Gewinn? (eng1.’1979), Berlin 1993.
le peuple ne lit point, il travaille six jours de la semaine et va le septième au cabaret”, Voltaire, Dictionnaire Philosophique. Avec Introduction, Variantes et Notes par Julien Benda, I/II, Paris o.J., Tome Premier, Préface de Voltaire, S. XLI.
Ce n’est même que par des personnes éclairées que ce livre peut être lu”, ib.
Frühwald (1991), S. 109
ib. — Einen primitiv-materialistischen Vorläufer — auch in einem der Aufklärung gewidmeten Traktat — hat diese Entfremdungsdiagnose in der bekannten These: „Der Mensch ist darum unglücklich, weil er die Natur verkennt”, Pierre Th. d’Holbach, System der Natur (frz.11770), Berlin 1960, S. 5
Vgl. z. B. Helmut Jäger, Einführung in die Umweltgeschichte, Darmstadt 1994; Gottfried Zirnstein, Ökologie und Umwelt in der Geschichte, Marburg 1994.
Diese kognitive Tugend der Rücksicht ist eine Ausprägung der Risikosolidarität, die zum Kern der Moralität gehört; vgl. hierzu vom Verf.: Moralität und Nützlichkeit, Rezension von: Günther Patzig, Gesammelte Schriften I. Grundlagen der Ethik, Göttingen 1994; Gesammelte Schriften II. Angewandte Ethik, Göttingen 1993, in: Philosophische Rundschau, Band 44, Heft 2 (1997).
Wie zuletzt Albrecht Schöne in eindrucksvoller Weise noch einmal gezeigt hat, kann man die um die Gestalten von Philemon und Baucis zentrierten Szenen des Zweiten Teils von Goethes „Faust” geradezu als symbolische Inszenierung einer Katastrophe der Humanität interpretieren, wie sie von Menschen über Menschen gebracht werden kann, wenn sie ihre Interventionen in die natürliche Dimension ihrer Lebenswelt ohne alle Rücksicht auf die gewachsenen Traditionen ins Werk setzen, aus denen sie ihre praktischen Lebensorientierungen empfangen; vgl. Johann Wolfgang Goethe, Faust. Kommentare. Von Albrecht Schöne, Frankfurt/M. 1994, bes. S. 711ff.
Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (’1781), Philosophische Bibliothek Band 37a, Hamburg 1976, A134, B173*
Vgl. Leonard Nelson, Kritik der praktischen Vernunft (11917), wieder abgedr. in: ders., Gesammelte Schriften in 9 Bänden (Hg. P. Bernays u.a.), Hamburg 1964ff., Bd. 4
Zu einigen internen, aber unnötigen Überspanntheiten dieser Theorie vgl. die treffenden kritischen Bemerkungen von Günther Patzig, Der Unterschied zwischen subjektiven und objektiven Interessen und seine Bedeutung für die Ethik (’1978), wieder abgedr. in: ders., Gesammelte Schriften I. Grundlagen der Ethik, Göttingen 1994, S. 72/98, bes. S. 84/7.
Zur inneren Zusammengehörigkeit von Bildung und Urteilskraft im Kreis der kognitiven Bedingungen der Humanität vgl. nach wie vor die programmatischen Abschnitte bei Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode (11960), Tübingen 21965, S. 7/39.
Vgl. Joachim Ritter, Die Aufgabe der Geisteswissenschaften in der modernen Gesellschaft (11963), wieder abgedruckt in: ders., Subjektivität. Sechs Aufsätze, Frankfurt/M. 1989, S. 105/40; ders., Subjektivität und industrielle Gesellschaft (11961), wieder abgedruckt in: ders., dass., S. 11/35.
Vgl hierzu nach wie vor die Überlegungen zu dem einschlägigen Forschungsdesiderat bei Wilhelm Hennis, Rat und Beratung im modernen Staat (11963, 21968), wieder abgedruckt in: ders., Politik und praktische Philosophie. Schriften zur politischen Theorie, Stuttgart 1977. — Daß Hennis dies Desiderat immer wieder aufs neue anmahnen kann, signalisiert ein Versäumnis der Politischen Philosophie, das mehr über die traumwandlerische Sicherheit zu verstehen gibt, mit der die postmodernen Interpreten der Moderne deren wichtigste Aufgaben verfehlen, als es das Meer von Worten vermag, in dem diese Interpreten die Moderne untergehen lassen.
Vgl. hierzu z. B. die Erwägungen über Anzeichen einer Entfremdung von der irrationalen Dimension des menschlichen Seelenlebens bei: Fritz Hartmann, Medizin der Aufklärung, in diesem Band S. 31 ff. — Unter dem Namen der Angst wird eine wichtige Gestalt dieser irrationalen Dimension in einen Brennpunkt der Aufmerksamkeit der Aufklärung gerückt bei: Heinz D. Kittsteiner, Aufklärung durch Geschichtswissenschaft?, in diesem Band S. 75 ff.
Vgl. hierzu auch beispielsweise die Erörterung einer (durch sozialpsychiatrische Theorienbildung begünstigsten) Entfremdung von der lebensorientierenden, vertrauenstiftenden und `salutogenetischen’ Funktion traditioneller sozialer Primärbeziehungen in Familie, Freundschaft und dgl. bei: Christian v. Ferber, Aufklärung durch Soziologie, in diesem Band S. 159 ff.
Vgl. Erhard Scheibe, Mißverstandene Naturwissenschaft, in diesem Band, S. 9 ff.
Seinen bislang am sorgfältigsten durchdachten Ausdruck hat dies Modell in der Formulierung gefunden, durch die Moses Mendelssohn in seinem Aufsatz von 1784 „Über die Frage: was heißt aufklären?” ein Kriterium für das Maß der Aufklärung eines Volkes (einer Nation, einer Gesellschaft) zu fassen gesucht hat: „Diesem nach würde die Aufklärung einer Nation sich verhalten, 1) wie die Masse der Erkenntnisse, 2) deren Wichtigkeit, d.i. Verhältnis zur Bestimmung a) des Menschen und b) des Bürgers, 3) deren Verbreitung durch alle Stände, 4) nach Maßgabe ihres Berufs;…” wieder abgedr. in: Was ist Aufklärung? Beiträge aus der Berlinischen Monatsschrift (Hg. Norbert Hinske) Darmstadt 4 1990, S. 444/51, hier 448, Hervorhebungen R.E. Ein Kriterium des Maßes der Aufklärung ist zwar nicht selbst ein Kriterium der Aufklärung, aber es enthält ein derartiges Kriterium, indem es davon Gebrauch macht.
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Enskat, R. (1997). Aufklärung trotz Wissenschaft. In: Enskat, R. (eds) Wissenschaft und Aufklärung. Wissenschaft und Aufklärung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95866-2_5
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