Zusammenfassung
Die Streikbewegung vom November–Dezember 1995 hat deutlich werden lassen, daß — allen Reformansätzen zum Trotz — die französischen Arbeitsund Sozialbeziehungen immer noch nicht den Grad der „Normalität“ erreicht habe, der für die meisten anderen Industrieländer charakteristisch ist. Noch immer lassen sich wesentliche Elemente eines französischen Sonderfalls („l’exception française“) ausmachen: Zentralität des Staates, Schwäche und Zersplitterung der „intermediairen Körperschaften“, geringer Stellenwert der autonomen Regulierung, geringe „Prozeduralität“ der Kollektivverhandlungen und geringe „Artikulation“ der Verhandlungsebenen, Unkontrollierbarkeit des sozialen Konflikts. Das Ausmaß der Streikbewegung von 1995 hat überrascht, weil eine Reihe von Indikatoren den Eindruck erweckt hatten, die französischen Sozialbeziehungen hätten sich, nicht zuletzt als Folge reformerischer Anstrengungen der letzen 25 Jahre, schließlich „normalisiert“: Die Gewerkschaften sind als Repräsentant der Beschäftigten und unumgänglicher sozialer Gesprächspartner von Staat und Unternehmerschaft anerkannt und in dieser Rolle durch die Gesetzgebung geschützt und gefestigt. Seit den Auroux-Gesetzen von 1982 genießen die Beschäftigten gewissermaßen den Status eines Bürgers im Betrieb und verfügen über direkte Mitspracherechte wie in kaum einem anderen Land. Regelmäßige Tarifverhandlungen auf Betriebs- und Branchenebene sind obligatorisch, das Recht der Konsultation der Belegschaftsvertreter bei wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen ist gesetzlich geschützt.
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© 1997 Leske + Budrich, Opladen
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Rehfeldt, U. (1997). Die französischen Gewerkschaften und der Wandel der Arbeitsbeziehungen. In: Albertin, L., et al. Frankreich-Jahrbuch 1996. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95826-6_5
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