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Deutsche Randschichten: Arme — Obdachlose — Langzeitarbeitslose

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Zusammenfassung

Für Bevölkerungsgruppen, die aufgrund gravierender Benachteiligungen unterschiedlicher Art teilweise vom „normalen“ Leben der Gesellschaft ausgeschlossen sind, hat sich die unscharfe Bezeichnung „Randgruppen“ eingebürgert (vgl. z. B. Karstedt 1975, 182; Markefka 1982, 24ff.). Mit diesem Etikett werden so unterschiedliche Gruppen bzw. soziologisch genauer: QuasiGruppen wie Ausländer und Spätaussiedler, Vorbestrafte und Homosexuelle, Sozialhilfeempfänger und Obdachlose, Behinderte und alte Menschen, Drogenabhängige und Arbeitslose versehen. Ich werde im folgenden etwas näher auf diejenigen Gruppen eingehen, deren Soziallage u. a. durch eine extreme sozio-ökonomische Unterversorgung gekennzeichnet ist. Sie sind im untersten Bereich der Schichtungshierarchie angesiedelt und werden im folgenden als Randschichten bezeichnet. In der Bundesrepublik gehören dazu in erster Linie Arme, Obdachlose und Langzeitarbeitslose — Gruppen, die sich teilweise überlappen; in der DDR zählten dazu auch große Teile der alten Menschen. Wer vorübergehend — das ist in Deutschland die Regel — oder auch auf Dauer zu einer Randschicht gehört, muß „randständig“ leben, ist „an den Rand der Gesellschaft gedrängt”, weil sich in seiner Soziallage erhebliche Benachteiligungen in verschiedenen Bereichen häufen. Starke ökonomische Defizite gehen in der Regel einher mit Tendenzen zur sozialen Isolation und sozialen Diskriminierung. Dadurch werden die Lebenschancen der Randschichten und ihre Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben erheblich beeinträchtigt. Randschichten sind in diesem Sinne „marginalisiert“; sie sind Problemgruppen der Sozialpolitik und nur mangelhaft in die Kerngesellschaft integriert.

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Anmerkungen

  1. Georg Simnel,der als einer der ersten Soziologen Armut analysierte, hat den Relativismus des Armutsbegriffs noch weiter getrieben und auch innerhalb einer Gesellschaft derselben Zeit schichtspezifische Abstufungen der Armut unterschieden (Simmel 1968, 369).

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  2. Zum Armutsbegriff vgl. Buhr 1995. 19ff.; Hanesch u. a. 1994, 22ff.; Iben 1992, 19ff.

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  3. Zu den wichtigen Studien über die Armut in den 70er und 80er Jahren gehören: Klanberg 1978 über Einkommensarmut; der erste umfassende Bericht über die Armut in Deutschland für die EG-Kommision von Hauser/Cremer-Schäfer/Nouvertné 1981; Hartmann 1981 zur Sozialhilfebedürftigkeit und Dunkelziffer der Armut; Strang 1985 über Strukturen, Ursachen und Wirkungen von Sozialhilfebedürftigkeit sowie der Forschungsüberblick von Hauser 1988. Wichtige neuere Ergebnisse der Armutsforschung enthalten: die Sammelbände Döring/Hanesch/Huster 1990 Leibfried/Voges 1992 und Zwick 1994a; die Caritas-Studie von Hauser/Hübinger 1993; der Armutsbericht des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes von Hanesch u. a. 1994; die Auswertung von Daten des Sozio-ökonomischen Panels von Headey/Habich/Krause 1990 Krause 1992 Habich/Krause 1994 Krause 1994 und Landua/Habich 1994; die Langzeitstudie zu Sozialhilfeempfängern in Bremen von Buhr 1995 Ludwig 1995 und Leibfried u. a. 1995. Die Beiträge von Hauser Hanesch Ludwig/ Leisering/Buhr Andreß/Lipsmeier und Dangschat im Heft B 31–32 (1995) von APUZ vermitteln einen guten knappen Überblick über die verschiedenen Ansätze und wichtigen Ergebnisse der aktuellen Armutsforschung.

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  4. Ähnlich Iben (1992, 20) und Buhr (1995, 20), nach der die SH-Grenze „in etwa bei 40 Prozent“ liegt. Abweichend die Berechnungen von Hauser (1995, 8), der das verfügbare Einkommen der Sozialhilfeempfänger „bei etwa der Hälfte des Durchschnitts” ansiedelt.

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  5. Die Sozialhilfestatistik enthält noch eine ganze Reihe weiterer Tücken: 1. Sie erfaßt alle Personen, die im Laufe des Berichtjahres mindestens einen Monat lang durchgehend HLU bezogen haben. Fälle von kürzerer Bezugsdauer erfaßt sie nicht; daher registriert sie auch nicht die Wohnungslosen(!), da diese ihre Unterstützung tage-oder wochenweise abholen. 2. In den Medien werden häufig Ergebnisse einer Stichtagserhebung am Jahresende publiziert. Diese liegen stets um ca. ein Drittel niedriger als die Jahreswerte in Abb. 9.1, da alle diejenigen Personen fehlen, deren Unterstützung im laufenden Jahr vor dem Stichtag beendet war. Den Berechnungen in Abb. 9.6 liegen die Werte der Stichtagserhebung zugrunde. 3. Da viele Asylbewerber von Sozialhilfehilfe leben (müssen), ist die Entwicklung der Gesamtzahlen stark vom Wanderungsgeschehen abhängig. 4. Besonders mißverständlich sind Angaben — diese tauchen ab und zu in den Medien auf —, die HLU und die sog. „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ (HBL — d. h. Hilfe für Pflegebedürftige, Kranke, Behinderte u.a.) zusammenfassen, da die Statistik die „Fälle” von HLU und HBL getrennt zählt, wobei sie nicht unterscheidet, ob sich hinter zwei „Fällen“ dieselbe Person verbirgt, die sowohl HLU als auch HBL erhält.

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  6. Für die 70er Jahre vgl. Hartmann 1981, 35ff. und 168f.; Hauser u. a. 1981, 70 und 73f.; Cremer/Schäfer 1981, 20 für Arbeitslose; für die 80er Jahre vgl. Semrau 1990, 118; Hauser/Hübinger 1993, 52ff.

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  7. Zur Situation bis zu Beginn der 80er Jahre vgl. Semrau 1990, 114f., 118 und Hauser/Semrau 1990, 4; zur Situation heute und im letzten Jahrzehnt vgl. z. B. Hauser 1995, 8 (Sozialhilfebezug); Habich/Krause 1994, 604f. und Krause 1994, 10ff. (beide 50%-Grenze).

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  8. Habich/Krause 1994, 605; Krause 1994, 10; vgl. auch Weick 1996.

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  9. Die Öffnung der Armutskluft dürfte etwas gemäßigter ausfallen, wenn man andere Sozialhilfeleistungen — z. B. die Miet-und Heizkosten — bei der Rechnung berücksichtigen könnte. Vgl. auch Hauser 1995, 6.

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  10. Dem Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Thomas SpechtKittler,danke ich vielmals für zahlreiche Informationen zur Wohnungsnot und zum Problem ihrer quantitativen Erfassung.

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  11. BAG 1995, 22ff.; Iben 1992, 24ff.; Specht-Kittier 1992, 38; Vaskovics/Weins 1979, 46ff.; Schuler-Wallner 1988, 33ff.; Drygala 1988, 15ff.; lben 1989, 317f.; Angele 1989, 31ff; KOnen 1990, 41ff.

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  12. Steinack 1987, 126, 128; Rohrmann 1987, 99f.; Specht-Kittier 1992, 40.

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  13. z. B. bei Specht-Kittler/Schaub 1990 und Hauser/Hübinger 1993, 53.

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  14. BAG 1995, 13; Wenzel/Leibfried 1986, 305; Steinack 1987, 126ff.; Drude 1987, 38; Gies-brecht 1987, 27.

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  15. Deininger 1990, 426; Andreß 1994; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 25f.

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  16. Buhr 1995, 106f.; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 26f.; vgl. auch Hartmann 1981, 112. Zu den theoretischen und methodischen Problemen der Analyse von Armutsdauer vgl. die differenzierte Darstellung bei Buhr 1995, 55ff.

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  17. Becks mißverständliches und zum Teil auch irreführendes Konzept von der,,Demokratisierung der Risiken“ wird inzwischen auch (unkritisch) von der neueren dynamischen Armutsforschung übernommen (z. B. Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 33).

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  18. Vgl. Habich/Krause 1994, 604; Krause 1992, 12; Krause 1994a,200.

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  19. Zu den alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen vgl. Drauschke/Mädje/Neusüß/Stolzenburg 1993; Mädje/Neusüß 1994; Bothin/Wunsch 1994; Großmann/Huth 1996; Buhr 1995, 181ff.

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  20. Buhr 1995, 184ff., 189ff., 228f.; Ludwig/Leisering/Buhr 1995, 27.

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  21. Armut“ in dieser Studie: diejenigen 5% der Stichprobe (N=3328), die auf einem komplexen Index zur Messung der Soziallage der Herkunftsfamilie ganz unten rangieren.

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  22. Zusammenfassungen der empirischen Forschungsergebnisse bei Gerstenmaier/Hamburger 1978, 156ff., 163ff.; Vaskovics/Weins 1979, 22; Bolte/Hradil 1988, 245ff.; Angele 1989, 57ff.; Iben 1989, 318f.

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  23. Nach Steinkamp/Meyer 1996, 325ff.; Schneider 1989, 300; Welzer u. a. 1988, 26; Hornstein 1988, 263; Zenke/Ludwig 1985, 271; Brinkmann 1984, 461f. Zu den psychosozialen Folgen von Arbeitslosigkeit vgl. auch Silbereisen/Walper 1989; Landua 1990; Hess/Hartenstein/ Smid 1991.

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  24. Unberücksichtigt bleiben 5,4 Mio. (= 8% der Bevölkerung) amtlich registrierte Schwerbehinderte (Datenreport 1994, 191), deren Soziallage einer speziellen eingehenden Analyse bedarf. Auch die etwa 2 Mio Spätaussiedler der letzten Jahre (S. 352f.) werden nicht zu den Randschichten gezählt, da ihre Aussichten auf Integration in die Kerngesellschaft langfristig eher als gut einzuschätzen sind.

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  25. Zum Zustand der Wohnungen vgl. Sozialreport `90, 161f.; Schröder 1991, 7. Nach Angaben der Bundesregierung sollten 20–25% des ostdeutschen Wohnungsbestandes von 1990 nach den westlichen Maßstäben „nicht mehr bewohnbar“ sein (wib 8/91-XII/8).

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  26. Im Sozialreport 1992, 155 wird ein weniger dramatisches Bild gezeichnet: danach erzielten in den 80er Jahren 3–5% der erwerbstätigen Haushalte ein Einkommen von weniger als 50% des Durchschnitts.

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  27. Vgl. Schneider 1988, 53, 73.

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  28. Zahlen nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit in der FAZ vom 6.2.1992 und 6.1.1994; vgl. auch Grünert/Lutz 1994, 3ff. Zur hohen Arbeitsmarktmobilität vgl. auch Bender/Meyer 1993.

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  29. Nach einer Studie des DIW waren bis Ende November 1994 knapp eine halbe Million Beschäftigte in den Westen umgezogen (FAZ vom 17.11.1995); dazu kommen noch 400.000 bis 450.000 Pendler (vgl. S. 355).

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  30. Sozialreport 1992, 22, 28; Landua 1993, 41ff.; Sozialreport 1994, 18, 97, 137, 292ff.; Baumgart/Meyer 1994; Hahn/Schön 1995, 93ff.; Berger/Bulmahn/Hinrichs 1995, 26ff.

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  31. Brinkmann/Wiedemann 1994, 22ff.; Hahn/Schön 1995, 81f.

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  32. Hanesch u. a. 1994, 235; DJI 1994, 4; vgl. dazu auch Großmann/Huth 1996.

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  33. Hanesch u. a. 1994, 237; Schröder 1995, 12f.; zur stark verbesserten Einkommensposition vgl. z. B. Pischner/Wagner 1996, 166.

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  34. Hanesch u. a. 1994, 255ff. (Sozialhilfedaten); Hanesch 1995, 121ff. (SOEP-Daten).

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Geißler, R. (1996). Deutsche Randschichten: Arme — Obdachlose — Langzeitarbeitslose. In: Die Sozialstruktur Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95660-6_9

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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