Zusammenfassung
Vom ersten Moment seiner Existenz an war das Fernsehen schon mehr als nur (las berühmte ‚Fenster zur Welt‘, also ein Medium der Fernanwesenheit, das dem Nutzer erlaubt, auch das zu sehen, was sich in weiter Ferne ereignet. Fernsehen war auch immer mehr als nur ein kommerzielles ‚Schaufenster‘, in dem die Waren dieser Welt und die an sie gehefteten Glücks- und Heilsversprechungen ausgestellt wurden. Das Medium ‚Fernsehen‘ liefert mit seinen vielen Vollprogrammen rund um die Uhr, über das Jahr und die Welt hinweg allen Fernsehzuschauern (und mittelbar auch denen, die über kein Fernsehen verfügen) eine parallel zum wirklichen Leben strukturiert mitlaufende ‚Fernsehwirklichkeit‘. In sie kann man sich ständig und immer wieder einklinken. Und im Gegensatz zum unübersichtlich gewordenen real life ist die übersichtliche Ordnung in der jenseitigen Medienwelt dem Betrachter gut vertraut. Im Fernsehen dauern Geschichten eine bestimmte Zeit und sie haben ihre Zeit (morgens, abends, nachts). Die versendeten Formen und Formate haben einen festen Rhythmus, manche Sendungen ihren festen Platz. Fernsehen ereignet sich in festen Zyklen. Diese sind dauerhaft, vertraut und verlässlich. Das Medium ‚Fernsehen‘ hat eine Liturgie konstituiert (vgl. Thomas 1996), welche den Tag und das Jahr gliedert. Sagten ehemals die Kirchenglocken, was die Stunde geschlagen hatte, so zeigt einem heute ein Blick ins Fernsehen nicht nur die Tageszeit, sondern auch die Jahres- und Festzeit (Weihnachten, Ostern, Karneval) an. Das Fernsehen ist zu einem wichtigen sozialen Zeitgeber (vgl. Neverla 1993) unserer Tage geworden.
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Reichertz, J. (2000). Das Fernsehen (und die Werbung) als neue Mittel zur Fest-Stellung von Identität. In: Hettlage, R., Vogt, L. (eds) Identitäten in der modernen Welt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95614-9_5
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