Zusammenfassung
Die Weimarer Verfassung fixierte Gesetzgebungsaufträge und kam damit Vorstellungen entgegen, die insbesondere in der Sozialdemokratie verbreitet waren. Der programmatisch in den Zukunfts- und ‚Zunächst‘- Forderungen der Sozialdemokratie greifbare Gestaltungswillen konnte in der Verfassung durchaus eine innere Berechtigung finden. Hatte sich die Partei in der Kaiserzeit weitgehend in der Verfassungskritik als Kritik der politischen, sozialen und rechtlichen Wirklichkeit erschöpft und in der wilhelminischen Zeit unter dem Einfluß von Legalstrategie und pluralistischer englischer Tradition die liberalen Verfassungsfunktionen rezipiert, so war doch niemals das große Gewicht programmatischer Zukunftsorientierung völlig verdrängt worden. Waren hingegen bis zur Novemberrevolution die Grenzen sozialdemokratischer Ordnungsdiskussion durch die „Grenzmarken“ des deutschen Konstitutionalismus und Interessen wie Machtmittel seiner Trägerschichten definiert, so konnte sich seit der Regierungsübernahme durch die Volksbeauftragten die Neuordnungsdiskussion zur prognostischen Verfassungs- und Gesellschaftsperspektive entwikkeln.
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Zur Sozialisierungsdiskussion immer noch am besten Hans Schieck, Der Kampf um die Wirtschaftspolitik nach dem Novemberumsturz 1918, Diss. phil. Heidelberg 1958 (MS); zur Forschungsdiskussion Miller, Bürde (Anm. 9), S. 141 ff. Vgl. aber auch die Diskussion auf dem Würzburger Parteitag der SPD im Jahre 1917.
Gegen Jesse/Köhler, Revolution (Anm. 9) ließe sich einwenden, daß die Rätekonzeption im ergänzenden Sinne nicht allein durch den Rekurs auf herrschaftssystematische Argumentation verworfen werden kann, sondern daß unter realgeschichtlichem Gesichtspunkt durchaus ernsthaft zu diskutieren ist, ob sie nicht eine ernsthafte und effektive Kontrollmöglichkeit im kommunalen Bereich boten.
Vgl. Fritz Naphtali, Wirtschaftsdemokratie: Ihr Wesen, Weg und ‘ie1, Frankfurt/M. 19774; Luthardt, Arbeiterbewegung (Anm. 49), S. 281 ff.
Joachim Perels, Kapitalismus und politische Demokratie: Privatrechtssystem und Verfassungsstruktur in der Weimarer Republik, Frankfurt/M. 1973.
Franz L. Neumann, Die soziale Bedeutung der Grundrechte in der Weimarer Verfassung (1930), in: ders., Wirtschaft, Staat, Demokratie (Anm. 39 ), S. 57.
Zur agitatorischen Umsetzung der Statusunsicherheit des Mittelstandes der Weimarer Republik vgl. Martin Schumacher, Mittelstandsfront und Republik: Die Wirtschaftspartei — Reichspartei des deutschen Mittelstandes 1919 — 1933, Düsseldorf 1972; Heinrich August Winkler, Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus. Die politische Entwicklung von Handwerk und Kleinhandel in der Weimarer Republik, Köln 1972; Adelheid von Saldern, Mittelstand im,Dritten Reich’: Handwerker — Einzelhändler — Bauern, Frankfurt/M. — New York 1979.
Bibliographisch zuverlässig werden die Untersuchungen über die sozialdemokratische Programmdiskussion nachgewiesen bei Kurt Klotzbach, Bibliographie zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1914 — 1945, Bonn-Bad Godesberg 19762.
Einen vorzüglichen zeitgenössischen Eindruck über den Verfassungswandel vermittelt die Zeitschrift des Republikanischen Richterbundes,Die Justiz`.
Hans-Peter Ehni, Bollwerk Preußen? Preußen-Regierung, Reich-Länder-Problem und Sozialdemokratie 1928 — 1932, Bonn-Bad Godesberg 1975.
Schulze, Otto Braun (Anm. 9), passim. Dabei handelt es sich um einen der eindrucksvollsten Beiträge der neueren Geschichtswissenschaft über die Weimarer Republik. Vgl. im weiteren auch G. Schulz, Hg., NSDAP und Staat 1930 — 1932, Düsseldorf 1977.
Der bekannteste Fall war die Übernahme von Arnold Brecht.
Karl Rohe, Das Reichsbanner Schwarz Rot Gold: Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur der politischen Kampfverbände zur Zeit der Weimarer Republik. Düsseldorf 1966.
Den sozialdemokratischen Ursprung des vielfach Wirth zugeschriebenen Ausrufs betont Miller, Bürde (Anm. 9), S. 311 ff., bes. S. 363 ff.
Vgl. Hugo Sinzheimer und Ernst Fraenkel, Die Justiz in der Weimarer Re- publik: Eine Chronik, hg. v. Thilo Ramm, Neuwied-Berlin 1968, S. 187.
Vgl. Martin Martiny, Integration oder Konfrontation? Studien zur Geschichte der sozialdemokratischen Rechts-und Verfassungspolitik, Bonn-Bad Godesberg 1976; bei dieser Arbeit handelt es sich jedoch nicht um eine integrierende Gesamtdarstellung, sondern um eine Untersuchung sozialdemokratischer Wahl-und arbeitsrechtlicher Positionen.
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Steinbach, P. (1983). Verfassungspolitik zwischen Offensive und Defensive. In: Sozialdemokratie und Verfassungsverständnis. Kleine politische Texte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95470-1_13
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