Zusammenfassung
Der Präsident der Republik oder Staatspräsident repräsentiert die Einheit der Nation, verkörpert die demokratische Tradition Italiens. Wegen dieser herausgehobenen moralischen Position werden an die Kandidaten für die Präsidentschaft hohe Anforderungen gestellt. Der Präsident verfügt über erheblich weniger Macht als etwa der französische Staatspräsident und über größere Einflußmöglichkeiten als der bundesdeutsche Präsident. Seine wichtigsten Kompetenzen sind das Auflösungsrecht des Parlaments, das jedoch in den letzten sechs Monaten seiner Amtszeit ausgesetzt ist, sowie das aufschiebende Veto gegen einen Gesetzesentwurf, das durch erneute Beratung und Mehrheitsabstimmung des Parlaments aufgehoben werden kann. Außerdem besitzt er das Recht zur Begnadigung Verurteilter. Ausdrücklich räumt die Verfassung dem Präsidenten umfassende politische Befugnisse in Krisenzeiten ein. Die größten Einwirkungsmöglichkeiten auf die unmittelbare politische Leitung des Landes besitzt der Staatspräsident mit dem Ernennungsrecht des Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag der Mitglieder des Ministerrats. Der Ernennung des Präsidenten des Ministerrats gehen zwar ausgiebige Konsultationen des Staatspräsidenten mit den Parteiführern sowie sonstigen politische Amtsträgern (Parlamentspräsidenten, ehemalige Staatspräsidenten, Fraktionsführer aller Parteien) voraus. Jedoch bleibt dem Staatspräsidenten ein nicht unerheblicher Spielraum in der Beauftragung eines Politikers mit der Regierungsbildung. So sind die Bildung der Regierung Cossiga im Jahre 1979 und die Ministerpräsidentschaft des Republikaners Spadolini 1983 nicht unerheblich dem Einwirken von Präsident Sandro Pertini zuzuschreiben. Eine weitere Bedeutung kommt dem Präsidenten in seinem Recht zu, fünf Senatoren auf Lebenszeit und ein Drittel der fünfzehn Richter des Verfassungsgerichtshofes zu ernennen (die anderen zwei Drittel werden jeweils vom Parlament und von den obersten Gerichten gewählt). Wahlen von Staatspräsidenten sind sehr häufig Signale der politischen Kultur. Nach den Liberalen de Nicola und Einaudi als Exponenten des Liberalismus und als Gegengewicht zur Regierungsmacht der Christdemokraten prägten Gronchi und Segni die zentristische Politik der DC in den fünfziger Jahren mit.
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Drüke, H. (1986). Das Regierungssystem. In: Italien. Grundwissen — Länderkunden, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95522-7_18
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