Zusammenfassung
Die Türkei feiert in diesem Jahr Atatürks 100. Geburtstag. Kurz bevor das Jubiläumsjahr begann, am 12.9. 1980, schickte die türkische Armee zum dritten Mal in zwanzig Jahren die parlamentarische Demokratie in Urlaub, um einer bürgerkriegsähnlichen Situation Herr zu werden und um Atatürks Erbe, als dessen Hüter sie sich versteht und das sie von rechten und linken Extremisten bedroht sieht, zu retten. Fünfzig Jahre Modernisierung und Europäisierung dieses noch immer — und seit Einführung einer parlamentarischen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg wieder betonter — islamischen Landes scheinen gefährdet und eine bis zur Ölkrise von 1973 trotz großer Probleme beachtliche wirtschaftliche Entwicklung zu einem industriellen „Schwellenland“ von Inflation, Zahlungsunfähigkeit und politischem Chaos bedroht. Erneut erhebt sich das Gespenst des „kranken Mannes am Bosporus“ und des „unentbehrlichen Fasses ohne Boden“. Im Lichte der Revolution im Iran und der Re-Islamisierungstendenzen in anderen Teilen der islamischen Welt stellt sich die Frage, ob der türkische Modernisierungsversuch schon jetzt als gescheitert angesehen werden muß — was einige behaupten — oder ob es sich eher um Aspekte einer unvermeidlichen Identitäts-, Wachstums- und Entwicklungskrise handelt, mit der die Türkei und die Welt noch lange werden leben müssen.
(aus: MERKUR, Heft 11, 35. Jg., November 1981)
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© 1989 Leske + Budrich, Opladen
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Sonnenhol, G.A., Schlegel, D. (1989). Atatürk heute — Kulturrevolution und Entwicklung. In: Schlegel, D. (eds) Die Türkei — Land zwischen zwei Welten. Schriftenreihe des Zentrum für Türkeistudien, vol 8. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95549-4_9
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-0804-6
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