Zusammenfassung
Reisejournalisten haben keinen guten Ruf — und dafür gibt es einige Gründe. Oft gelten sie — gemeinsam mit den Autojournalisten — als diejenigen, die besonders beeinflußbar sind durch Sponsoren und PR-Abteilungen. Andere sagen es präziser: Manche unter ihnen sind korrumpierbar. Machen wir eine einfache Rechnung auf: Die Reise zu einem attraktiven Reiseziel in Lateinamerika kostet, sagen wir DM 5.000. Der Reiseschreiber erhält von einer gutzahlenden Zeitung ein Honorar für die Reportage von vielleicht DM 1.000; dazu kommen Einnahmen für einige Fotos und Zweitverwertungen. Vergleicht man das mit der Berichterstattung über den örtlichen Kaninchenzüchterverein, so kommt unvermeidlich ein Zuschußgeschäft heraus. Nun gut, das Reiseziel ist sicherlich interessanter als der Verein in der Vorstadt. Und wenn ein sowieso schon geplanter Urlaub über eine Reportage mitfinanziert wird — umso besser.Dennoch gilt für den professionellen Reisejournalisten — besonders wenn er nicht fest angestellt ist —, daß Einsatz und Erfolg in einem schlechten Verhältnis zueinander stehen. Da bieten wiederum Touristikveranstalter und Fremdenverkehrspromotoren ihre Dienste an. Journalisten werden oft auf eine Gratis-Reise eingeladen, mit Hintergedanken freilich, denn es wird ein Jubelartikel als Gegenleistung erwartet. Dazu steht zu befürchten, daß der Chefredakteur das auch noch gut findet, weil sein Reisekostenetat viel zu klein ist, um all die Reisen bezahlen zu können. Außerdem sitzt ihm die Anzeigenabteilung im Nacken, die wiederum freundliche Reportagen benötigt, um begleitende Werbung akquirieren zu können. Auf den Journalisten wirken folglich viele Versuchungen ein, die ihn in immer neue Entscheidungsnöte zwischen Moral und Business zwingen.
„Die Tourismusindustrie ist der größte Wirtschaftszweig der Welt. (...) In der Reiseindustruie werden im Jahr weltweit 3,5 Billionen DM umgesetzt. (...) Tourismusunternehmen sind mit über 200 Millionen Beschäftigten weltweit der größte Arbeitgeber.“ (Scherer 1995: 21f)
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Kleinsteuber, H.J., Griese, K. (1997). Licht und Schatten im Reisejournalismus: Korrumpierbarkeit und ethische Aspekte. In: Reisejournalismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95608-8_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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