Zusammenfassung
Die — ethnisch und politisch-ideologisch bedingten — inneren Spannungen in Mauretanien (M.), die Staatschef Oberst Taya nach seiner Machtergreifung im Dezember 1984, u.a. durch die Freilassung fast aller politischen Gefangenen, zunächst erfolgreich abgebaut hatte, nahmen 1986 wieder zu und erreichten 1987 einen vorläufigen Höhepunkt. Angehörige der aus dem Süden stammenden schwarzafrikanischen Bevölkerung (Schätzungen ihres Anteils: 25–50 %) äußerten 1986 besonders radikal ihre Opposition gegen die maurische Führungsschicht, die ihre Belange nicht ausreichend wahrnehme, ja, ein Apartheidssystem praktiziere. Einige Personen, Politiker, Lehrer, Journalisten, Militärs usw., wurden zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, was zu Ausschreitungen in Nouakchott und Nouadhibou und zu weiteren Verhaftungen von Schwarzafrikanern führte: 13 davon wurden am 5.3. zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den Widerstand organisierte eine Anfang 1985 gegründete linksradikale Vereinigung, “Front de Libération des Africains de Mauritanie” (FLAM), der vor allem Tukulör angehören, die die Mehrheit der schwarzafrikanischen Mauretanier bilden und auch südlich des Senegalflusses in Senegal leben. Tukulör waren es auch, Armeeangehörige, z.T. aus der unmittelbaren Umgebung des Staatschefs, die laut Regierung einen Aufstand gegen das Regime planten. Dieser wurde am 20.10. vorzeitig aufgedeckt. 51 Tukulör (darunter drei Zivilisten) hatten sich vom 18.11. an wegen „versuchten Umsturzes des Regimes und geplanter Massaker und Verhaftungen von Zivilisten“ vor dem Sondergerichtshof zu verantworten. Am 3.12. ergingen die Urteile: Todesstrafe in drei Fällen und langjährige Freiheitsstrafen (nur sechsmal mit Bewährung). Unter den sieben Freigesprochenen war der wegen der FLAM-Agitation im August I986 abgesetzte schwarzafrikanische Innenminister Anne Amadou Babaly. Die Todesurteile wurden am 6.12. vollstreckt. Die Regierung machte keine Angaben darüber, ob eine oder welche Organisation hinter dem Putschversuch stand und welche Ziele die Putschisten konkret verfolgten. Aus unterrichteten Kreisen in Nouakchott verlautete, die Aufrührer hätten die Errichtung einer „Republik Walo“ (nach der Landschaft am Fluß, aus der sie stammen) geplant. Die seit der Staatsgründung bestehenden Spannungen zwischen maurischen und schwarzafrikanischen Mauretaniern verstärkten sich in den letzten Jahren auch deshalb, weil wegen der Dürrekatastrophe zunehmend auch Mauren von der Landverteilung in den Bewässerungsprojekten im Senegaltal, aus dem die Schwarzmauretanier stammen, profitieren wollen. Dabei können die bewässerten und von der Regierung verteilten Landflächen z.Z. höchstens um etwa 1.500 ha jährlich erweitert werden.
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Clausen, U. (1988). Mauretanien. In: Koszinowski, T., Mattes, H. (eds) Nahost Jahrbuch 1987. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95593-7_16
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