Zusammenfassung
„Die Revolutionen von 1648 und 1789 waren keine englischen und französischen Revolutionen, sie waren Revolutionen europäischen Stils. Sie waren nicht der Sieg einer bestimmten Klasse der Gesellschaft über die alte politische Ordnung; sie waren die Proklamation der politischen Ordnung für die neue europäische Gesellschaft. Die Bourgeoisie siegte in ihnen; aber der Sieg der Bourgeoisie war damals der Sieg einer neuen Gesellschaftsordnung, der Sieg des bürgerlichen Eigentums über das feudale, der Nationalität über den Provinzialismus, der Konkurrenz über die Zunft, der Teilung über das Majorat, der Herrschaft des Eigentums des Bodens über die Beherrschung des Eigentums durch den Boden, der Aufklärung über den Aberglauben, ... des bürgerlichen Rechts über die mittelaltrigen Privilegien“1 . Dieser Deutung von Marx schließen wir uns an. In der englischen Revolution von 1648 kulminierte nicht ein Klassenkampf, wie beispielsweise Franz Borkenau in seiner Hobbes-Deutung vermeinte . Die beiden Bürgerkriege, die ihr vorausgingen, waren durch keine bestimmte Klassenkampfsituation gekennzeichnet; sie glichen vielmehr einem Konkurrenzkampf verschiedener Bevölkerungsfraktionen, in dem sich die neue, bürgerliche Gesellschaftsordnung herausbildete.
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Literatur
Marx, Die Bourgeoisie und die Kontrerevolution, in: MEW, Bd. 6, S. 107.
So: Franz Borkenau, Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode, Darmstadt 1971, S. 443
So: Franz Borkenau, Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode, Darmstadt 1971, S. 463.
Siehe hierzu auch die grundlegende methodische Kritik an Borkenau innerhalb des Diskussionszusammenhangs der Frankfurter Schule von: Henry Crossman, Die gesellschaftlichen Grundlagen der mechanischen Philosophie und Manufaktur, in: Zeitschrift für Sozialforschung (Paris) 2/1935. Borkenaus Zuordnung sozialer Träger zu Weltbildern sei, so Crossman, zu linear oder vereinfachend und führe — ironisch gewendet: mechanistisch — zu wissenschaftlich nicht verantwortbaren Pseudokausalitäten.
Hobbes, Behemoth oder Das Lange Parlament, S. 215 (Seitenzahlen beziehen sich hier wie im folgenden auf die deutsche Übersetzung im Anhang von: Julius Lips, Die Stellung des Thomas Hobbes zu den politischen Parteien der großen englischen Revolution, Leipzig 1927).
Hobbes, Leviathan, S. 249 (Seitenzahlen beziehen sich hier wie im folgenden auf die von Iring Fetscher herausgegebene und eingeleitete Ausgabe, Neuwied 1966).
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 115.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 115 f.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 67.
Ebd.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 190.
Vgl. dazu: Marx, Das Kapital, Erster Band, in: MEW, Bd. 23, S. 184.
Vgl. hierzu: Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 70 f. Der Naturzustand bei Hobbes bedeutet — dies ist wesentlich — alles andere als das Paradies, er kommt in fast zynischer Verkehrung des traditionellen Topos der Hölle gleich, in der der Mensch dem Menschen ein Wolf und so die Furcht allgemein ist. — Vgl. dazu: Jürgen Habermas, Theorie und Praxis, Frankfurt a. M. 1974, S. 48 ff.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 56. Derart ist in Hobbes’ Theorie allgemein eine Gesellschaft mit eingegangen, in der die Beziehungen des Marktes die sozialen Beziehungen formen und durchdringen. Das frühe bürgerliche Denken stellte sich als Besitzindividualismus dar, bezogen auf eine Eigentumsmarktgesellschaft, wie sie Crawford B. Macpherson mit Recht im Denken von Hobbes aufgezeigt sieht: „In einer Gesellschaft, in der Arbeit zur Ware wird und in der verschiedene Stufen des Begehrens, der Fähigkeiten oder des Besitztums existieren, wird ein auf Konkurrenz beruhender Warenmarkt zu einem Markt werden, auf dem alles der Konkurrenz unterliegt“. — Crawford B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes bis Locke, Frankfurt a. M. 1973, S. 69.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 82 f.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 95.
Bernard Willms, Die Antwort des Leviathan. Thomas Hobbes’ politische Theorie, Neuwied/Berlin 1970, S. 117.
Hobbes, Leviathan, a.a.O., S. 134.
Leo Strauss, Naturrecht und Geschichte, Stuttgart 1953, S. 256 f.
Locke, The Second Treatise of Government (hier und im folgenden zitiert nach der von Dorothee Tedow besorgten deutschen Übersetzung: Locke, Über die Regierung, Reinbek 1966), S. 30.
Locke, Über die Regierung, a.a.O., S. 30.
Crawford B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes bis Locke, Frankfurt a. M. 1973, S. 249.
Locke, Some Considerations of the Consequences of the Lowering of Interest and Raising the Value of Money, Works, Bd. 2, London 1759, S. 19.
Locke, Über die Regierung, Reinbeck 1966, S. 100.s
Locke, Über die Regierung, a.a.O., Kap. 9, Abschn. 131.
Vgl. dazu: Christopher Hill, Von der Reformation zur Industriellen Revolution. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Englands 1530–1780, Frankfurt a. M. 1977, S. 141.
Richard H. Tawney, Religion and the Rise of Capitalism, Harmondsworth 1948, S. 267.
William Petty, Britannia Languens, London 1680, S. 238.
Locke, Some Considerations of the Consequences of the Lowering of Interest and Raising the Value of Money, Works, Bd. 2, London 1759, S. 36.
Max Weber, Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. I, Tübingen 1972, S. 190.
Max Weber, a.a.O., S. 195.
Über das Widerstandsrecht heißt es: „Der Grund, aus dem die Menschen in die Gesellschaft eintreten, ist die Erhaltung ihres Eigentums, und das Ziel, um dessentwillen sie eine Legislative wählen und ihr Autorität verleihen, ist, daß Gesetze und Vorschriften geschaffen werden, um über das Eigentum aller Glieder der Gesellschaft zu wachen und es zu schützen ... Wann immer deshalb die Gesetzgeber danach trachten, dem Volk sein Eigentum zu nehmen oder zu zerstören oder es als Sklaven in ihre willkürliche Gewalt zu bringen, versetzen sie sich dem Volk gegenüber in den Kriegszustand. Das Volk ist daraufhin jedes weiteren Gehorsams entbunden und ist jener Zuflucht überlassen, die allen Menschen gemeinsam gegen Macht und Gewalt von Gott gegeben ist“. — Locke, Über die Regierung, Reinbeck 1966, S. 172.
Walter Euchner, Naturrecht und Politik bei John Locke, Frankfurt a. M. 1969, S. 217.
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Röhrich, W. (1986). Die bürgerliche Gesellschaft — Hobbes und Locke. In: Politik als Wissenschaft. WV studium, vol 141. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95705-4_19
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