Zusammenfassung
Die Verhüllung des Berliner Reichstags beginnt nach der bestehenden Planung am 17. Juni 1995 und soll bis zum 23. Juni abgeschlossen sein. Danach ist der verhüllte Reichstag für zwei Wochen zu besichtigen. Das Ereignis wird nicht nur zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland nach Berlin führen, sondern auch das Interesse der nationalen und internationalen Medien auf sich ziehen.
Der Text gibt einen gestrafften Überblick über den editorischen roten Faden des Sammelbandes. Alle Klammerangaben verweisen auf Texte von in diesem Buch vertretenen Autoren. (Für kritische Anmerkungen und konstruktive Hinweise danke ich Kai-Uwe Hellmann.)
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Literatur
In Rußland ist der Reichstag noch heute Symbol des Sieges über den Nationalsozialismus. Jüngst wurde aus Anlaß des 50. Jahrestages des alliierten Sieges über Nazideutschland eine Briefmarke aufgelegt, die das Reichstagsmotiv darstellt (Ueberschär in diesem Band).
Die Verhüllungsobjekte von Christo und Jeanne-Claude führen ihr Eigenleben als reproduzierte Kunstobjekte in Form von Büchern, Skizzen, Fotobänden, Zeichnungen etc. Die Bezeichnung der Verhüllungskunst als temporäre Kunst ist insofern unzutreffend, als sie deren mediale Langzeitpräsenz nicht einschließt. Es handelt sich hier um ein interessantes Lehrstück über das Zusammenspiel von medialer Reproduzierbarkeit der Kunst, Mechanismen des Kunstmarktes und einer darauf spezifisch ausgerichtenen Kunstkonzeption. Diese Faktoren hinterlassen in ihrem Zusammenwirken Erinnerungsspuren im ästhetischen Gedächtnis.
Ohne die organisatorische Rückendeckung seiner Ehefrau hätte Christo seine aufwendigen Projekte nicht realisieren können. Die Verhüllungskunst entzieht sich nicht nur in ihrer Konzeption als öffentliche Aktionskunst, sondern auch in ihrer Situierung an den Schnittstellen von Malerei, Architektur, Technik und Wissenschaft (dazu Bredekamp; zu den Bezügen der Verhüllungskunst zum Theater siehe Maaßen/Marx/Pfaff) einer konventionellen Sparteneinteilung von Kunst. In einer eingespielten Teamarbeit können Christo und Jeanne-Claude daher, so auch das Selbstverständnis des Künstlerpaares, als gleichwertige gemeinsame Urheber der Verhüllungsobjekte gelten.
Die sinnliche Anschauung gilt seit den Anfängen der klassischen Philosophie als ein Moment der Erkenntnis. In seiner „Kritik der reinen Vernunft“ hat Kant sie als deren unhintergehbare Voraussetzung beschrieben. Die Einheit des „Wahren, Guten und Schönen, von Erkennntnis, Ethik und Ästhetik, findet sich nicht nur als Giebelspruch an der Frankfurter Alten Oper, sondern kennzeichnet insgesamt das humanistische Bildungsideal. Die ästhetische Anschauung, der Genuß des Schönen, mobilisiert demgemäß nicht nur die affektive Macht der Gefühle, sondern vermag diese in die Bahnen rationaler Erkenntnis zu leiten (vgl.: Glaser). Insbesondere der Faschismus mit seiner demagogischen Instrumentalisierung politischer Symbole, die Walter Benjamin als „Asthetisierung der Politik“ beschrieben hat, hat dieses harmonische Einheitskonzept ästhetischer Anschauung erschüttert. Das Mißtrauen gegenüber jeglicher politischen Ästhetik besteht seitdem fort (vgl.: Glaser).
Münkler kritisiert in diesem Band die einsamen Entscheidungen dieser Jurys über öffentliche Angelegenheiten der Staatsrepräsentation.
Bernhard Claußen spricht von einer „Metaästhetisierung“ im Sinne einer „ästhetischen Verfremdung eines an sich bereits ästhetischen Gebildes siehe dazu den von der Kulturbox Berlin parallel zum vorliegenden Buch als Diskette herausgegebenen umfangreichen Beitrag des Autors: Die Reichstagsverhüllung als Stimulus des politischen Lernens? Über den kritischen Umgang mit Parlamentarismus durch Kunst, Berlin 1995 (im Erscheinen)
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© 1995 Leske + Budrich, Opladen
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Klein, A. (1995). Einleitung. In: Klein, A., Braun, I., Schroeder, C., Hellmann, KU. (eds) Kunst, Symbolik und Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95708-5_1
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