Zusammenfassung
Einbezogen in die Lösung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben und gestützt auf ein weitverzweigtes Netz fördernder Institutionen, wurden die 50er und frühen 60er Jahre zur großen Zeit der »Systemwissenschaften«, von denen jetzt ganz allgemein die Rede war. Rückblickend betrachtet erscheinen die 40er Jahre als Transformationsperiode, in der sich unter gesellschaftlichen Ausnahmebedingungen ein grundlegend verändertes Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft eingespielt hat, in der bislang unbekannte Formen wissenschaftlichen Arbeitens und neuartige Problemdefinitionen in die Methoden und Begriffe der Neuen Wissenschaften übergegangen, von ihnen gleichsam »internalisiert« worden sind. Diese Veränderungen lassen sich daher nicht, wie im letzten Teil ausgeführt, in soziologische Mechanismen auflösen; sie sind an der methodischen Struktur der Neuen Wissenschaften selbst nachweisbar. Die exzeptionellen Bedingungen der 40er Jahre katalysierten einen Prozeß, der ohne seine sozialen Vermittlungen zwar nicht hinreichend verständlich, der gleichwohl durch eine veränderte wissenschaftstheoretische Konstellation gekennzeichnet ist, die eine eigene Analyse erfordert.
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Literatur
Weinberg 1967, 221. Vgl. unten, 13. Kap., Abschn. 1.
Ford Foundation 1949, 92.
Ford Foundation 1953, Punkte 5 u. 7.
Zur Förderpolitik der großen Stiftungen, zu den Aktivitäten des Social Science Research Council, des Committee on Political Behavior und des Committee on Comparative Politics s. aus politikwissenschaftlicher Sicht die Darstellung von Falter 1982, 102ff., hier 103 u. 114. Die curriculare Verbreitung des Systemansatzes wurde maßgeblich von Ralph Tyler, dem Gründungsdirektor des Center for the Advanced Study in the Behavioral Sciences, Palo Alto, vorangebracht.
Berelson 1968, 43. Vor dem Hintergrund dieses institutionellen Faktums rückt auch der der Parsons-Philologie nie ganz verständlich gewordene Umschwung von einer erklärtermaßen voluntaristischen Handlungstheorie in The Structure of Social Action zur behavioristischen Motivationspsychologie, die in The Social System durchscheint, in ein anderes Licht. Parsons selbst war sich der Verbindung seiner »analytischen Kategorien« zu den institutionellen Besonderheiten der Harvard University, die für ihn das Modell der >American University« schlechthin war, freilich durchaus bewußt. So korrespondieren etwa die methodologischen Schlußfolgerungen seines frühen Handlungsschemas und sein Tableau der Handlungswissenschaften mit der Abteilungsstruktur der sozialwissenschaftlichen Fakultät in Harvard; s. u., 281, Fn. IS. u. insbes. 295, Fn. 51.
Behavioral Science, Vol. 1 (1956), 2.
Miller 1955, 513; wie Berelson 1968, 43, ausführt, ein offenbar erfolgreicher Gedanke: »It is perhaps obvious that the Ford Foundation’s commitment of several million dollars to this program had something to do with the term’s acceptance and spread.« Zu Fermis Rolle s. das rückblickende, in Behavioral Science, Vol. 40 (1995), No. I, abgedruckte Gespräch zwischen Miller und Ralph Tyler, hier S. 11.
S. hierzu Falter 1982, 117–124. Diese Verdächtigungen lagen ganz auf der Linie von Heideggers Vergleich von Logischem Positivismus und »russischem Kommunismus»; s. o., S. 57f., Fn. 57.
Behavioral Science, Vol. 2, No. 2 (1958), 217–227: National Support for Behavioral Science. Ulam (1976/1991, 251) spricht treffenderweise von »Government Science,.
Smith 1988, 192. Auch den spieltheoretischen Begriffen wurden »bessere heuristische Überlegungen« zugebilligt, »als das bisher in der Gesellschaftstheorie der Fall war« (Klaus 1968, 226).
Easton 1965, XVlff.; Behavioral Science, Vol. 1 (1956), Editorial.
Miller 1956, 320.
Miller 1956, 320. In seiner Autobiographie unterstreicht Parsons (1970, 28) den Einflul3 dieser Treffen auf die weitere Entwicklung seiner Theorie über den noch ohne Informationsbegriff entworfenen Struktur-Funktionalismus hinaus: »Further steps were greatly influenced by a continuing Conference on System Theory held from about 1952 to 1957 under the chairmanship of Dr. Roy Grinker in Chicago.«
Bertalanffy 1955, 29.
Bertalanffy 1971, XV.
Behavioral Science, Vol. I (1956), 3.
Behavioral Science, Vol. I (1956), 1.
Rapoport 1966b, 140fí. u. 210.
Rapoport 1986, Preface.
Bertalanffy 1971, XVIIIf.
Bertalanffy 1968, 19.
Bertalanffy 1968, I u. 8.
Bertalanffy 1968, 19.
Bertalanffy 1961–64, 208f.; vgl. 1955, 5If.
Bertalanffy 1961–64, 199ff., hier 207. S. auch den frühen, von Miller und anderen Mitgliedern des Committee on Behavioral Sciences herausgegebenen Konferenzbericht über homöostatische Modelle in den Verhaltenswissenschaften: Miller et. al. 1953. Fine eindringliche Kritik des Gleichgewichtsbegriffs in den Sozialwissenschaften leistete Easton 1956.
Bertalanffy & Rapoport 1956, V.
Bertalanffy 1955, 31 u.32.
Bertalanffy 1962, 97.
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Müller, K. (1996). Die institutionelle Strategie und das Programm der Allgemeinen Systemtheorie — Behavioral Science und General Systems . In: Allgemeine Systemtheorie. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 164. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95633-0_10
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