Zusammenfassung
„Freund oder Feind?“— Das ist der klassische Anruf, durch den die Wache prüft, mit wem sie es zu tun hat. Der Anruf benutzt eine einfache, vitale Unterscheidung; sie kommt der Unterscheidung Leben oder Tod gleich. Meist genügt auch nicht die Versicherung: „Hier gut Freund“, sondern ein Zeichen, eine Losung oder Friedensgeste wird gefordert, damit der Fremde sich ausweist, um am Leben zu bleiben und eingelassen zu werden. Bekannt ist die Geschichte aus dem Alten Testament vom Kampf der Gileaditer gegen die Ephraimiter: beide müssen über die Furt am Ruß. Die Gileaditer sind zuerst da und fragen jeden, der kommt: „Bist du ein Ephraimiter?“, ein Feind also, und wenn sie sagten „nein“, dann hießen sie ihn sprechen: „Schibboleth“, und sagten sie „Sibboleth“nach Mundart der Ephraimiter, dann hatten sie sich verraten und wurden niedergemacht; 42.000 an der Zahl, wie der Chronist im Buch „Richter“mit Freude vermeldet (vgl. Richter, 12,5f.). Der Fremde und das Fremde sind das Unentschiedene, Gefahr oder Chance, Glück oder Not, eben Freund oder Feind. Die Sprachforscher haben das lateinische Wort „hostis“(= Feind) und das deutsche Wort „Gast“auf dieselbe indogermanische Wurzel zurückgeführt, nämlich „gastr“, was wohl der Fremde bedeutet. Man sieht die Doppeldeutigkeit; er kann das eine sein oder das andere: Freund oder Feind. Man weiß es nicht.
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Literatur
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© 1995 Leske + Budrich, Opladen
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Prange, K. (1995). Das Fremde und das Eigene im Erfahrungsprozeß. In: Müller, S., Otto, HU., Otto, U. (eds) Fremde und Andere in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95853-2_2
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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