Zusammenfassung
Unter nationalem Wandel soll die schrittweise (evolutionäre) oder umstürzende (revolutionäre) Veränderung der politischen Erscheinungsform (Staatsform, Verfassung, Parteienstatus u. a. m.), der sozialen und wirtschaftlichen Strukturen und Aktivitäten und der nationalen Identität einer Nation verstanden werden.
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Anmerkungen
M. Broszat, in: Nachkriegsgesellschaften im historischen Vergleich, München 1981, S. 56; O. Bauer: „Keine Nation nimmt fremde Elemente unverändert auf; jede paßt sie ihrem ganzen Sein an . . .“ S. 214f.;
D. Lerner: Die Modernisierung des Lebensstils: Eine Theorie, in: W. Zapf (Hrsg.): Theorien des sozialen Wandels, Meisenheim 41979, S. 362f.;
M. R. Lepsius: Soziologische Theoreme über die Sozialstruktur der „Moderne“ und die „Modernisierung“, in: R. Koselleck: Studien zum Beginn der modernen Welt, Stuttgart 1977, S. 10–29; vgl. auch Max Webers Protestantismusstudie; zum Modernitätsbegriff vgl. in dem von H. Steffen herausgegebenen Band: Aspekte der Modernität, Göttingen 1965, die Aufsätze von A. Gehlen (Genese der Modernität — Soziologie, S. 31–46) u. H. Anton u. H.-G. Gadamer
D.Riesman: Die einsame Masse, Reinbek 1968,
Chr. Lasch: Das Zeitalter des Narzißmus, München 1980 (Vgl. Kap. „Kulturelle Frage“)
H. Freyer: Das geschichtliche Selbstbewußtsein des 20. Jahrhunderts, Leipzig 1937, S. 12; Vgl. ders.: Theorie des gegenwärtigen Zeitalters, Stuttgart 21956
„Es ist außerdem bekannt, daß die Nationen und nationalen Sprachen sich durch eine außerordentliche Stabilität und kolossale Widerstandskraft gegen die Politik der Assimilierung auszeichnen. Die türkischen Assimilatoren, die grausamsten aller Assimilatoren, haben Hunderte von Jahren die Balkannationen gemartert und gepeinigt, sie haben es jedoch nicht zustandegebracht, diese zu vernichten, sondern sahen sich gezwungen zu kapitulieren. Die zaristischrussischen Russifikatoren und die preußisch-deutschen Germanisatoren, die an Grausamkeit wohl kaum den türkischen Assimilatoren nachstanden, haben mehr als 100 Jahre lang die polnische Nation in Stücke gerissen, gepeinigt, genauso wie die persischen und türkischen Assimilatoren die armenische und georgische Nation in Stücke rissen, marterten und auszurotten suchten, und dennoch ist es ihnen nicht gelungen, diese Nationen zu vernichten, sondern — im Gegenteil — sie sahen sich ebenfalls gezwungen zu kapitulieren.“ 3. Stalin (1929)1976, 336
F. Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft, Darmstadt 1972 (1.A. 1887),
Vgl. dazu vor allem W.J. Cahnmann: Tönnies und die Theorie des sozialen Wandels: eine Rekonstruktion, in: ZfSoz 10/1981/7–16. Daneben sind Max Weber, aber auch Emile Durkheim zu nennen.
W.Sombart: Emporkommen, Entfaltung und Auswirkung des Kapitalismus in Deutschland (S. 199–292) u.: Kapitalismus und kapitalistischer Geist in ihrer Bedeutung für Volksgemeinschaft und Volkszersetzung (S. 280–292), in: B. Harms 1929, Bd. 1 (hier S. 284–287)
Zur Zyklik oder Unlinearität von historischem, „sozialen“ Wandel Vgl. R.A. Nisbet: Social change and history, Oxford u. a. 1969
„. . . besteht das zentrale Problem der politischen Modernisierung in der Fähigkeit der Systeme, sich an die verschiedenen Forderungen anzupassen, sie in Politik zu übersetzen und die eigene Kontinuität angesichts der ständig neuen Forderungen und der neuen politischen Organisationen zu gewährleisten“; S. N. Eisenstadt: Tradition, Wandel und Modernität, Frankfurt 1979 (engl. 1973)
Vgl. H.-U. Wehler: Modernisierungstheorien, Göttingen 1975, S. 35ff.;
W. Zapf: Modernisierungstheorien, in: Prismata. Dank an B. Haussler, hrsg. v. (u.a.) D.Grimm, Pullach 1974, S. 302–317,
Vgl. D. Lerner: Modernisation, in: International encyclopedia of the social sciences New York 1968 vol. 10, ‘S. 387;
M.Schmid: Theorie des sozialen Wandels, Opladen 1982, S. 13–36;
K. D. Bracher: Ideologien von der ersten zur dritten Welt, in ders.: Zeit der Ideologien. Eine Geschichte politischen Denkens im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1982, S. 372–396
R. Bendix: Modernisierung in internationaler Perspektive, in: W.Zapf: Theorien, a.a O., S. 506 u. 510
N. Johnson: Die englische Krankheit, Stuttgart 1977
Für England wiederum war das frühkapitalistische Holland („Dutch Society“) vorbildlich, vgl. P. G. M.Dickson: The financial revolution in England. A study in the development of public credit 1688–1756, London 1967;
Ch. Wilson: The dutch republic and the civilisation of the 17th century, London 1968;
C. R.Boxer: The dutch seaborn empire 1600–1800, Harmonds-worth 1973
S. P. Huntington: Political modernization: America vs. Europe (1966), in: R.Bendix: State and society, Berkeley u. a. 1973, S. 170–200
Vgl. die Einleitung von K. Streitfthau zu W. Bagehot: Die englische Verfassung, Neuwied 1971
Vgl. B. Faulenbach 1980, S. 214 u. a.; W. Conze 1979, 67ff. (Vgl. ebd. auch den Beitrag Wehlers) und Schließlich Th. Nipperdey: Interessen verbände und Parteien im Deutschland vor dem ersten Weltkrieg, in: H.-U. Wehler 1981, 369ff.
Vgl. R. J. Lamer: Der englische Parlamentarismus in der deutschen politischen Theorie im Zeitalter Bismarcks (1857–1890), Lübeck u. a. 1963. Zu Weber Vgl. seine „Gesammelte politische Schriften“, Tübingen 31971, S. 222f.; 245f. und vor allem S. 306–443
C. Schmitt: Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, Berlin 1969
Vgl. aber das großartige Unternehmen R.Bendix’ zur vergleichenden Herrschaftsgeschichte: Könige und Volk 1980
H.-Ch. Schröder: Die neue englische Geschichte im Lichte einiger Modernisierungstheoreme (1970), in: R. Koselleck (Hrsg.): Studien zum Beginn der modernen Welt, Stuttgart 1977, S. 30ff., hier S. 43f.,
Vgl. die „Kritik“ bei W.Sombart: Händler und Heiden, München 1915.
Die bürgerlich-kaufmännische Anglophilie wird, an einem Fall demonstriert, bei W.Ruppert deutlich: Bürgerlicher Wandel. Studien zur Herausbildung einer nationalen deutschen Kultur im 18. Jahrhundert, Frankfurt/New York 1981
D. S.Landes: Großbritannien als Vorbild Westeuropas, in ders.: Der entfesselte Prometheus. Technologischer Wandel und industrielle Entwicklung in Westeuropa von 1750 bis zur Gegenwart, Köln 1973, S. 124ff.
Vgl. auch für die Voraussetzungen dieser Entwicklung P. Wende: Probleme der englischen Revolution, Darmstadt 1980 u.
J. Gebhardt: Die Republik eines Humanisten. Anmerkungen zur „Politik“ J. Huntingtons, in J. H.: Politische Schriften, München 1973, S. 8f.,
Vgl. weiter R. Bendix: Die Staatsbürgerschaft der unteren Klassen, in ders. 1981, 113ff.
Bühl 1970, 21 und zu Stalins Theorie des Wandels, dem „Sozialismus in einem Lande“ und zu dessen Reduktion des Wandels auf technischen Wandel ebd. S. 134; G.Brunner /H. Herlemann: Modernisierungsprobleme in der Sowjetunion, Berlin 1982
H. F.Illy 1982, 177; G. C. M. Mutio/S. W. Rohio (Hrsg.): Readings in African political thought, Nairobi 1975;
E. Häckel: Afrikanischer Nationalismus. Macht und Ideologie im Schwarzen Afrika, München 1974;
W. Veit: Nationalismus, Marxismus und Tradition in Schwarzafrika, in: aus Politik und Zeitgeschichte, B 16 v. 22.4.1978, S. 17ff.
Die auch kommunikationstheoretisch begründbare zentralistische Urbanisierung hat in der Dritten Welt, aber auch im England des 19. Jhs. (Manchester) verheerende Folgen gezeitigt.
Zapf, a.a.O., S. 499
B. Willms: Politische Koexistenz. Zur Theorie des Ost-West-Konflikts, Paderborn 1982, S. 67f.
R. Stemplowski: Modernisierung — Theorie oder Doktrin?, in: Conze/SchrammfZernack 1979, 14
Entsprechendes gibt es auch in der marxistischen Doktrin, Vgl. dazu z. B. W.Müller: Ein „besonderer deutscher Weg“ zur Volksdemokratie? Determinanten und Besonderheiten kommunistischer Machtergreifung in der SBZ/DDR 1945–1950, in: PVS 23/3–1982/278–303. Vgl. auch den Art. „Nationalkommunismus“, in: P. Chr. Ludz/J.Kuppe (Hrsg.): DDR-Handbuch, Köln 21979, S. 760
Vgl. dazu die Bedeutung der industriellen Revolution für den Nationalismus bei Hayes: Nationalismus 1929
Vgl. dazu J. Kocka: Sozialgeschichte, Göttingen 1977, S. 105–107
Unter der Überschrift „Einige Schlußfolgerungen für die Entwicklungspolitik“ schreibt K. W. Deutsch (in: Zapf, a.a.O., S. 336f.): „Wenn Menschen aus der physischen und intellektuellen Isolation ihrer unmittelbaren Umgebung, aus ihren alten Gewohnheiten und Traditionen, und oft aus ihren altgewohnten Beschäftigungen herausgerissen werden, dann erleben sie einen drastischen Wandel ihrer Bedürfnisse. Sie brauchen dann etwa Vorkehrungen für Unterricht und Beschäftigung, soziale Sicherheit in Krankheit und im Alter, und medizinische Betreuung angesichts der Gesundheitsgefährdung durch die neuen überfüllten Wohnungen und Arbeitsplätze und angesichts des Risikos von Unfällen an den unvertrauten Maschinen. Sie brauchen gegebenenfalls eine Versicherung oder einen Beistand gegenüber möglicher zyklischer oder saisonbedingter Arbeitslosigkeit, gegenüber drückenden Miet- und Zinsforderungen und gegenüber plötzlichen Preisschwankungen der wichtigsten Handelsartikel, die sie kaufen oder verkaufen müssen. Sie selbst haben Ausbildung, ihre Kinder Unterricht nötig. Kurzum, sie bedürfen in einem hohen Maße und in einem weiten Bereich staatlicher Sicherungs- und Wohlfahrtsmaßnahmen ... Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Maharadjas, Sultane, Sheiks und Stammeshäuptlinge mit diesen neuen Problemen fertigwerden . . . Für die entwurzelten, verarmten und desorientierten Massen, welche durch die soziale Mobilisierung entstanden sind, ...“ S. 337 u. 339. Vgl. dazu H. Eichberg: „Entwicklungshilfe“. Verhaltensumformung nach europäischem Modell? Universalismus, Dualismus und Pluralismus im interkulturellen Vergleich, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 93/1973/641–670
K.Stemplowski, a.a.O., S. 16. Etwas anderes (und vollkommen richtig) ist die Feststellung, daß nationale Bewegungen bei gesellschaftlichen Wandlungsvorgängen eine erhebliche Rolle spielen: auslösend, verhindernd, betreibend. Vgl. O. Dann 1978, 209f. Falsch ist indes die These „Nationalismus ist stets eine Folge von Wandlungsvorgängen im Zusammenhang der Modernisierung traditionaler Gesellschaften.“ ebd., S. 210
D. u. K.Ciaessens: Kapitalismus als Kultur. Entstehung und Grundlagen der bürgerlichen Kultur, Frankfurt 21979
Vgl. „Animation Rurale“ bei H. F. Illy 1982, 194ff.
W. Conze 1979, 60. Berücksichtigt man die Nationen nicht, so mag dies für die Theorie folgenlos sein, nicht aber für die politische Praxis. Im 20. Jh. gibt es neben den gerade überholten traditionalistischen „Alternativen“ eben auch den Marxismus-Leninismus, der — gegen seine internationalistische Theorie — den nationalen Standort anerkennt — und entsprechend verändert.
Selbstverständlich können subnationale (regionale) oder transnationale (europäische z. B.) Träger der Modernisierung gemeint sein.
S. N.Eisenstadt, a.a.O., S. 110
W. Bernhard (Einleitung), in: ders. u. A. Kandier: Bevölkerungsbiologie: Beiträge zur Struktur und Dynamik menschlicher Populationen in anthropologischer Sicht (FS Ilse Schwidetzki), Stuttgart 1974, S. XIX
Vgl. R.v. Thadden 1980, 7; v. Thadden vermag folgendermaßen eindringlich den unglaublichen Veränderungsprozeß zu illustrieren: „Die tiefgreifenden Wandlungen, die das deutsche Volk in seiner inneren Struktur und Zusammensetzung in den letzten hundert Jahren erfahren hat, lassen sich in einem Vergleich zwischen zwei Gesprächssituationen veranschaulichen. Man stelle sich eine Gesprächsrunde in der Zeit der Bismarckschen Reichseinigung in etwa folgender Besetzung vor: ein Rheinländer, ein Sachse, ein Ostpreuße, ein Balte, ein Böhmendeutscher, ein Österreicher, ein Elsässer und — nicht zuletzt — ein jüdischer Bürger aus Berlin. Und man versuche, diese Gesprächsrunde in die Gegenwart zu transponieren. Der Rheinländer: damals in einer — wenn auch wirtschaftlich wichtigen — Randprovinz Preußens lebend, heute Bürger eines Kernlandes der Bundesrepublik; der Sachse: damals Einwohner eines Landes, dessen starke Arbeiterbewegung wachsende Bedeutung für ganz Deutschland gewann, heute eine prägende Kraft im anderen deutschen Teil-Staat; der Ostpreuße: damals Vorposten Preußen-Deutschlands in Ostmitteleuropa, heute in andere Gebiete West-und Mitteldeutschlands verschlagen; der Balte: damals als Träger deutscher Kultur im russischen Zareneich lebend, heute sozial assimiliert vorwiegend in Westdeutschland; der Böhmenoder Sudetendeutsche: damals ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor in den tschechischen Gebieten der Donaumonarchie, heute in Gegenden lebend, die nur von der Bismarckschen Reichsgründung erfaßt wurden; der Österreicher: damals selbstverständlich Deutscher in Konkurrenz mit Preußen, heute Angehöriger eines eigenen selbständigen Staatsvolkes; der Elsässer: damals Kulturdeutscher mit französischen politischen Überzeugungen, heute auch den deutschen Sprach- und Kulturtraditionen bald völlig entfremdet; der Berliner jüdische Bürger schließlich: damals der deutschen Kultur meist völlig assimiliert und einer ihrer wichtigsten Träger, heute — soweit zu den wenigen Überlebenden des Hitlerschen Infernos zählend-entweder hebräisch sprechender Bürger des Staates Israel oder Angehöriger eines anderen Kulturbereiches in der Welt. Wer sich diese ungeheuren Wandlungen vergegenwärtigt, wird zu dem Schluß kommen müssen, daß es kein Wunder ist, wenn die Deutschen Schwierigkeiten haben, zu sich selber zu finden.“
K. Sontheimer: Nation und Nationalismus, in: H.Steffen (Hrsg.): Die Gesellschaft in der Bundesrepublik, Analysen II, Göttingen 1971, S. 138 u. 141 (hier wird auch die Position Jaspers referiert), ders.: Ein deutscher Sonderweg?, in: W. Weidenfeld (Hrsg.): Die Identität der Deutschen, Bonn 1983, S. 324f.; W. Weidenfeld 1981, S. 30 zu Besson; L. Niethammer 1972, S. 18, 82, 99f.; M. R. Lepsius, in: Nachkriegsgesellschaften im historischen Vergleich, München 1981, S. 37f.; ders.: Nation und Nationalismus in Deutschland, in: H.-A. Winkler 1982, 12ff.; ders.: Die Teilung Deutschlands und die deutsche Nationen: R. Albertin /W. Link: Politische Parteien auf dem Weg zur parlamentarischen Demokratie in Deutschland, Düsseldorf 1981, S. 417–449; W. J. Mommsen 1974, 28; ders. 1978, 41, 44;
H.Mommsen: Aus eins mach zwei. Die Bi-Nationalisierung West-Deutschlands, in: Die Zeit, Nr. 7 v. 6.2.1981, S. 4 (Vgl. die Reaktion v. H.-A. Winkler: Nation — ja, National-Staat — nein, in: Die Zeit. Nr. 8 v. 13.2.1981, S. 5)
Man könnte auch von „nationalem Nihilismus“ sprechen, wie es in manchen sowjetmarxistischen Stellungnahmen heißt, wenn man die Kritik K. D. Erdmanns über „Eine Geschichte der Bundesrepublik — vom übrigen Deutschland abgesehen“ liest (in: HZ 236/1983/97): „Die Bundesrepublik Deutschland, von Theodor Heuss zunächst als ein Provisorium, später als ein Transitorium bezeichnet, hat sich als ein Faktum erwiesen. Aus dieser zutreffenden Beobachtung ziehen K. D. Bracher, Th. Eschenburg, J. C. Fest und E. Jäckel den Schluß, daß es nun an der Zeit sei, endlich die Geschichte dieses Staates, der eigentlich gar kein Staat sein wollte, zu erzählen. Sie wollen dem defizitären Staats- und Geschichtsbewußtsein der Bundesrepublikaner helfen, indem sie die nun ins Werk gesetzte Darstellung nicht länger mit der „Vorstellung von der Einheit der Nation“ belasten wollen. „Weil der Gang der Dinge in West und Ost kaum noch etwas gemein“ habe, so liest man in der Vorbemerkung zum Gesamtwerk, sollen „die Ereignisse in der DDR wie überhaupt jenseits der Grenzen nur noch insoweit in den Blick“ genommen werden, „wie es zum Verständnis notwendig ist“. Was heißt aber dieses „insoweit wie“? Hat doch dieser Staat „für sich“ die Sinnperspektive seiner Existenz als ein „über sich hinaus“ beschrieben, indem er als Zielbestimmung den Verfassungsauftrag formulierte, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“.“
In einer etwas anderen Terminologie hat Heinz O. Ziegler 1931 auf diesen entscheidenden Punkt hingewiesen: „Eine Nation ist nur insoweit wirklich, als die Chance besteht, daß diese spezifische Ausrichtung des Verhaltens das „Sich-Orientieren“ der Individuen bestimmt.“ S.64
A. v. Harnack (Einleitung) in: Die deutsche Freiheit, Gotha 1917, S. 13
„Statt eines rund 80 Millionen umfassenden deutschen Großsprachenvolkes würde nur ein Bündel von sprachverwandten Völkern deutschen Ursprungs bestehen, wodurch Mitteleuropa zu einer Art Skandinavisierung verurteilt worden wäre — ... dennoch war die durch Luther bewirkte Zerstörung des hieratischen Monopolanspruchs der lateinischen Sprache zunächst im kirchlichen und erst in der Folge auch im weltlichen Raum der Wissenschaft und Literatur doch eine entscheidende Voraussetzung für die ethnische und nationale Differenzierung und Gliederung der abendländischen Völkerwelt, deren Volkselemente dadurch in ihren bislang mißachteten Muttersprachen selber, unmittelbar zu Gott‘ wurden.“ M. H. Böhm: Ostdeutsche Wissenschaft I/1954/15
Damit ist der germanische Einfluß auf die deutsche Nation nicht in Frage gestellt, aber als pränationales Phänomen ausgeschlossen. Zu Löwenthals Darstellung bestehen also methodische Differenzen, keine inhaltlichen. Löwenthal stellt die Sache des nationalen Wandels, ohne sie so schon zu nennen, sehr eindrucksvoll in einem nationalgeschichtlichen Rahmen dar, S. 230f., Vgl. damit die eindrucksvolle Schilderung von Otto Bauer 1975, S. 165
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Mayer, T. (1987). Nationaler Wandel. In: Prinzip Nation. Forschungstexte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95587-6_13
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