Zusammenfassung
Fünf Jahre deutscher Einigungsprozeß haben für die Menschen in den neuen Bundesländern zu zahlreichen Veränderungen in ihren strukturellen Lebensbedingungen und subjektiven Lebensgewohnheiten, zu einem vielschichtigen Wandel unterschiedlicher Institutionen und zu einer differenzierten Einschätzung des gesellschaftlichen Umbruchs und seinen Folgen geführt. Zwar ist die Mehrheit der Bevölkerung in den östlichen Ländern davon überzeugt, daß sich das Leben für sie positiv verändert hat, dennoch zeigt ein Stimmungsbild aus dem Jahre 1994, daß zunehmend auch Ungerechtigkeiten des Einigungspozesses kritisiert werden und die Zustimmung zur Marktwirtschaft von 77% 1990 auf unter 40% Ende 1993 gesunken ist. In einer FORSA-Umfrage sind nur noch 12% der Ostdeutschen davon ausgegangen, nach der Einigung gerecht behandelt worden zu sein. Und in einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach vom Sommer 1993 antworteten 90% der Befragten im Osten und 80% im Westen, daß die Menschen in Ost und West nicht solidarisch seien und unterschiedliche Interessen verfolgten (Montada 1995, S. 313f.).
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Anmerkungen
Reinhard Kreckel (1992, S. 20) unterscheidet zwei Formen sozialer Ungleichheit: Distributive Ungleichheit, d.h. sozial strukturierte Verteilungsungleichheit und relationale Ungleichheit, d.h. sozial strukturierte Beziehungsungleichheit. Sowohl ungleich verteilte Güter als auch asymmetrische Beziehungen können somit Ausdruck sozialer Ungleichheit sein.
Zusätzlich zu den sog. „alten” vertikalen Ungleichheiten (Status, Einkommen, Bildung) geraten in diesem Zusammenhang zunehmend die „neuen” horizontalen Ungleichheiten in den Mittelpunkt des Interesses. Damit wird zum einen darauf abgehoben, daß sozialstrukturelle Schichtungen insgesamt zwar nicht an Bedeutung verloren haben, diese selbst aber längst nicht mehr ihre Ursachen ausschließlich in ökonomisch-marktwirtschaftlichen Verteilungsmechanismen und -diskrepanzen haben, sondern vielfach auch Ergebnis politisch-administrativer Steuerung und somit sozialstaatlicher Gestaltungsspielräume sind. Zum anderen versperrt eine weitgehend durch die Analyse materieller Lebensbedingungen geprägte Ungleichheitsforschung den Blick für solche Ungleichheiten, die sich außerhalb entsprechender Kategorisierungsannahmen herauskristallisiert haben, wie dies bspw. für die Geschlechterfrage, ethnische Zugehörigkeiten und regionale Disparitäten der Fall ist.
Hier wird der Arbeiterbegriff im Sinne westlicher Schichtungstheorien benutzt — und nicht im Sinne der politischen Definition von “Arbeiterklasse” in der DDR.
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© 1996 Leske + Budrich, Opladen
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Böllert, K. (1996). Soziale Ungleichheiten in den neuen Bundesländern: Herausforderungen für Jugendhilfe und Schule. In: Flösser, G., Otto, HU., Tillmann, KJ. (eds) Schule und Jugendhilfe. Reihe Schule und Gesellschaft, vol 12. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95740-5_14
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Print ISBN: 978-3-8100-1549-5
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