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Deutsche Randschichten: Arme — Obdachlose — Langzeitarbeitslose

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Book cover Die Sozialstruktur Deutschlands
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Zusammenfassung

Für Bevölkerungsgruppen, die aufgrund gravierender Benachteiligungen unterschiedlicher Art teilweise vom „normalen“Leben der Gesellschaft ausgeschlossen sind, hat sich die unscharfe Bezeichnung „Randgruppen“eingebürgert (vgl. z. B. Scherr 2001). Mit diesem Etikett werden so unterschiedliche Gruppen (bzw. soziologisch genauer: Quasi-Gruppen) wie Ausländer und Spätaussiedler, Vorbestrafte und Homosexuelle, Sozialhilfeempfänger und Obdachlose, Behinderte und alte Menschen, Drogenabhängige und Arbeitslose versehen. Ich werde im Folgenden etwas näher auf diejenigen Gruppen eingehen, deren Soziallage unter anderem durch eine extreme sozio-ökonomische Unterversorgung gekennzeichnet ist. Sie sind im untersten Bereich der Schichtungshierarchie angesiedelt und werden im Folgenden als Randschichten bezeichnet. In der Bundesrepublik gehören dazu in erster Linie Arme, Obdachlose und Langzeitarbeitslose — Gruppen, die sich teilweise überlappen; in der DDR zählten dazu auch große Teile der alten Menschen. Wer vorübergehend — das ist in Deutschland die Regel — oder auch auf Dauer zu einer Randschicht gehört, muss „randständig“leben, ist „an den Rand der Gesellschaft gedrängt“, weil sich in seiner Soziallage erhebliche Benachteiligungen in verschiedenen Bereichen häufen. Starke ökonomische Defizite gehen in der Regel einher mit Tendenzen zur sozialen Isolation und sozialen Diskriminierung.

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Anmerkungen

  1. Georg Simmel, der als einer der ersten Soziologen Armut analysierte, hat den Relativismus des Armutsbegriffs noch weiter getrieben und auch innerhalb einer Gesellschaft derselben Zeit schichtspezifische Abstufungen der Armut unterschieden (Simmel 1968, 369).

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  2. Zum Armutsbegriff vgl. Zimmermann 2001, 36 ff.; Andreß 1999, 71 ff.

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  3. Zu den wichtigen Studien über die Armut in den 70er und 80er Jahren gehören: Klanberg 1978 über Einkommensarmut; der erste umfassende Bericht über die Armut in Deutschland für die EG-Kommision von Hauser/Cremer-Schäfer/Nouvertne 1981; Hartmann 1981 zur Sozialhilfebedürftigkeit und Dunkelziffer der Armut; Strang 1985 über Strukturen, Ursachen und Wirkungen von Sozialhilfebedürftigkeit sowie der Forschungsüberblick von Hauser 1988. Wichtige Ergebnisse der Armutsforschung seit 1990 enthalten: die Sammelbände Döring/Hanesch/Huster 1990, Leibfried/Voges 1992, Zwick 1994a, Lutz/Zeng 1998 und Barlösius/Ludwig-Mayerhofer 2001; die Caritas-Studien von Hauser/Hübinger 1993 und Hübinger/Hauser 1996; die Armutsberichte des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes von Hanesch u. a. 1994 und Hanesch/Krause/Bäcker 2000; die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zur verdeckten Armut von Neumann/Hertz 1998; das vielschichtige DFG-Projekt von Andreß 1999; der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (BMAS 2001); die Auswertung von Survey-Daten (SOEP, Wohlfahrtssurvey) bei Headey/Habich/Krause 1990, Krause 1992, Habich/Krause 1994, Krause 1994, Landua/Habich 1994, Habich/Krause 1997, Böhnke/Delhey 1999, Krause/Habich 2000 und Zimmermann 2001; die Langzeitstudie zu Sozialhilfeempfängern in Bremen von Buhr 1995, Ludwig 1995 und Leibfried u. a. 1995; die Studien und Sammelbände zur Armut von Kindern und Jugendlichen von Mansel/Brinkhoff 1998, Weick 2000; ISF 2000, Butterwegge 2000, Klocke/Hurrelmann 2001 und Butterwegge/Klundt 2002 sowie zur Armut in großstädtischen Wohngebieten von Alisch/Dangschat 1998, Keller 1999 und Friedrichs/Blasius 2000. Die Hefte zum Thema Armut von APUZ B 31–32 (1995) und B 18 (1999) vermitteln gute Überblicke über die verschiedenen Ansätze und wichtige Ergebnisse der neueren Armutsforschung.

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  4. Zum Beispiel Andreß/Lipsmeier 1995 und 2000; Andreß 1999; Böhnke/Delhey 1999; Habich 2000; Zimmermann 2001, 48 f.

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  5. Nach Hauser (1998, 162) lag das Nettoäquivalenzeinkommen in Haushalten von Sozialhilfeempfängern 1993 bei 46% des Durchschnitts.

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  6. Die Sozialhilfestatistik enthält noch eine ganze Reihe weiterer Tücken: 1. Sie erfasst alle Personen, die im Laufe des Berichtjahres mindestens einen Monat lang durchgehend HLU bezogen haben. Fälle von kürzerer Bezugsdauer erfasst sie nicht; daher registriert sie auch nicht die Wohnungslosen(1), da diese ihre Unterstützung tage- oder wochenweise abholen. 2. In Medien und Literatur werden manchmal kumulierte Jahresgesamtzahlen für die Sozialhilfeempfänger angegeben. Diese liegen um etwa die Hälfte höher als die Zahlen der Stichtagserhebung am Jahresende in Abb. 10.1, weil sie auch alle Personen enthalten, deren Unterstützung im Laufe des Jahres vor der Stichtagserhebung ausgelaufen ist. 3. Besonders missverständlich sind Angaben — diese tauchen ab und zu in den Medien auf-, die HLU und die so genannte „Hilfe in besonderen Lebenslagen“(HBL — d. h. Hilfe für Pflegebedürftige, Kranke, Behinderte u. a.) zusammenfassen, da die Statistik die „Fälle“von HLU und HBL getrennt zählt, wobei sie nicht unterscheidet, ob sich hinter zwei „Fällen“dieselbe Person verbirgt, die sowohl HLU als auch HBL erhält.

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  7. Für die 70er Jahre vgl. Hartmann 1981, 35 ff. und 168 f.; Hauser u. a. 1981, 70 und 73 f.; für die 80er und 90er Jahre Neumann 1999, 28–30. Andere Schätzungen weichen etwas von Neumann 1999 ab: für die 80er Jahre liegen sie etwas niedriger (Semrau 1990, 118; Hauser/Hübinger 1993, 52 ff.), für die 90er Jahre etwas höher (dazu Ha-nesch u. a. 2000, 143 f.).

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  8. Der Median ist derjenige statistische Wert (hier: des Äquivalenzeinkommens), der eine Bevölkerung in zwei gleich große Hälften teilt: die eine Hälfte liegt über, die andere unter dem Median. Arm nach der 60-%-Grenze, gemessen am Median, heißt also: das Äquivalenzeinkommen erreicht nicht 60% des Medianwertes.

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  9. Zur Situation bis zu Beginn der 80er Jahre vgl. Semrau 1990, 114 f., 118 und Hauser/ Semrau 1990, 4.

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  10. Habich/Krause 1994, 605; Krause 1994, 10; vgl. auch Weich 1996.

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  11. Die Öffnung der Armutskluft dürfte etwas gemäßigter ausfallen, wenn man andere Sozialhilfeleistungen — z. B. die Miet- und Heizkosten — bei der Rechnung berücksichtigen könnte. Vgl. auch Hauser 1995, 6.

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  12. BMAS 2001, Bd. 1, 172 und Bd. 2, 195; BAG 1995, 22 ff.; Iben 1992, 24 ff.; Specht-Kittler 1992, 38; Vaskovic s/Weins 1979, 46 ff.; Schuler-Wallner 1988, 33 ff.; Drygala 1988, 15 ff.; Iben 1989, 317 f.; Angele 1989, 31ff; Könen 1990, 41 ff.

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  13. Vgl. die Skizze „Ohne Wohnung leben“bei Ludwig-Mayerhofer u. a. 2001.

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  14. Traben 1999, 757 und 1997; Greifenhagen/Fichter 1998; Specht-Kittler 1992, 40.

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  15. Zum Beispiel bei Specht-Kittler/Schaub 1990 und Hauser/Hübinger 1993, 53.

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  16. Zum Sozialprofil der Wohnungslosen s. BAG 1995, 13; Wenzel/Leibfried 1986, 305; Steinack 1987, 126 ff.; Drude 1987, 38; Giesbrecht 1987, 27.

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  17. Vgl. auch die Fallstudie über wohnungslose Frauen und Männer in München bei Greifenhagen/Fichter 1998.

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  18. Deininger 1990, 426; Andreß 1994; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 25 f.

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  19. Buhr 1995, 106 f.; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 26 f.; vgl. auch Hartmann 1981, 112. Zu den theoretischen und methodischen Problemen der Analyse von Armutsdauer vgl. die differenzierte Darstellung bei Buhr 1995, 55 ff.

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  20. Vgl. dazu neben Habich/Krause 1997, 521 auch Hanesch/Krause/Bäcker 2000, 106.

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  21. Becks missverständliches und zum Teil auch irreführendes Konzept von der „Demokratisierung der Risiken“wird inzwischen auch (unkritisch) von der neueren dynamischen Armutsforschung übernommen (z. B. Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 33).

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  22. Vgl. Goebel/Habich/Krause 2002; Habich/Krause 1994, 604; Krause 1992, 12; Krause 1994a, 200.

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  23. Zu den alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen vgl. Drauschke/Mädje/Neusüß/ Stolzenburg 1993; Mädje/Neusüß 1994; Bothin/Wunsch 1994; Großmann/Huth 1996; Buhr 1995, 181 ff.

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  24. Buhr 1995, 184 ff., 189 ff., 228 f.; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 27.

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  25. „Unterversorgte“Familien in dieser Studie: unteres Fünftel in einem komplexen Index der Unterversorgung nach dem Lebenslagen-Ansatz.

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  26. „Armut“in dieser Studie: diejenigen 5% der Stichprobe (N=3328), die auf einem komplexen Index zur Messung der Soziallage der Herkunftsfamilie ganz unten rangieren.

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  27. Zusammenfassungen der empirischen Forschungsergebnisse bei Gerstenmaie r/Hamburger 1978, 156 ff., 163 ff.; Vaskovics/Weins 1979, 22; Bolte/Hradil 1988, 245 ff.; Angele 1989, 57 ff.; Wen 1989, 318 f.

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  28. Nach Steinkamp/Meyer 1996, 325 ff.; Kronauer 1995, 209; Schneider 1989, 300; Welzer u. a. 1988, 26; Hornstein 1988, 263; Zenke/Ludwig 1985, 271; Brinkmann 1984, 461 f. Zu den psychosozialen Folgen von Arbeitslosigkeit vgl. auch Silbereisen/Walper 1989; Landua 1990; Hess/Hartenstein/Smid 1991.

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  29. Eine ähnliche Einschätzung bei Andreß 2000.

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  30. Unberücksichtigt bleiben 6, 6 Millionen (= 8% der Bevölkerung) amtlich registrierte Schwerbehinderte (Datenreport 1999, 189), deren Soziallage einer speziellen eingehenden Analyse bedarf.

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  31. Zum Zustand der Wohnungen vgl. Sozialreport ‘90, 161 f.; Schröder 1991, 7. Nach Angaben der Bundesregierung sollten 20–25% des ostdeutschen Wohnungsbestandes von 1990 nach den westlichen Maßstäben „nicht mehr bewohnbar“sein (wib 8/91-XII/8).

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  32. Im Sozialreport 1992, 155 wird ein weniger dramatisches Bild gezeichnet: danach erzielten in den 80er Jahren 3 bis 5% der erwerbstätigen Haushalte ein Einkommen von weniger als 50% des Durchschnitts.

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  33. Vgl. Schneider 1988, 53, 73.

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  34. Zahlen nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit in der FAZ vom 6.2.1992 und 6.1.1994; vgl. auch Berger 2001a, 259 f. und Grünert/Lutz 1994, 3 ff. Zur hohen Arbeitsmarktmobilität vgl. auch Bender/Meyer 1993.

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  35. Nach einer Studie des DIW waren bis Ende November 1994 knapp eine halbe Million Beschäftigte in den Westen umgezogen (FAZ vom 17.11.1995); dazu kommen noch 400.000 bis 450.000 Pendler.

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  36. Rudolph 1998, 7; Hahn/Schön 1995, 79 ff.; Sozialreport 1994, 129 f.

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  37. Sozialreport 1992, 22, 28; Landua 1993, 41 ff.; Sozialreport 1994, 18, 97, 137, 292 ff.; Baumgart/Meyer 1994; Hahn/Schön 1995, 93 ff.; Berger/Bulmahn/Hinrichs 1995, 26 ff.

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  38. Brinkmann/Wiedemann 1994, 22 ff.; Hahn/Schön 1995, 81 f.

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  39. Berechnet nach BMAS 2001, Bd. 1, 78 und Bd. 2, 136.

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  40. Goebel/Habich/Krause 2002; BMAS 2001, Bd. 2, 134; zur stark verbesserten Einkommensposition vgl. z. B. Pischner/Wagner 1996, 166.

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  41. Hanesch u. a. 2000, 106 f.

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Geißler, R. (2002). Deutsche Randschichten: Arme — Obdachlose — Langzeitarbeitslose. In: Die Sozialstruktur Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95667-5_10

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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