Zusammenfassung
Die folgenden, abschließenden Darlegungen können — es ist schon gesagt — der bisherigen Beurteilung der aktuellen demographischen Lage nichts mehr hinzufügen. Sollten jedoch die hier anzuvisierenden Zusammenhänge über ihre Plausibilität hinaus eine empirische Bestätigung finden, so würde damit der entwickelte Erklärungsansatz eine eindringliche Bestätigung seiner prognostischen Qualität erfahren.
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Anmerkungen
E. Shorter: Die Geburt der modernen Familie. Reinbek 1977.
E. Shorter a.a.O. S. 289ff.
Ph. Ariès: Geschichte der Kindheit. München 1975.
J.-L. Flandrin: Familien. Soziologie, Ökonomie, Sexualität. Frankfurt/Main — Berlin — Wien 1976.
J.-L. Flandrin a.a.O. S. 165.
M. Luther: Vom ehelichen Leen (1522). Diese und auch die folgenden Luther-Zitate sind entnommen aus K. Bornkamm und G. Ebeling (Hg.): Martin Luther: Ausgewählte Schriften, Frankfurt/Main 1982.
M. Weber: Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. In: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. I. Tübingen 1920, S. 86.
Für die Situation in den evangelischen Teilen Deutschlands ist hier die Frage nach der neuen Funktion des Pfarrhauses als konkretes Beispiel der Identität von Kirchenamt und Ehestand zu stellen. Es kommt hinzu, daß im aufgeklärten Fürstenstaat des 18. Jahrhunderts der Ortsgeistliche immer auch Kontrollinstanz und das bevorzugte Sprachrohr der medizinischen Polizei und als Oberhaupt der Schule auch der pädagogischen Kampagnen der Obrigkeit war, wie als Mann von belesener Bildung auch der grundschichtnahe Empfänger und Übersetzer ausgewählter literarischer Botschaften aus den Werkstätten des Zeitgeistes.
E. Bandinter: Die Mutterliebe. Geschichte eines Gebühls vom 17. Jahrhundert bis heute, dtv Sachbuch 10240, München 1981.
So ist auch von Ariès die Analyse von Bildeinheiten eindrucksvoll entwickelt worden, die Inhaltsanalyse (content analysis) der schönen Literatur, philosophischer, theologischer u.a. Texte ohnehin üblich. Darüber hinaus sind problemrelevante Aufschlüsse aus anscheinend abgelegenen Quellen zu gewinnen: etwa aus der Vornamensgebung, dem Wechsel vom Namen des kalenderfixierten Heiligen oder den von Taufpaten zu Namen aus der Familienüberlieferung bis hin zu den von Idolen aus Romanen, Liedern und Schlagern, aus Sport und Politik. Ähnliches gilt von der Veränderung der innerfamilialen Anreden der Eltern vom ‚Ihr‘ und ‚Sie‘ zum ‚Du‘ und schließlich zum einfachen Vornamen unter Auslassung des Verwandtschaftsnexus (Vater, Mutter...) oder von der Ablösung der Gruppentänze durch den reinen Paartanz, vom Aufkommen des Frauenturnens, der Aufhebung der Geschlechtertrennung in den Freibädern u.a.m.
Ph. Ariès: s. Anm. 3 S. 555.
Im gleichen Sinne wird herkömmlich sowohl in der Kulturphilosophie als auch in der (Familien-)Soziologie der Terminus Individualisierung gebraucht. Der hier gewählte Ausdruck Personalisierung soll diesen Sachverhalt nicht verdecken, er soll jedoch die rein formale Konnotation (Einzelwesen), die nicht auf Menschen beschränkt ist, ausschließen und im humanen Kontext die ethische Dimension eigenständiger Einmaligkeit und Verantwortlichkeit akzentuieren. Diese ist auch dort nicht im Spiel, wo zwar ein Bezug auf den einzelnen zielt, aber ‚ohne Ansehen der Person‘, wie bei der Zerlegung zunehmend technisch dominierter Arbeitsweisen oder in bürokratischen Handlungsvollzügen.
M. Weber: S. Anm. 7, S. 195.
Noch vor den bevölkerungs- und familienhistorischen Forschungen ist hier die breite familiensoziologische Literatur zu nennen, die in den Wörterbüchern der Soziologie gut dokumentiert ist. Als übersichtliche Einführung ist immer noch der Beitrag ‚Soziologie der Familie‘ von R. König in A. Gehlen und H. Schelsky (Hg.): Soziologie. Düsseldorf/Köln 1955, zu nennen. Er fordert vor allem eine deutliche Unterscheidung der Institution ‚Ehe‘ von der sozialen Gruppe ‚Familie‘, weil das sich wandelnde Verhältnis beider zueinander den Leitfaden zur Erfassung ihres strukturellen Wandels abgibt. Vgl. auch: Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke (Hg.): Familie in der Gesellschaft. Teil II, Grafenau 1978, mit den Texten von H. Ebel (Leiter der Projektgruppe), E. Kühne und A. Cramer.
F. Bacon: Neu Atlantis. In: K.J. Heinisch (Hg.): Der utopische Staat. Rowohlts Klassiker 68/69, 1960.
H. Freyer: Weltgeschichte Europas II, Wiesbaden 1948, S. 784ff.
H. Freyer, a.a.O. S. 799.
N. Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bern 1969.
N. Elias: Was ist Soziologie? München 1970, S. 172.
M. Weber: s. Anm. 7, S. 61f.
Vgl. H. Linde: Sachdominanz in Sozialstrukturen. Tübingen 1972.
M. Weber: s. Anm. 7, S. 203.
J.-L. Flandrin: s. Anm. 4, S. 259.
J.-L. Flandrin: s. Anm. 4, S. 250.
A.K. Cohen: Kriminelle Jugend. Reinbek b. Hamburg 1961, S. 44.
Zu dem für die Lebensart und -auffassung in der gebildeten evangelischen Beamtenschaft aufschlußreichen Briefwechsel H. Ch. Bojes mit Luise Mejer (1777 – 1785) in J. Schreiber (Hg.): „Ich war wohl klug, daß ich Dich fand“, München 1963, spielt Frau Hofrat Kestner (geb. Buff) eine Rolle. Bei ihrer psychisch labilen Konstitution und schwachen Gesundheit rufen ihre ungewöhnlich schnell einander folgenden Schwangerschaften zwar das Mitgefühl der Briefschreiber hervor, allerdings mit dem Unterton der Verwunderung. L.M. d. 14. XI. 1783: „Die gute Kest-nern hat mir ein bißchen beleidigend geantwortet. Sie findet den Entschluß sehr verwunderlich. Ich verzeih ihr den Unwillen, weil sie zum siebentenmale guter Hoffnung ist und man alsdann den Weibern vieles zu Gute halten muß“. H. Ch. Bojes den 19. XI. 1783: „Die arme Kestner! Wieder guter Hoffnung! Wie sollte sie da nicht ein wenig närrisch sein?“ Stand nicht hinter dem Gedankenaustausch der beiden sensiblen Verlobten bereits die Frage, ob das denn wirklich so sein müsse? Luise Mejer starb bei der Geburt ihres ersten Kindes 1786.
J.-L. Flandrin: s. Anm. 4, S. 165.
J.C. Caldwell: Theory of Fertility Decline. London 1982.
J.C. Caldwell, a.a.O. S. 217ff.
J.C. Caldwell bezieht sich hier auf das in der historischen Demographie bekannte Beispiel der Bürger von Genf (vgl. A.E. Imhof: Die gewonnenen Jahre. München 1981, S. 55ff.) und der französischen Aristokratie um 1700.
In diesem Zusammenhang findet sich bei Carl Amery: Der Provinzler und sein Schicksal in C. Amery (Hg.): Die Provinz. Kritik einer Lebensform, München 1964 die erhellende Einsicht für die Spätzündung in Diffusionsprozessen in der Art seiner sozialen Bindungen. Der Provinzler und die Landbewohner sind darauf angewiesen, in dem ihnen schicksalhaft vorgegebenen Verkehrskreis akzeptiert zu werden und akzeptiert zu bleiben. Sie können es nur um den Preis gesellschaftlicher Isolierung oder Ächtung auf einen Einstellungs- und Verhaltensdissens ankommen lassen. Dagegen findet der Großstädter im Handumdrehen einen neuen Haufen Gleichgesinnter, ‚kongenialer Jagdgefahrten‘, die ihn vor dem Schicksal des Outsiders bewahren. Anders ausgedrückt: Die Bevölkerungsdichte ist ein Indikator für die Erleichterung oder Erschwerung soziie-rungsgestützter Akzeptanz von Neuerungen.
Vgl. hierzu auch K. Schwarz: Die demographische Lage in der Bundesrepublik Deutschland. In: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 1982, Heft 8.
Als erster hat sich K. Schwarz in seinem Aufsatz ‚Zur Problematik der unerfüllten Kinderwünsche‘ in der Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 3/1983, S. 401ff. kritisch mit dieser mißweisenden Annahme befaßt.
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Linde, H. (1988). Die säkulare Nachwuchsbeschränkung — eine Dimension des inneren Strukturwandels und des institutionellen Funktionsverlustes von Ehe und Familie? (1984). In: Kritische Empirie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95592-0_15
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95592-0_15
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