Zusammenfassung
In den vorangegangenen Kapiteln wurden Strukturen als Rollenrechte und -pflichten, als institutionalisierte Werte und Normen, als primäre und sekundäre Regeln des Alltagshandelns, als im Verlauf der Biographie aufgebaute Identität und als Grundbedingungen sozialen Handelns dargestellt. Diesen Strukturbeschreibungen unterschiedlicher Autoren ist gemeinsam, daß es sich um Bedingungen handelt, die zwar langfristig von Gruppen oder einzelnen Individuen beeinflußbar sind, sich für den Handelnden in konkreten Interaktionen aber als unveränderbare soziale Gegebenheiten darstellen. Auf Strukturen kann der Handelnde unterschiedlich reagieren, indem er sich mit ihnen identifiziert und anpaßt, sich zwar anpaßt, aber seine Entfremdung durch Rollendistanz ausdrückt, oder schließlich das strukturelle Muster variiert oder sprengt. Diese Formen des Umgangs mit sozialen Regeln und Normen durch Individuen bilden das durchgängige Thema der bislang dargestellten Handlungstheoretiker.
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Literatur
Parsons’ theoretische Orientierung und sein komplizierter Sprachstil haben ihm bei seinen amerikanischen Kollegen den Ruf eingebracht, weniger ein amerikanischer als ein europäischer Soziologe zu sein. Hinzu kam, daß Parsons nach seinem Deutschlandaufenthalt in Heidelberg 1927 promoviert hat, wodurch er seine Nähe zur europäischen Theorietradition auch biographisch dokumentiert hat (Schluchter 1980: 9).
Qualitätszirkel als Instrument der Qualitätsverbesserung in Industrieunternehmen sind in großem Stil in Japan erprobt und von dort in die USA und Europa übernommen worden; vgl. Strombach und Johnson 1983. Als Standardwerke zum Thema Qualität gelten die beiden Bücher des ITT-Managers Philip B. Crosby (1986a,b). Populär wurde das Qualitätsthema in amerikanischen und europäischen Wirtschaftsunternehmen durch den Bestseller der beiden McKinsey Unternehmensberater Thomas J. Peters und Robert H. Waterman (1984).
Diese Rollenaufteilung zwischen erwerbstätigem Vater und für Kindererziehung und Haushalt zuständigen Mutter entspricht der typischen amerikanischen Mittelstandsfamilie zu Anfang der 50er Jahre. Parsons macht in späteren Werken deutlich, daß es für die Sozialisationstheorie keine Rolle spielt, ob der Vater oder die Mutter berufstätig ist. Falls die Mutter erwerbstätig ist, wird sie es übernehmen, die Normen der Berufswelt in die Familie hineinzutragen (vgl. Miebach 1984: 257). Die analytische Unterscheidung wurde von den Parsons-Kritikern nicht akzeptiert, so daß es zu einem Ritual von Sozialisationstheoretikern geworden ist, sich gegen die konservative Familiensoziologie Parsons’ abzugrenzen.
Die ausführliche Beschreibung der Pattern Variables findet sich in Parsons und Shils 1976. Eine Kurzfassung findet sich in Miebach 1984: 180.
Den Begriff „Interpenetration“ verwendet Parsons bereits im Rahmen der voluntaristischen Handlungstheorie (1935: 315), um die Vernetzung
Zu den Stufen der Moralentwicklung bei Kindern existiert eine umfangreiche soziologische Literatur. Als klassischer Text ist Piagets Monographie (1979) anzusehen. Neuere Ergebnisse, vor allem im Hinblick auf die kognitive Entwicklung, finden sich bei Kohlberg (1977). Zu der Institution des Eigentums bei Mead und dem Beispiel des Spielzeugtauschs vgl. Kap. 2. 2. 2.
Eine anschauliche Studie dieser „Legitimität durch Verfahren“ findet sich in Luhmann 1969.
Die klassische soziologische Herrschaftstheorie wurde von Max Weber (1972: 122–76) begründet.
Der Prestigebegriff spielt in der empirischen Literatur zur sozialen Ungleichheit eine wichtige Rolle; vgl. Zingg und Zipp 1983: 42.
Im Rahmen der Methoden der empirischen Sozialforschung werden an Skalen die Kriterien der Homogenität und Eindimensionalität angelegt. Für Homogenität hat die klassische Testtheorie Maßzahlen, wie z.B. Cronbach’s ALPHA, entwickelt (Nie und Hull 1977: RELIABILITY). Eindimensionalität wird dagegen auf der Basis von Faktorenanalysen überprüft (Nie u.a. 1975: Chapt. 24 ).
Das Korrelationsmaß wird in praktisch jedem Statistik-oder Methodenbuch dargestellt; vgl. Bortz 1984: Kap. 6.2 oder Nie u.a. 1975: Chapt. 18.
Eine Bestandsaufnahme der Forschungen zum Wertwandel bietet der Sammelband von Klages und Kmieciak (1979).
In seinem Studienbrief für die Fernuniversität Hagen entwickelt Pankoke (1984) die Idee des strukturellen Wandels der Wertorientierungen von Normenkonformität zu der sinnvermittelten Interpretation von Wertmustern.
Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat den Begriff „Habitus“ als Kategorie der Schichtungstheorie entwickelt und mit Hilfe von empirischen Studien den Habitus verschiedener sozialer Klassen erforscht (1985; zur Begriffsdefinition vgl. z.B. S. 278).
Die Studie der akademischen Profession wurde von Parsons und Platt 1967 durchgeführt. Insgesamt wurden 4598 Fragebögen an Fakultätsmitglieder aus 116 amerikanischen Colleges und Universitäten verschickt, von denen 3048 den zugesandten Fragebogen ausgefüllt zurückschickten. Ein Datenband wurde von Gerald Platt zur Verfügung gestellt, so daß die Daten im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojekts auf der Rechenanlage der Universität Düsseldorf ausgewertet werden konnten. Gerald Platt und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gilt unser Dank. Die Stichprobe wurde im ersten Schritt auf eine Fallzahl von 2568 reduziert, weil die restlichen Fragebögen eine zu große Anzahl von Antwortverweigerungen aufweisen. Mit dieser Stichprobe der Fakultätsangehörigen aus 115 verschiedenen Hochschulen wurden statistische Datenauswertungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Mittelwertvergleiche der Variablen „Forschungsorientierungen“ nach SID-Gruppen ist in Tabelle 4.19 dokumentiert.
Peters und Waterman 1984: 64. Es handelt sich um ein Zitat des McKinsey Beraters Kenichi Ohmae.
Ein Beispiel bildet der 1988 geführte Prozeß zwischen dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL und dem Fernsehjournalisten Werner Höfer, in dem zu klären war, ob der Begriff „Schreibtischtäter“ als Verleumdung anzusehen ist.
Die wissenschaftstheoretische Schule des „kritischen Rationalismus“ geht auf die Arbeiten des Philosophen Karl R. Popper zurück und wurde im deutschsprachigen Raum vor allem durch Hans Albert weiterentwickelt. Eine kurze Einführung mit Literaturhinweisen findet sich in Kromrey 1980; Kap. 1.2.
Nach Kuhn (1978, 1979) wird die Wissenschaftsentwicklung von Revolutionen bestimmt, in denen ein etabliertes Paradigma durch ein neues ersetzt wird. Das neue Paradigma bildet keine Weiterentwicklung des alten, liefert aber Erklärungen für paradoxe Phänomene, die mit dem alten Paradigma nicht befriedigend erklärt werden konnten. Die kritischen Rationalisten reagierten auf die Kuhasche Wissenschaftsgeschichte mit einer Verfeinerung ihrer Theorie; vgl. Esser, Klenovits und Zehnpfennig 1977: Kap. 5. Kuhn war an historischen Entwicklungen interessiert und nicht an der Formalisierung seiner Ideen. Diese Lücke schlossen die analytischen Wissenschaftstheoretiker Sneed und Stegmüller mit Hilfe des „strukturalistischen“ Ansatzes, auf den die hier verwendeten Kategorien „Grundbegriffe”, „explizite Modelle“ und „Musterbeispiele” zurückgehen. Eine Zusammenfassung der strukturalistischen Wissenschaftstheorie findet sich in Miebach 1984: Kap. 2.1. Zum Begriff „Paradigma“ vgl. auch Kap. 1, Anm. 5.
Kuhn hat in seinem Hauptbuch (1979) den Begriff „Paradigma“ in einer Vielzahl von Bedeutungsvarianten verwendet und auf diese Weise den Kritikern aus dem Lager der analytischen Philosophie den Nachweis geliefert, daß sein Modell strengen wissenschaftstheoretischen Kriterien nicht standhält. Erst durch die in Anm. 24 erwähnte Formalisierung von Sneed und Stegmüller wurde die Kuhnsche Wissenschaftstheorie so aufbereitet, daß sie Eingang in die Analytische Philosophie finden konnte.
Diese Beratungsangebote werden durch Modelle gestützt, für die sich der Begriff „Organisationsentwicklung“ durchgesetzt hat. Eine Einführung in die Thematik bildet der Übersichtsartikel von Senkel und Tress (1987).
In der deutschen Soziologie hat Fritz Schütze (1976) die narrative Methode als Technik der Interpretation von erzählten Geschichten auf eine theoretische Basis gestellt. Ähnlich wie die Ethnomethodologie interessiert Schütze, wie der Geschichtenerzähler durch Erklärungen, Bewertungen oder Rechtfertigungen den Grad seiner Handlungskompetenz offenlegt. Durch Rückschluß von der individuellen Handlungskompetenz auf die Handlungskapazitäten der sozialen Aggregate, denen der Erzähler angehört, ergeben sich im Rahmen der „differentiellen Kapazitätsanalyse“ Erkenntnisse über soziale Gruppen und Schichten (1976: 28).
Mit dem Hinweis auf die organisationssoziologische Anwendungsperspektive soll das Werk Luhmanns nicht in diese Richtung festgelegt werden. In allen Schriften finden sich substantielle Thesen und Modelle zu einzelnen Bindestrich-Soziologen wie Rechtssoziologie, politische Soziologie, Wirtschaftssoziologie, Soziologie der Moral oder Erziehung. Das Buch „Soziale Systeme“ läßt sich auch als empirische Studie der literarischen Wirklichkeitsrekonstruktion im 18. und 19. Jahrhundert lesen. Eine interessante Anwendung von Ideen der Theorie selbstreferentieller Systeme im Bereich der Organisationslehre findet sich in Probst 1987.
Benita und Thomas Luckmann beschreiben in ihrem Studienbrief für die Fernuniversität Hagen (1980) den historisch belegten Fall der Hexenverfolgung in Salem, USA, als Beispiel der Folgen von organisierten Vorurteilen. Zum Vorurteilsbegriff vgl. auch Estel 1983.
Im mathematischen Sinne wird die Menge aller zweistelligen Kombinationen (Paare) als Kartesisches Produkt bezeichnet. Eine bestimmte Auswahl aus dieser Menge von Paaren wird als Relation definiert. Somit wären in diesem Sinne Komplexität und Relation synonyme Begriffe. Zur mathematischen Definition des Relationsbegriffs vgl. Miebach 1984: 67–9.
Luhmann hat in seinen Frühschriften den Komplexitätsbegriff sehr weit ausgelegt und ijui mit dem Ausdruck „Komplexität der Welt“ (1973: 5) auch auf die unfaßbare Strukturiertheit der Welt angewendet. In diesem Sinne wären dann die Ausdrücke Selektion und Reduktion von Komplexität gleichbedeutend.
ergab sich nur eine geringe Abweichung der Mittelwerte auf der 5-stufigen Skala von 0.2 zwischen Studenten und Dozenten im Hinblick auf die Erwartung, daß die Hochschulausbildung berufsspezifisches Wissen vermitteln soll. Vgl. die Variable SPEZ in Miebach 1986a: 217, 230.
Der Begriff „Unternehmenskultur’ ist in den letzten Jahren zu einem Modewort der Management-und Organisationslehre geworden. Ähnlich wie der soziologische Kulturbegriff wird auch der Ausdruck „Unternehmenskultur“ in einer engen und einer weiten Fassung verwendet. Die eingegrenzte Definition bezieht sich auf Werthaltungen der im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter, während der weit gefaßte Begriff sich im anthropologischen Sinne auf das gesamte Spektrum von Verhaltensweisen, Verfahrens-und Arbeitsprozessen sowie auf Regeln und Organisationsstrukturen bezieht. Eine Literaturübersicht zum Thema Unternehmenskultur findet sich in Smircich 1983 und eine kritische Würdigung der Begriffs bieten Seidel 1987 und Simon 1990.
Das entspricht Parsons’ Auffassung während der strukturell-funktionalen Werkphase, als er Sozialsystem und Persönlichkeitssystem als „active systems“ betrachtete; vgl. Miebach 1984: 25.
Dies setzt voraus, daß die Studenten keine Studienanfänger sind. Als günstigster Zeitpunkt wird allgemein der Anfang des
Eine Einführung in die Methode der Biographieforschung bietet Fuchs (1984).
Einen Überblick über die Entwicklung der „Human Relation“-Schule in den 40er Jahren geben Kieser und Kubicek (1978) im 2. Band ihrer Einführung in die Organisationstheorien.
Die bekannteste Form dieser Arbeitsgruppe bildet der „Qualitätszirkel“ oder die „Lernstatt”. Vgl. Strombach und Johnson 1983.
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Miebach, B. (1991). Soziales Handeln in Systemen. In: Soziologische Handlungstheorie. WV studium, vol 142. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95676-7_5
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