Zusammenfassung
Am Beispiel der Professionalisierung der PR allgemein und konkret an Fragen der Implikationen und nötigen Voraussetzungen eines PR-Managements ist die Verschränkung von Akteur und System bereits deutlich geworden: Die Praxis der PR im Sinne einer Managementfunktion bedarf spezifischer Kompetenzen und verlangt professionelles Handeln der PR-Akteure. Zugleich ist ein PR-Management an spezifische Voraussetzungen seitens der Organisation gebunden — diese beziehen sich insbesondere auf das Verständnis von PR als Managementfunktion seitens der Organisationsleitung und auf organisationsstrukturelle Voraussetzungen, die eine PR-Managementpraxis erst möglich machen. Um PR als Organisationsfunktion systematisch analysieren zu können, ist zunächst eine theoretische Grundlage erforderlich, die Merkmale, Funktionen und Bedingungen von Organisationen als soziale Gebilde beschreibt. Zum anderen wird ein theoretischer Bezugsrahmen benötigt, der es ermöglicht Öffentlichkeitsarbeit in der wechselseitigen Bezugnahme von Struktur und Handlung zu analysieren. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird im Folgenden zunächst ein allgemeines Organisationsverständnis aufgearbeitet, um dies dann schließlich mit Hilfe der Strukturierungstheorie von Anthony Giddens im Hinblick auf das Verhältnis von Struktur und Handlung präzisieren zu können.
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Literatur
Giddens verweist auf das Konzept der Positionierung, das bereits sprachlich auf die wechselseitige Verschränkung von Struktur und Handlung und die ermöglichende und begrenzende Funktion von Rollen bzw. sozialen Positionen hinweist. Unter einer sozialen Position versteht er „eine soziale Identität, die um eine Reihe bestimmter Rechte und Pflichten (wie diffus diese auch immer gekennzeichnet sein mögen) herum organisiert ist. Diese Rechte und Pflichten kann der Akteur, dem die entsprechende Identität zugeschrieben wird (bzw. der ‘Inhaber’ der entsprechenden Position ist), fordern bzw. erfüllen: Sie konstituieren die mit der Position verbundenen Rollenerwartungen.“ (Giddens 1979: 117 zit.n. Giddens 1997: 138)
Andere Formen der Kompetenzverteilung (z.B. Projektorganisation, Selbstabstimmung) werden hier nicht behandelt (vgl. Schreyögg 1996: 164ff.; Hill/Fehlbaum/Ulrich 1981: 191ff.).
Nach Hill/Fehlbaum/Ulrich 1981: 212f.
Die Konzeption von Organisationen als offene Systeme und die Überlegung, dass sich in den Strukturdimensionen effizienter Organisationen die Umweltkomplexität widerspiegeln muss, findet sich in der PR-Theoriebildung beispielsweise bei Grunig et al. (siehe Kapitel 1.1.3).
Insofern ist der Kontingenzansatz eher als Forschungsansatz, denn als Theorie im eigentlichen Sinne zu verstehen (vgl. Staehle 1990: 51).
Die hier rezipierte 3. Auflage von 1997 ist identisch ist mit der deutschen Erstauflage von 1988.
In Anlehnung an Neuberger 1995: 291.
Giddens verwendet die Begriffe Handelnder und Akteur synonym; sein Akteursbegriff bezieht sich nicht primär auf Organisationen als korporative Akteure oder zum Beispiel Netzwerke, sondern auf Individuen. Wir übernehmen im Folgenden diesen Akteursbegriff (Giddens 1997: 36).
Knowledgeability wird in der deutschen Literatur überwiegend und eher unglücklich mit Bewusstheit übersetzt. Wir verwenden demgegenüber den Begriff der „Einsichtsfähigkeit“.
Quelle: Neuberger 1995: 291.
Quelle: Neuberger 1995: 291.
Der Begriff der Reproduktion bezieht sich nicht nur auf die konstante Wiederherstellung, sondern umfasst akualisierende Anwendungen, die Modifizierungen beinhalten (können).
Quelle: Giddens 1997: 81.
Nach Giddens 1997:87.
Es sei hier nochmals darauf verwiesen, dass Giddens die Begriffe Handelnder und Akteur synoym verwendet und sich damit primär auf Individuen bezieht (Giddens 1997: 36).
Aus systemtheoretischer Perspektive beschreibt Willke das Verhältnis von Teilen und Ganzem folgendermaßen: „Erst die Einsicht, dass komplexe Systeme nicht durch die Aggregation von Einzelhandlungen (unit acts) sich bilden, sondern dass auf qualitativ unterschiedlichen Stufen der Komplexität neue emergente Eigenschaften sich entwickeln, die aus den Eigenschaften der Teile nicht ableitbar sind, verhilft zu angemessenen Konzepten der Steuerung hochkomplexer Systeme.“ (Willke 1987: 19f.)
Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von individuellen und organisierten Akteuren siehe auch: Geser 1990.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der CI-Ideologie findet sich bei Neuberger. Er bezeichnet CI als „Management-Kitsch“ (1994: 2) und weist auf ihren vertuschenden Charakter hin: „...die Unternehmung als Produkt wie Medium des Managementhandelns wird durch die Inszenierung einer Corporate Identity in schönen Schein gekleidet, um Alternativen auszublenden.“ (Neuberger 1994: 1). Und: „... es geht nicht darum, die reale Dynamik, Vielfalt, Heterogenität, Wandelbarkeit und Konfliktkaftigkeit der Positionen und Interessen im Unternehmen zum Ausdruck zu bringen, sondern im Gegenteil: CI ist Produkt eines Fixationsbads, das eine im Labor entstandene gestellte Momentaufnahme — nature morte — festhält und sie als Idealportrait ‘des’ Unternehmens ausgibt“ (Neuberger 1994: 53).
In Anlehnung an: Ortmann et al. 1990: 27 u. 30; Becker 1996: 141 u. 194.
Hier scheinen Parallelen zur zentralen Frage organisationskultureller Ansätze auf, ob Organisationen (gemäß des interpretativen Paradigmas) als soziale Gebilde (Systeme) anzusehen sind, die Kultur sind, oder ob sie — im Sinne des funktionalistischen Paradigmas — Kultur haben, Kultur also nur als eine von zahlreichen bestimmenden Faktoren von Organisationen angesehen wird (vgl. Drepper 1992: 27; Elsik 1999: 88; Smircich 1983).
Eine ausführliche Dokumentation unterschiedlicher Definitionen und Verständnisse von Spielen findet sich bei Neuberger 1988 und 1995.
Akteure agieren insofern subjektiv rational, als dass sie zwar aufgrund begrenzter Informiertheit niemals ein vollständiges Bild über alle möglichen Handlungsalternativen verfügen, aber jeweils auf der Basis der von ihnen subjektiv wahrgenommenen Informationen und unter Einbeziehung ihrer Ziele, Interessen und den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen, die bestmögliche Handlungsalternative suchen (vgl. Staehle 1990: 487). Die Rationalität des Akteurshandelns fußt auf der Annahme, dass allem Handeln der Akteure Strategien zugrunde liegen, die sich als sinnvoll rekonstruieren lassen (Neuberger 1995: 208). Damit setzt sich das Spielekonzept deutlich von Überlegungen der Rational-Choice-Ansätze ab.
In einem aspektualen Verständnis von Mikropolitik werden unterschiedliche Haltungen (Eigenschaften) einzelner Akteure thematisiert, die in direktem Bezug zur Bereitschaft stehen, politisch zu handeln. Als zentrale Haltungen, die den Einsatz von Macht zur Verwirklichung individueller Interessen fördern, werden genannt: Machiavellismus; Kontrollüberzeugung, Risikobereitschaft und das Bedürfnis nach Macht (vgl. Elsik 1999: 81 f.).
Kontingenz des Handelns umfasst sowohl die Abhängigkeit von einem Kontext, als auch Unbestimmtheit, das „anders sein können“ (Crozier/Friedberg 1979: 313, Anmerkung 37).
Macht ist im hier verwendeten Sinn und im Anschluss an Giddens nicht als Gegensatz zu Konsens zu verstehen, anders als zum Beispiel bei Foucault. Eine Analyse des Verhältnisses von PR und Macht in Anlehnung an Foucault liefern Dorer/Marschik (1993).
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Röttger, U. (2000). Organisation als wechselseitige Verschränkung von Struktur und Handlung — organisationstheoretische Grundlagen. In: Public Relations — Organisation und Profession. Organisationskommunikation. Studien zu Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmanagement. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95623-1_4
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