Zusammenfassung
Die Entstehung und Ausdehnung eines Sektors der Volkswirtschaft, der nicht offiziell in den nationalen Gesamtrechnungen erfaßt ist, stellt keine Besonderheit Italiens dar. Im Gegenteil wird beispielsweise vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geschätzt, daß in den USA ein Viertel des gesamten Bruttoinlandsprodukts nicht offiziell statistisch erfaßt ist. Die Dimensionen für Italien werden ähnlich geschätzt, sind aber nur ein oberflächlicher Ausdruck des tatsächlichen Gewichts der „untergetauchten Wirtschaft“, der „Schattenwirtschaft“ oder der „schwarzen Wirtschaft“. Schwerpunktbereiche der faktisch illegalen Aktivitäten sind der Dienstleistungssektor und das Handwerk, wo das Spektrum die Nachbarschaftshilfe zur Ausgabenersparnis bis zur systematischen Umgehung von Lohn- und Lohnnebenkosten sowie Steuer- und Abgabenpflichten im großen Stil umfaßt. Die Schattenmärkte sind zum einen Konkurrenz zum offiziellen Arbeitsmarkt und zu den offiziellen Güter- und Dienstleistungsmärkten und führen zu nur zeitweiser und unsicherer Beschäftigung mit der Folge der Gefährdung der kollektiv ausgehandelten Bezahlungs- und Arbeitsbedingungen im offiziellen Bereich. Zum andern wird aber über das Auftreten der „Schattenbetriebe“ Nachfrage aktiviert, die sonst zu den offiziellen Marktbedingungen nicht aufgetreten wäre. Vor diesem Hintergrund sind die Beschäftigungseffekte gerade in einem Land wie Italien nicht zu unterschätzen. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Handschuhindustrie in den Gassen und Nebenstraßen von Neapel mit der Jahresproduktion von 30 Millionen Paar ein Drittel der Gesamtproduktion des Landes erstellt und das ohne offizielle Erfassung. Aber wer verantwortet politisch die Zerstörung dieser Bereiche in einer Stadt mit der höchsten Arbeitslosenrate in der Region Kampanien mit dem zweitniedrigsten Bruttoinlandsproduktpro-Kopf?
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© 1986 Springer Fachmedien Wiesbaden
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Drüke, H. (1986). Das Phänomen der „Schattenwirtschaft“. In: Italien. Grundwissen — Länderkunden, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95522-7_6
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