Zusammenfassung
Unser „zeitliches Begreifen“ ist nicht hoch entwickelt.92 Es ist gut möglich, daß die „nächste“ oder „übernächste“ politische Entscheidung oder ein hoffnungsvolles Technologieprogramm trotz besten Willens einen unerwünschten Folgen-„Zyklus“ auslöst. Unsere Denkzeuge und unsere Erfahrungen reichen oft nur aus, diese Grenzüberschreitungen im nachhinein zu begreifen.
„Tatsächlich sind Männer, die ein großes Arrangement vorbereiten, selten hellsichtig, was die Folgen anbetrifft. Ganz mit der Vergangenheit beschäftigt, die sie bewußt zu einem Abschluß bringen wollen, vermögen sie in der Ordnung, die sie aufzurichten bereit sind, nicht die Anzeichen künftiger Unordnung zu erkennen, die sie ihr mitgeben.“
(Bertrand de Jouvenel)
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Literatur
Schon Tocqueville meinte, daß in demokratischen Gesellschaften (mehr als in anderen) die politische Führung („Staatslenker“) den kurzfristigen Interessen der Bürger langfristige politische Ziele entgegensetzen solle, und gegen die Ungeduld (der Gesellschaft) die Beharrlichkeit und Stetigkeit (des Staates) stellen müsse. Nach Dieter Birnbacher, 1988 S. 259
Vgl. die Studien zur Implementationsforschung u.a. von Renate Mayntz (Hrsg.): Implementation politischer Programme. Empirische Forschungsberichte, Königstein / Taunus 1980 und 1981;
Hans U. Derlien: Ursachen und Erfolg von Strukturreformen im Bereich der Bundesregierung unter besonderer Berücksichtigung der wissenschaftlichen Beratung, in: C. Böhret (Hrsg.): Verwaltungsreformen und Politische Wissenschaft, Baden-Baden 1978, S. 67ff.;
und Helmut Wollmann (Hrsg.): Politik im Dickicht der Bürokratie (= PVS-Sonderheft 3), Opladen 1979
Vgl. — aus anderer Sicht — auch die Arbeiten von Dietrich Dörner, 1989, und ders. u.a., 1988
Arnold Künzli hat darauf aufmerksam gemacht, daß es auch eine „strukturelle Verantwortungslosigkeit“ geben kann, daß also die individuelle Absicht, sich für (Technik)Folgen verantwortlich zu fühlen, bedeutungslos bleibt gegenüber den „Strukturparametern des Systems“ — gegenüber der historischen Art und Weise zu produzieren, zu konsumieren und zusammenzuleben. Vgl. Arnold Künzli: Strukturelle Verantwortungslosigkeit, in: Th. Meyer / S. Miller (Hrsg.): Zukunftsethik und Industriegesellschaft, München 1986, S. 139–148, insbes. S. 145
Vgl. ausführlich bei Carl Böhret: Die Zeit des Politikers, Speyer 1990, insbes. S. 11ff.
Pluralistische Systeme sind strukturell auf Synchronität angelegt: was jetzt und gleichzeitig passiert, nehmen sie zumeist (zufällig) wahr. All das, was diachron verläuft, das „fernste Elend“ (H. Schelsky) interessiert nicht. Deshalb muß aktive Folgenpolitik — fast gegen ihre konzeptionellen Prämissen — zunächst partiell ansetzen (etwa beim Folgentyp der „schleichenden Katastrophe“) und von da aus diachrones Umdenken veranlassen, ohne das ganze System von vornherein zu erschüttern.
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Böhret, C. (1990). Aneignung: Folgenwissen und Folgentraining. In: Folgen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95750-4_13
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