Zusammenfassung
Stadt ist der Ort, wo Fremde wohnen. Auf dem Dorf gibt es keine Fremden. In der Stadt ist man überrascht, ein bekanntes Gesicht zu sehen, und je häufiger dies geschieht, desto eher beschleicht einen das Gefühl, in der Provinz zu leben, nicht eigentlich in einer Stadt. Auf dem Dorf dagegen dreht man den Kopf nach jedem Fremden, und sieht man zu viele, fürchtet man, seine Heimat zu verlieren. Ohne Fremde, und das heißt ohne Zuwanderung, gibt es keine großen Städte. Das antike Rom wurde groß durch Zuwanderung, nicht zuletzt aufgrund großzügiger Asylgewährung. Die industrielle Urbanisierung im 19. Jahrhundert schwemmte eine proletarisierte Landbevölkerung in die Städte, wo sie — obwohl doch deutsche Staatsbürger wie alle — den Einheimischen wie eine fremde und bedrohliche Rasse erschienen, aber erst mit dieser Zuwanderung ist das Ruhrgebiet zur größten Industrieregion Europas und Berlin zur deutschen Metropole aufgestiegen. Heute verhindert nur die Zuwanderung aus dem Ausland ein Schrumpfen der deutschen Großstädte. Um die erwerbsfähige Bevölkerung konstant zu halten, müssen nach der Berechnung von Hof (1994) zwischen 1991 und 2020 jährlich 400.000 Menschen aus dem Ausland zuwandern, insgesamt also 12,4 Mio. in dreißig Jahren.
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Literatur
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Siebel, W. (1997). Die Stadt und die Zuwanderer. In: Häußermann, H., Oswald, I. (eds) Zuwanderung und Stadtentwicklung. LEVIATHAN Zeitschrift für Sozialwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95611-8_3
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