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Auf der Suche nach dem Anderen

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Frauen- und Mädchenprojekte
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Zusammenfassung

Die Frauen- und Mädchenprojekte sind aus der Neuen Frauenbewegung hervorgegangen und nehmen für sich in Anspruch, „anders“ zu sein als herkömmliche Einrichtungen im Dienstleistungssektor, wo Frauen und Mädchen häufig eine marginale Rolle spielen oder aber Angebote und Zielsetzungen die Grenzen des patriarchalen Geschlechterverhältnisses nur selten überschreiten.1 Die Projekte verstehen sich hingegen explizit als Orte, die frei von patriarchaler Vorherrschaft sind, Hilfe gegen männliche Einengungen und Übergriffe anbieten und darüber hinaus eine eigenständige Entwicklung ermöglichen. Daher sind die Projekte ihrem Selbstverständnis nach immer mehr als nur ein konkretes Angebot für die Adressatinnen und mehr als nur ein Arbeitsplatz für die Mitarbeiterinnen. Die praktischen Unterstützungsleistungen und Weiterbildungsmöglichkeiten stehen im politischen Kontext des Aufbruchs der Frauen und der Veränderung gesellschaftlicher Strukturen. Dem propagierten Ideal des Anderen liegt das Prinzip der Solidarität als politisch verstandene Gemeinsamkeit enter Frauen zugrunde. Es beruht auf einem Frauenbild, das einerseits von Unterdrückung geprägt ist, andererseits aber nicht darin aufgeht, da Frauen die Fähigkeit haben, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen, wozu sie der Hilfe von Frauen bedürfen.

„Frauenprojekte sind mittlerweile zum festen Bestandteil der sozialen und kulturellen Infrastruktur der Stadt geworden. Ihre Angebote werden von vielen Frauen genutzt, ihre Qualität und Notwendigkeit sind unbestritten. Frauenprojekte leisten gesellschaftlich notwendige Arbeit in Bereichen wie Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Gesundheit, Therapie und Sucht, Kulturelles und Multikulturelles, Forschung, Bildung und Beschäftigung, Prostitution und Aids, Wirtschaft und Existenzgründung.

Frauenprojekte sind mehr als refine Beratungs-, Informations-, Bildungsorte. Sie [...] versuchen, mit Parteilichkeit und herrschaftsfreien Räumen auf die Autonomie und Selbstbestimmung von Frauen hinzuwirken. Es ist die alltägliche Arbeit an der Chancengleichheit — sowohl für die Projektmitarbeiterinnen, als auch für die Besucherinnen. Frauenprojekte sind ein entscheidendes Forum, wenn es um die gesellschaftliche Emanzipation von Frauen geht.“ (Flugblatt eines Zusammenschlusses Ost- und Westberliner Frauenprojekte (FAKT), in: Rundbrief 1995)

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Literatur

  1. Zur Entwicklung der Neuen Frauenbewegung und der daraus hervorgegangenen Projektebewegung vgl. den Überblick von Rosemarie Nave-Herz (1993); zur Zielsetzung der Frauenbewegung und deren wellenförmiger Traditionslinien vgl. Ute Gerhard (1994a, 1995) zur Entwicklung der Frauenprojektebewegung vgl. Margrit Brückner (1996, 1994a, 1992, 1991a, 1991b, 1990a, 1987a, 1982)

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  2. Das schnelle Wachstum beruht nicht immer auf der Durchsetzungskraft der Frauen in den NBL, teils wurden die Projekte offiziell eingerichtet und in den ersten Jahren nach der Vereinigung mit ABM-Stell en gut ausgestattet, um das Problem der Frauenarbeitslosigkeit zu entschärfen. Unter den Frauen der NBL selbst sind eigenständige Frauenprojekte zunächst kein wichtiges Thema (Hede Urban, DPWV-Tagung „Frauenprojekte gemeinsam vorwärts oder zurück?“ Eisenach, Okt. 1993). Welche Auswirkungen diese Implementationspolitik auf Arbeitsweise und Arbeitsstruktur der Projekte hat, müßte gesondert untersucht werden. Einen guten Einblick in die Situation der „Ost“ projekte gibt Renate Rieger (1993) und ein auf-schlußreiches Projektbeispiel findet sich bei Claudia Buckwar/Steffi Schild (1993). Wichtige Unterschiede der Ost- zu Westprojekten benennt Barbara Hömberg (1995): Stärkere Einbeziehung von Kindern und Männern, weniger Probleme mit Institutionalisierungen, pragmatischeres Politikverständnis. In letzter Zeit findet angesichts der Finanznöte eine Annäherung zwischen Ost und West in Richtung West statt (Haustein 1995).

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  3. Ein lebendiges Beispiel für einen derartigen Entwicklungsprozeß am Beispiel von Wildwasser (Berlin) bietet der Bericht von Gisela Polzin (1992), in dem auch das Schmerzhafte und Schwierige dieser tiefgreifenden Umwälzung deutlich wird.

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  4. Die drei Beispiele sind unseren Interviews entnommen. Untersuchungsaufbau und -ablauf werden im folgenden Abschnitt erläutert.

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  5. Die Untersuchung ist aus einem Forschungsprojekt zum Thema „Qualifikationsanforderungen in Frauenprojekten“ (Brückner 1994b) an der Fachhochschule Frankfurt, Fachbereich Sozialarbeit hervorgegangen. Leiterin war die Autorin, mitgearbeitet haben Dipl. Soz.arb. Simone Holler, Dipl. Päd. Karin Kran, Prof. Dr. Irmgard Vogt und die Studentinnen Iris Altmann, Anne Buchert-Senft, Petra Eckert, Barbara Feißt, Monika Hubert, Conny Huger, Karin Lube, Natalie Rikulas, Christine Schäfer, Maria Schneider, Monika Schwarz, Anita Veith-Wieder, Elke Voitl, Doris Wilde. Das Projekt erhielt 1992 und 1993 eine kleinere Förderungssumme aus den Frauenforschungsmitteln des Landes Hesse.

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  6. Im Bereich sozialer Arbeit liegen zwei Studien zur Erforschung von Arbeitsvollzügen vor, die berufliches Handeln in sozialen Institutionen erforscht haben. Die breit angelegte quantitative Studie von Inge Helfer (1971) belegt die auf einem zersplitterten Arbeitstag beruhende „Allround-Tätigkeit“ von Sozialarbeiterinnen, die von Unsichtbarkeit des Erfolgs der meisten Maßnahmen geprägt ist. Ein Ergebnis, das sich auf viele Projektmitarbeiterinnen übertragen läßt. Die Bielefelder Untersuchung (Otto 1991) über professionelles Handeln im Jugendamt zeigt ebenfalls den heterogenen Arbeitsalltag von Sozialarbeiterinnen auf. Drei Tätigkeitsprofile werden unterschieden: der interaktive Typus mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Klientinnen- und Kolleginnenkontakten, der bürokratische Typus mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Verwaltungshandeln und der heterogene Typus, der am häufigsten Kontakt mit anderen Institutionen und zum sozialen Umfeld der Betroffenen aufnimmt. Diese Unterschiede beruhen nicht auf arbeitsbereichsspezifischen Variablen, daher kann auf einen bedeutsamen Einfluß subjektiver Präferenzen in der Gestattung des Arbeitstages geschlossen werden, ein Ergebnis, das auch auf Projektmitarbeiterinnen zutrifft, wie im folgenden auszuführen ist.

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  7. Zur Auseinandersetzung mit Methoden in der Frauenforschung vgl. Angelika Diezinger u.a. (1994). In diesem Sammelhand gehen Autorinnen wie z.B. Ursula Müller und Marlies Krüger davon aus, daß es zwar keine feministischen Methoden im engeren Sinne gibt, aber Frauenforschung sich zunehmend selbstsicher verschiedenster, insbesondere qualitativer Methoden bedient, wichtige Postulate der Frauenbewegung wie Parteilichkeit und Selbstreflexion (vgl. ins-bes. Regina Becker-Schmidt) für sich in Anspruch nimmt und durch die Vielfalt ihrer Ergebnisse an Einfluß gewinnt.

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  8. Die Erhebungen wurden von den Frauen der Forschungsgruppe ausgeführt und alle Mitglieder, ob Lehrende oder Studierende haben sich daran beteiligt. Die Frauen haben sich „ihre“ Projekte (1–2) selbst ausgewählt und während des Forschungsprozesses vom ersten Kontakt bis zum letzten Untersuchungsschritt begleitet, so daß ein positiver Bezug hergestellt werden konnte, der das Verstehen des Projektzusammenhangs erleichtert hat.

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  9. Alle studentischen Gruppenmitglieder haben vor der Feldphase Schulungssequenzen durchlaufen (vgl. zur Kritik an der mangelnden Qualifikation von Interviewerinnen Hopf 1991). Der Umgang mit qualitativen Interviews wurde ebenso geübt wie die teilnehmende Beobachtung.

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  10. Alle Personen- und Sachangaben wurden anonymisiert, letztere sind häufig durch realitätsnahe, fiktive Angaben ersetzt worden, um den Lesefluß zu erleichtern.

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  11. Die Forschungsgruppe hat die untersuchten Projekte dreimal in verschiedenen Etappen der Auswertung eingeladen und Teilergebnisse vorgetragen. Es kam zu lebhaften Diskussionen, die die Motivation der Forscherinnen bestärkt, Fragestellungen geklärt und für die Mitarbeiterinnen eine Chance der gemeinsamen Reflexion ihrer Erfahrungen geboten haben. In diesen Gruppengesprächen wurden die vorliegenden Forschungsergebnisse von den Mitarbeiterinnen bestätigt.

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  12. Diese Zusammenfassung basiert auf den Auswertungsergebnissen der Zeitbudgetstudie von Karin Krah (1993) im Rahmen unserer Untersuchung, die im Abschlußbericht (Brückner 1994b) veröffentlicht wurde.

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  13. Die folgende Zusammenstellung beruht auf der Auswertung unserer Projektdatenerhebung.

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  14. Ergänzend die häufigsten Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen nach unserer Zeitbudgetstudie: „Die Frauenhäuser verwenden die meiste Zeit, nämlich insgesamt 15,4%, auf soziale Betreuungstätigkeiten wie Begleitung, Hilfe beim Umgang mit Behörden, Rechtsanwältlnnen, Ärztinnen usw., auf Einzelgespräche (12,1%) und Teambesprechungen/Supervision (11,0%). Einen großen Stellenwert haben femer mit insgesamt 9,0% gruppenbezogene Angebote wie gemeinsame Mahlzeiten, Hausbesprechungen, therapeutische Gruppensitzungen, aber auch Haushaltsarbeiten (8,2%), die vielfältige Tätigkeiten zusammenfassen wie z.B. Aufräumen, Beaufsichtigen und Durchführen von Reparaturen, Transporte, Einkäufe, Wäschemarken und vieles anderes, das bei Wohnprojekten in mehr oder minder regelmäßigen Abständen anfällt. Buchhaltung (6,6%), Gremien- und Vernetzungsarbeit (5,6%), Projektsicherung (5,6%) und Schriftverkehr (4,0%) nehmen einen hinteren Rang ein, nur noch gefolgt von anderen, nicht weiter ausdifferenzierten Tätigkeiten (2,3%) und der Öffentlichkeitsarbeit (1,9%).“ (Krah 1993, S. 29)

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  15. Zur Veranschaulichung die quantitative Rangfolge: „Die häufigsten Tätigkeiten sind erwartungsgemäß bei den Beratungsstellen Einzel- und Beratungsgespräche mit 14,3% [...]. als nächsthäufige Tätigkeiten (folgen): Öffentlichkeitsarbeit (13,5%) und Gremienarbeit/Projektevernetzung (9,4%), Teambesprechungen/Supervision (9,1%) und Projektsicherung/-planung (8,9%) sowie gruppenbezogene Angebote (6,9%), die auch allgemeine Öflhungs- und Cafézeiten miteinschließen. Arbeitsbereiche wie Schriftverkehr (6,8%), Buchhaltung/Finanzen (6,1%) und Haushaltsarbeiten (6,2%) hingegen fallen, relativ zu den anderen Tätigkeitsgruppen, weniger an. Dasselbe gilt in noch geringerem Umfang für die Vor- und Nachbereitung der Beratungsgespräche (5,3%), Begleitung (3,9%), Anderes (3,3%) und Kinderarbeit (0%).“ (Krah 1993, S. 28)

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  16. Die Tätigkeiten in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit: „Bei den Bildungs- und Kulturprojekten folgen auf die gruppenbezogenen Angebote (26,8%), wozu auch Kurse und Seminare zählen, Finanzen (16,9%), Einzel- und Beratungsgespräche (9,4%), die Vorbereitung der Gruppen-und Beratungsarbeit (9,4%) und Öffentlichkeitsarbeit/Institutionenberatung (8,6%). Bezogen auf die Gesamtarbeitszeit nehmen Teambesprechungen/Supervision (7,7%) und Teamkoordinationen (4,5%) einen mittleren Rang ein. Bei den Bildungs- und Kulturprojekten haben Schriftverkehr (3,8%), Projektsicherung (3,8%) und Gremien- und Vernetzungsarbeit (3,7%), bezogen auf die insgesamt anfallenden Arbeiten, vergleichsweise eine eher untergeordnete Bedeutung. Behördenkontakte für und mit den Frauen und andere betreuende Tätigkeiten aus dem sozialarbeiterischen Spektrum fallen ebenso wie Arbeit mit Kindern in den von uns untersuchten Bildungs- und Kulturprojekten gar nicht an.“ (Krah 1993, S. 28/29)

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  17. Sehr viel ausführlicher als hier möglich, wird die Arbeitsweise der Projekte in dem umfangreichen Abschlußbericht unserer Untersuchung vorgestellt (Brückner 1994b).

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© 1996 Leske + Budrich, Opladen

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Brückner, M. (1996). Auf der Suche nach dem Anderen. In: Frauen- und Mädchenprojekte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95847-1_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95847-1_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-1656-0

  • Online ISBN: 978-3-322-95847-1

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